Die knappe Haushaltslage und die gerade veröffentlichte Steuerschätzung, die weitere Haushaltslücken reißt, machen allen Hochschularten große Sorgen vor unausweichlichen Einschnitten. Dabei stehen gerade die technischen Studienfächer vor großen Herausforderungen, wie die Hochschule für angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg, HAW-BW, in einer Pressemitteilung schreibt. Erst ab dem Jahr 2027 sei ein marginaler Ausgleich für Kostensteigerungen vorgesehen. Das sei insgesamt zu wenig.
Gute Finanzierung gefordert
Zudem verschärfe sich der Fachkräftemangel. Die Nachfrage sei nach der vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium beauftragten Sonderauswertung vom Jahresanfang ungebrochen und werde weiter steigen. Wirtschaft, Wissenschaft und Verbände fordern von der Landesregierung, dem angekündigten Schwerpunkt auf Forschung und Innovation im Haushaltsentwurf 25/26 auch Taten folgen zu lassen, heißt es weiter. Das Hochschulsystem müsse in seiner Breite und seiner dezentralen Aufstellung in allen Regionen des Landes gut finanziert sein, um Baden-Württemberg wettbewerbsfähig zu halten.
Um die Forderungen zu unterstreichen, organisierte die Studierendenvertretung der Hochschule Stuttgart eine Demonstration, an der auch Teilnehmer aus Offenburg wie Professor Dr. Stephan Trahasch, Rektor der Hochschule Offenburg dabei gewesen seien, wie Benjamin Peschke auf Anfrage erklärt. Laut dem HAW BW-Geschäftsführer hätten rund 1.000 Studierende an der Demo unter dem Motto „Wissen ist der Leuchtturm, doch das Licht geht aus“ teilgenommen. Peschke: „Die Demo ist im Stadtgarten in Stuttgart gestartet, dann ist der Zug über das Wissenschaftsministerium zum Finanzministerium am Schlossplatz gezogen.“
Enorme Bedeutung
„Die Rektorenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg unterstützt die heutigen Proteste der Studierenden,“ wird Stephan Trahasch, Rektor der Hochschule Offenburg und Vorsitzender der Rektorenkonferenz, in der genannten Mitteilung zitiert. Er betont demnach die Wichtigkeit dieses breiten Bündnisses der Hochschullandschaft mit der Wirtschaft. Es zeige die enorme Bedeutung der Entscheidungen, die heute getroffen werden.
Die Hochschulen seien gehalten, sich mit vielen ihrer Studienangebote gemeinsam mit der Industrie, Verbänden und Gesellschaft neu zu erfinden. Diese Transformation koste zusätzliches Geld, das im Haushalt und damit auch in der zukünftigen Finanzierungsvereinbarung bisher nicht vorgesehen sei. Stattdessen stünden den Hochschulen faktisch Kürzungen bevor. Das sei für ein Bundesland, dessen Wohlstand größtenteils auf hochwertiger Bildung, exzellenter Forschung und Innovation beruht, nicht zukunftsfähig.
Belastende Studiengebühren
Ein weiteres Problem sei, dass das Land aus Finanznot nicht wie von beiden Regierungsfraktionen im Frühjahr 2024 angekündigt, die hinderlichen Studiengebühren abschaffen kann. Besonders wichtig wäre es auch, die Studiengebühren für ausländische Studierende abzuschaffen. Sie seien eine zusätzliche Hürde für die Anwerbung zukünftiger Fachkräfte im Land. Studiengebühren gebe es deutschlandweit ausschließlich in Baden-Württemberg.
Der neue MINT-Herbstreport des IW mache auf den flächendeckenden Fachkräftemangel im Detail aufmerksam und empfehle ebenfalls, das Thema gezielte Zuwanderung in Studium und Ausbildung in den Blick zu nehmen. Eine neue Analyse des Centrums für Hochschulentwicklung, CHE, zeige in diesem Zusammenhang besonders hohes Interesse von ausländischen Studierenden außerhalb der EU, einen MINT-Studiengang in Deutschland zu wählen, auch unter jungen Frauen.
Breites Bündnis
Wirtschaft, Wissenschaft und Verbände fordern gemeinsam die Landespolitik auf, die vorgesehene Nullrunde zu verhindern und die Bereiche Bildung, Innovation und Forschung vor weiteren Einsparungen zu schützen. Außerdem sollten Anreize geschaffen werden, den Fokus auf Studienbereiche zu setzen, in denen der heutige und zukünftige Fachkräftemangel besonders hoch ist. Damit verbunden sei auch die Forderung nach Abschaffung oder zumindest der Aussetzung des derzeitigen Ausgleichsmechanismus, der zu Fehlanreizen zulasten des Wirtschafts- und Technikstandorts Baden-Württemberg führe.
Die Forderungen der HAW BW werden von den Verbänden Südwestmetall, der Landesrektoratekonferenz der Universitäten, der Dualen Hochschule Baden-Württemberg DHBW, dem Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag BWIHK, dem Verein Deutscher Ingenieure VDI sowie dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA unterstützt. Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg (HAW BW e.V.) ist der freiwillige Zusammenschluss von 21 staatlichen und drei kirchlichen Hochschulen in Baden-Württemberg.
Wolfgang Huber
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