Fast ein Jahr ist nun vergangen, als wir zum ersten Mal mit dem Cheftrainer des ASV Urloffen, Michael Schneider, sprachen. Die Hornets sind nach der letzten Saison freiwillig in die zweite Ringer-Bundesliga abgestiegen – und die aktuelle Saison geht nun in die heiße Phase: Am 15.11. geht es um den Titel der Liga. Dann ringt das Team in der heimischen Athletenhalle in Urloffen gegen den Verfolger aus Ravensburg.
Als ungeschlagener Herbstmeister ist der Optimismus für die Rückrunde bei den Merrettichdörflern groß. Michael Schneider stand uns einmal mehr zur aktuellen Situation und weiteren Themen Rede und Antwort.
Das Interview mit Michael Schneider:
Ortenau Journal: Wie läuft es in der aktuellen Saison?
Michael Schneider: Wir belegen mit unserer ersten Mannschaft aktuell als ungeschlagener Tabellenführer den ersten Platz in der zweiten Bundesliga Süd. Diesen bis zum Ende der Saison zu verteidigen, wird schwierig ist aber sicherlich nicht ausgeschlossen. Mit unserem Perspektivteam, der zweiten Mannschaft, rangieren wir nach Abschluss der Vorrunde auf dem 5. Platz. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass das Durchschnittsalter dieser Mannschaft, zumeist unter 20 Jahren liegt!
Ortenau Journal: Wie bewerten Sie Ihren freiwilligen Abstieg in die zweite Bundesliga?
Michael Schneider: Ich denke der Tabellenplatz spricht Bände. Wir haben nach sechs Kampftagen, sechs Mannschaftssiege auf der Habenseite. In den Jahren 2023 und 2024 hatten wir – saisonübergreifend – in der ersten Liga gerade mal sechs Siege! Unsere jungen Sportler kommen hier zu Erfolgserlebnissen, welche in Liga eins sehr selten waren.
Ortenau Journal: Was sind die größten Unterschiede zwischen erster und zweiter Liga?
Michael Schneider: Der größte Unterschied dürfte wohl in der Struktur der Vereine bzw. Mannschaften sein. In der ersten Liga verfügen die meisten Teams über einen Kader von mehr als 20 Sportlern. In der zweiten Liga leisten sich die meisten Vereine einen Kader von 10 bis 14 Sportlern. Das flexible Reagieren auf den Gegner wiederum hebt das Niveau enorm an. Gerade unsere jungen Sportler können in der zweiten Liga mithalten und sind gar Siegringer. Das war in der ersten Liga noch ganz anders. Nehmen wir z.B. David Kiefer: im vergangenen Jahr konnte er gerade mal einen Kampf gewinnen. Er war gegen Welt- und Europameister chancenlos. Aktuell steht er nach gerade mal sechs Kampftagen schon bei vier Siegen!
Ortenau Journal: Sind die Besucherzahlen trotz Abstieg stabil?
Michael Schneider: Wir hatten an den vergangenen Kampftagen einen enormen Zuschauerzuspruch, sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Mannschaft. Das zeigt einfach, dass unser Konzept mit den Einsätzen der eigenen Nachwuchskräfte, voll aufgeht. Wir kämpfen in der Bundesliga stetig mit vier Eigengewächsen. In der Oberliga sogar mit neun jungen Sportlern aus unserer Jugendakademie. Das wird vom Publikum honoriert.
Ortenau Journal: Wie sieht es mit den Sponsoren aus – ist das in der zweiten Liga schwieriger oder haben Sie eher langjährige, treue Partner?

ASV-Athlet Justin Federer im Duell gegen den KSV Ketsch 06. Foto: ASV Urloffen
Michael Schneider: Sponsoren sind ein leidiges Thema im Sport. Gefühlt hat man immer zu wenig. Die meisten geben ihr Geld eben doch dem Fußball. Dementsprechend hat man auch immer zu wenig und immer zu kleine Sponsoren. Der Großteil unserer Sponsoren sind bereits Jahre oder gar Jahrzehnte dabei. Wir würden uns jedoch freuen, wenn mehr neue dazukämen. Das würde uns das Leben schlicht einfacher machen.
Ortenau Journal: Ist ein Wiederaufstieg in die erste Bundesliga machbar bzw. was sind Ihre langfristigen Ziele mit dem ASV Urloffen? Die Tabelle sieht ja aktuell sehr vielversprechend aus.
Michael Schneider: Nach aktuellem Stand ziehen sich immer mehr Mannschaften aus der ersten und zweiten Bundesliga zurück. Es wird in der kommenden Saison zu wenige Mannschaften für eine erste und eine zweite Bundesliga geben. Daher wird – wie bereits vor vier Jahren – die zweite Bundesliga abgeschafft und zu einer Bundesliga formiert. Für uns passt das ganz gut. Denn wie man aktuell sieht, stehen wir ziemlich genau zwischen den beiden Ligen und kommen in einer Bundesliga sicher auch weiterhin zurecht.
Ortenau Journal: Welchen Ringer sehen Sie als größtes Talent in Ihren Reihen?
Michael Schneider: Da gibt es zum Glück zu viele, da ist es schwer jemanden rauszupicken. Ich
denke aber aus der aktuellen zweiten Mannschaft, werden Jan Hiebsch und Ihnat Dishli bald den Sprung in die Bundesliga schaffen. Ob sie sich dann durchsetzen, bleibt abzuwarten. Das Potential jedenfalls wäre da.
Ortenau Journal: Ist es schwierig, Talente beim ASV zu halten?
Michael Schneider: Wenn man seine Hausaufgaben macht, nicht. Die sind alle aus dem eigenen Stall. Kennen den Verein seit klein auf und wissen, was sie an dem Verein haben. Dennoch ist die Verlockung manchmal groß. Daher müssen wir als Vorstandschaft stetig ein Umfeld schaffen, dass für die Jungs passt. So haben wir erst kürzlich bewusst in die Infrastruktur investiert. Ein neuer Trainingsraum und ein Kraftraum sind entstanden. Geldtechnisch können wir mit den meisten Vereinen nicht mithalten. Was die Struktur und das Umfeld angeht, sind wir jedoch nahe an der Spitzenklasse.
Ortenau Journal: Der ASV liegt Ihnen sehr am Herzen. Wie viel Zeit investieren Sie persönlich in den ASV?
Michael Schneider: Ich glaube, es ist besser, wenn ich die Zeit nicht nachrechne. Ich könnte aus allen Wolken fallen. Aber es ist eine gut investierte Zeit.
Siehe auch hier:
Michael Schneider (ASV Urloffen): „Man sagt, gute Ringer können so ziemlich alles“