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Internationale Fachkräfte immer noch gefragt – Mehr Andrang im IHK-Welcome Center

Fachkräfte in der Gastronomie
© StockSnap/pixabay
Trotz Konjunkturkrise und teilweisem Personalabbau bleibt der Fachkräftemangel eines der größten Hindernisse für die Entwicklung von Unternehmen. Immer mehr Betriebe setzen daher auf internationale Fachkräfte – und suchen vermehrt Unterstützung beim Welcome Center. Besonders gefragt: Beratung zu Einreisebestimmungen und dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG). Der größte Bedarf besteht laut der IHK Südlicher Oberrhein in der Gastronomie.

Zwar gibt es seit Monaten vermehrt konjunkturbedingten Stellenabbau in deutschen Großkonzernen, das ist jedoch kein Grund, den Fachkräftemangel in Abrede zu stellen. Zum einen werden dem Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren durch den massiven Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge („Babyboomer“) einige Millionen Fach- und Arbeitskräfte fehlen. Zum anderen gibt es in vielen Wirtschaftsbereiche immer noch eine eklatanten Mangel an Personal.

Betriebsaufgaben

Pflegekräfte, die zu zweit in der Nachtschicht 80 Altenheimbewohner betreuen müssen oder Erziehungspersonal in Kitas, die aufgrund von hohem Krankenstand und Unterbesetzung den Sack Flöhe nicht mehr im Griff haben und nicht selten gestresst den Job aufgeben, können ein Lied davon singen. Oder man frage die zahlreichen Besitzer von Hotels, Restaurants und Kneipen sowie von Handwerksbetrieben, die wegen fehlendem Personal den Betrieb gleich völlig einstellen müssen.

Dies alles macht deutlich, dass Deutschland entgegen anderslautender politischer Aussagen, die dieser Tage wieder vermehrt getätigt werden, nach wie vor einen hohen Bedarf an Fachkräften aus dem Ausland hat. Der demographische Wandel lässt grüßen. Doch es ist gar nicht so einfach, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Auch das neu Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) der Ampel kann hier nur bedingt Abhilfe schaffen. Denn die Bürokratie beherrsche laut den Unternehmen nach wie vor den Alltag.

Verdoppelung der Anfragen

Die IHK, die Handwerkskammer Freiburg und das Land Baden-Württemberg versuchen, mit einem speziellen Beratungsangebot gegenzusteuern. So haben sich insgesamt 229 Unternehmen im vergangenen Jahr vom Welcome Center Südlicher Oberrhein beraten lassen. Das sei ein Anstieg von 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei den internationalen Fachkräften, die sich an die Beratungsstelle wandten, sei der Zuwachs sogar noch größer. Die meisten Anfragen kommen aus der Ukraine und der Türkei. Das Land mit den dritthäufigsten Anfragen überrascht, wie die IHK Südlicher Oberrhein in einer Pressemitteilung schreibt.

Trotz anhaltender Konjunkturkrise und ansteigender Arbeitslosigkeit würden weiterhin viele Firmen nach Fachkräften suchen. In der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage gaben 46 Prozent der teilnehmenden Betriebe am südlichen Oberrhein an, dass der Fachkräftemangel ihre wirtschaftliche Entwicklung gefährde. Das wachsende Bestreben der Unternehmen, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen, bekomme auch das Welcome Center zu spüren.

Vor allem Gastronomie betroffen

Seit dem Frühjahr 2023 bietet das Welcome Center Südlicher Oberrhein seine Dienste an. „Seit unserer Gründung hat die Nachfrage enorm zugenommen“, sagt Leiterin Dr. Sophie Figueredo-Hardy. Gemeinsam mit ihren beiden Kolleginnen Justyna Gawron und Olga Kuchendaeva helfe sie Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften aus dem Ausland und bei Fragen zur aktuellen Gesetzeslage. Die Nachfrage durch Unternehmen habe sich im vergangenen Jahr auf 229 verdoppelt.

Die meisten Unternehmensanfragen kämen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe (29 Prozent), gefolgt vom verarbeitenden Gewerbe (16 Prozent) und dem Baugewerbe (12 Prozent). Fast jedes zweite Unternehmen, das sich ans Welcome Center wandte, stelle Fragen zu Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen. Dass dieses Thema an Relevanz gewinnt, sei absehbar gewesen und hänge mit dem zwischen November 2023 und Juni 2024 schrittweise umgesetzten Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) zusammen. „Das FEG hat zwar zu einigen rechtlichen Erleichterungen geführt, doch für die Betriebe bleibt der Prozess weiterhin komplex“, sagt Sunay Gün, Teamleiter der Abteilung Fachkräftesicherung der IHK Südlicher Oberrhein.

Migrationspartnerschaft mit Kolumbien

Ob eine Fachkraft einreisen dürfe, hänge von verschiedenen Faktoren ab – etwa vom Nachweis eines staatlich anerkannten Berufsabschlusses im Herkunftsland sowie einer mindestens zweijährigen Ausbildung. Nach wie vor würden bürokratische Hürden eine Herausforderung darstellen. Im vergangenen Jahr habe das Welcome Center insgesamt 422 internationale Fachkräfte beraten. Das entspreche einem Anstieg von 192 Prozent im Vergleich zum Gründungsjahr. Dabei hat sich das Geschlechterverhältnis angenähert. 2024 zählte die Beratungsstelle 56 Prozent Männer und 44 Prozent Frauen.

Die meisten Anfragen kommen nach wie vor aus der Ukraine (16 Prozent) und der Türkei (8 Prozent). Auf Platz drei landete überraschend Kolumbien mit 6 Prozent, noch vor Indien (5) und Marokko (4). Im vorvergangenen Jahr seien aus dem südamerikanischen Land noch keine Fachkräfte beraten worden. Im vergangenen September hatten Regierungsvertreter beider Länder eine gemeinsame Absichtserklärung über eine Migrationspartnerschaft unterzeichnet. Ziel sei es laut Bundesinnenministerin Nancy Faser, irreguläre Einwanderung einzudämmen und dafür gut qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen, „die wir in vielen Bereichen von der Pflege bis zum Handwerk dringend brauchen“.

Ziel: Ausbau des Netzwerks

Die meisten ausländischen Fachkräfte stammen aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe (9 Prozent), dem Baugewerbe, dem sozialen Bereich (Erziehung und Unterricht) sowie kaufmännischen Berufen (jeweils 7 Prozent). Signifikant gestiegen sei der Anteil der ausländischen Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Ausbildung – von 13 auf 20 Prozent. „Wie begrüßen diese Ausgewogenheit und werden auch weiterhin gezielt Fachkräfte ohne Hochschulabschluss ansprechen“, sagte der Mitteilung zufolge Welcome-Center-Leiterin Figueredo-Hardy. Ziel sei es, das Netzwerk immer weiter auszubauen.

red/Wolfgang Huber

Foto: Das Team des Welcome Centers Südlicher Oberrhein (von links): Justyna Gawron, Sophie Figueredo-Hardy und Olga Kuchendaeva.

Siehe auch:

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Fachkräftemangel: Wohnungsnot zwingt Unternehmen zum Handeln

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