Von Wolfgang Huber
Einen Blitzstart in Sachen Wirtschaftspolitik hat die neue Bundesregierung offenbar nicht hingelegt. Die Unternehmen in Südbaden trauen dem Merz-Kabinett mehrheitlich nicht zu, die Strukturprobleme in den Griff zu bekommen. Zwar gebe es Ansätze, aber die Umsetzung zieht sich schon wieder hin. Eine von der Wirtschaft dringend geforderte Unternehmenssteuerreform soll erst 2028 kommen. Entschlossenes Handeln sieht anders aus.
Die selben Probleme
So stehen für das Jahr 2025 die Zeichen auf Nullwachstum. Das zeigen nicht nur die Gutachten von Wirtschaftsforschern, auch die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Südlicher Oberrhein weist auf Stagnation hin. Nach wie vor gebe es keine Anzeichen, den Problemen wie hohe Energiepreise, bürokratische Lasten und demografischer Wandel Herr zu werden. Das lässt die Unternehmen an langfristigen Investitionen zweifeln, wie die IHK Südlicher Oberrhein in einer Pressemitteilung schreibt.
Reichen die Maßnahmen?
Der Index der aktuellen Geschäftslage zeige kaum eine Veränderung. Er legte lediglich seit Jahresbeginn von sieben auch acht Punkte zu. Eine gute Geschäftslage konstatieren 27 Prozent der Unternehmen, 19 Prozent sind mit ihr unzufrieden. Wesentlich schlechter wurde die konjunkturelle Lage in den vergangenen zehn Jahren demnach nur zu Beginn der Covid-19-Pandemie bewertet.
Im Koalitionsvertrag hatten CDU und SPD bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen festgelegt, die als „Investitions-Booster“ wirken sollen. Gesenkt werden soll die Stromsteuer auf einen in der EU erlaubten Mindestwert. Auch Umlagen sollen reduziert werden. Dies soll die Wirtschaft laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (Köln) alleine um ca. 11 Milliarden Euro entlasten. Hinzu kommt die Reduzierung der Mehrwertsteuer, die mit rund vier Milliarden Euro zu Buche schlage.
Steuerreform kommt zu spät
Das im Zuge der Wirtschaftskrise am häufigsten genannte Ursache ist die Bürokratie. Hier soll es umgerechnet um Einsparungen in Höhe von rund 16 Milliarden Euro gehen. Abgeschafft werden soll beispielsweise das Lieferkettengesetz. Die Steuerreform ist erst 2028 vorgesehen und kommt laut Experten damit zu spät. Jens Südekum, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Düsseldorf, sagte gegenüber tagesschau.de: „Steuersenkungen im Bereich der Einkommens- und Unternehmenssteuer kommen nur mit Verzögerung und in Trippelschritten.“ Auch die geplanten steuerlichen Anreize zur Ankurbelung des E-Auto-Absatzes, sind laut dem Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller zu unkonkret.
Zu wenig Entschlossenheit
Gute Ansätze, aber zu wenig Tempo und Entschlossenheit. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Pessimismus der Wirtschaft nachvollziehen. „Seit zwei Jahren sehen wir uns einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung gegenüber. Dieses Szenario droht auch 2025. Deutliches Wachstum ist überhaupt nicht in Sicht, maximal Stagnation“, bewertet Alwin Wagner, der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, die Ergebnisse aus der aktuellen „Konjunkturumfrage zum Frühsommer“. Man beschäftige sich immer noch mit hohen Energiepreisen, Bürokratiekosten und Steuerlasten.
Globale Konflikte hemmen zusätzlich
Die vielen Variablen hinsichtlich internationaler Konflikte oder bei der globalen Handelspolitik seien eine Herausforderung und würden den Betrieben Sorgen bereiten. Wagner: „Das merken wir auch bei unseren Beratungen im internationalen Bereich. Hier ist die Nachfrage deutlich angestiegen, weil bei den Unternehmen sehr viele Unsicherheiten bezüglich ausländischer Standorte, internationaler Warenströme und Zollfragen bestehen.“ Um die Unternehmen zu stärken, wäre demnach also eine entschlossene Friedens- und Entspannungspolitik durch die Bundesregierung zu erwarten anstatt beispielsweise eine weitere Verschärfung des Ukraine-Krieges.
Keine Aufbruchstimmung
Laut der IHK bleiben auch die Erwartungen an die kommenden Monate verhalten. Jedes vierte Unternehmen glaube, dass es wirtschaftlich weiter bergab geht, während nur 14 Prozent mit besseren Geschäften rechnen. Von Aufbruchsstimmung kann am südlichen Oberrhein daher keine Rede sein, resümiert Wagner: „Die Auftragseingänge fehlen, es gibt noch kein Licht am Ende des Tunnels.“
Die Angaben zur aktuellen Geschäftslage und den zukünftigen Geschäftserwartungen werden zum IHK-Konjunkturklimaindex kombiniert. Dieser kann Werte zwischen null und 200 annehmen, wobei Werte über 100 Wirtschaftswachstum anzeigen und Werte unter 100 auf eine Rezession hindeuten. Der Index steigt zwar zum zweiten Mal in Folge um zwei Punkte, befindet sich mit 98 Punkten aber noch knapp im rezessiven Bereich.
Langfristiger Rückgang
Das Investitionsklima zeige, dass das Grundvertrauen in den Standort Deutschland noch nicht wieder zurück ist. Zwar steigt der Index der Inlandsinvestition im Vergleich zum Jahresbeginn immerhin wieder um vier Punkte auf minus drei Punkte. Langfristig gesehen jedoch verliere der Index an Niveau. So habe sich dieses bei rund um den Wert 0 eingependelt. Vor der Corona-Pandemie hätte der Wert 20 betragen. Unternehmen, die mehr Investitionen im Inland planen, und solche, die sie zurückfahren wollen, halten sich aktuell fast wieder die Waage, heißt es weiter.
Risikofaktoren wirtschaftlicher Entwicklung
Die fehlende Inlandsnachfrage stellt für die Betriebe derzeit das größte Problem dar (62 Prozent). Auch bei den Exportmärkten zeige sich, dass die heimische Wirtschaft in vielen Bereichen nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Das Label ‚Made in Germany‘ habe an Zugkraft verloren, da andere Länder ebenfalls gute Qualität anbieten würden. Zahlreiche Volkswirtschaften in Europa und der Welt zeigen starkes Wachstum, während Deutschland bereits seit vielen Jahren in einer Strukturkrise verharre.
Hohe Lohnnebenkosten
Weitere Probleme seien die hohen Arbeitskosten durch hohe Lohnabschlüsse der vergangenen Jahre und die permanent steigenden Lohnnebenkosten. Durch die demographische Entwicklung würde sich das Problem künftig noch verschärfen. „Die Politik ist hier gefordert, die Sozialsysteme zu stabilisieren, das muss für die Unternehmen aber auch finanzierbar bleiben“, wird Wagner zitiert.
Das Vertrauen der Wirtschaft in die Politik hat mittlerweile stark gelitten. Die politischen Entscheidungsträger könnten nach Ansicht von Unternehmern die Strukturprobleme im Land nicht in den Griff bekommen. 43 Prozent sehen zudem in der aktuellen Wirtschaftspolitik weiterhin ein Risiko für ihre Unternehmensentwicklung. Auch der Koalitionsvertrag hätte da keine Zuversicht ausgelöst.
Hoffnung bleibt jedoch
Es zeigt sich deutlich, dass die bisher geplanten Anstrengungen, Deutschland wieder auf Wachstumskurs zu bringen, von der Unternehmerschaft als unzureichend bewertet werden. In seinen persönlichen Gesprächen spüre Alwin Wagner schon die Hoffnung bei den Unternehmen, dass die Probleme jetzt angegangen werden. Ein Problem bleibe aber der Zeitplan: „Aber die neue Regierung bleibt erst einmal schuldig, die im Koalitionsvertrag herausgearbeiteten Themen auch umzusetzen. Erst ab 2028 soll eine Unternehmenssteuerreform angegangen werden. Das ist viel zu spät, denn zu diesem Zeitpunkt sollten wir längst aus der Krise raus sein. Wirtschaftspolitik braucht jetzt einfach Vorfahrt.“
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