Sie stecken in Handys oder Computern, Windkraftanlagen, Solarzellen oder in E-Autos. Ohne sie geht fast nichts. Doch in letzter Zeit sind sie schwer zu bekommen. Die Rede ist von Seltenen Erden. Die chinesischen Exportbeschränkungen darauf treffen die Industrie im Südwesten deutlich. In einer aktuellen Umfrage der wvib Schwarzwald AG gaben 39 Prozent der befragten Unternehmen an, stark oder sehr stark von den Restriktionen betroffen zu sein. Nur 15 Prozent spüren bislang gar keine Auswirkungen, wie der Wirtschaftsverband in einer Pressemitteilung schreibt.
China dominiert die globale Lieferkette
Mehr als 90 Prozent der weltweiten Produktion Seltener Erden stammen demnach aus China. Bereits im April das hatte bevölkerungsreichste Land der Welt seine Exporte eingeschränkt, im Oktober seien die Restriktionen zeitweise ausgeweitet worden. Trotz der Lockerung einzelner Blockaden würden doch wesentliche Beschränkungen weiterhin bestehen bleiben.
Steigende Preise
Auch für die Unternehmen in Baden-Württemberg haben diese Maßnahmen Folgen. So würden sich Lieferzeiten verlängern, Preise würden steigen und einzelne Lieferungen fallen demzufolge ganz aus. Besonders betroffen sei die Industrie, die auf Metalle und Legierungen für Magnete und Motoren oder Halbleiter angewiesen ist. Fast jedes zweite Unternehmen sei betroffen
Starke Auswirkungen für 10 Prozent
Die Ergebnisse der wvib-Umfrage zeigen, wie sich die Handelspolitik Pekings für die Unternehmen vor Ort auswirkt: Für rund zehn Prozent der befragten Unternehmen haben die Exportbeschränkungen auf Seltene Erden sehr starke Auswirkungen, weitere 29 Prozent der Teilnehmer berichten von starken Beeinträchtigungen. Mäßige Auswirkungen erleben laut der Umfrage 22 Prozent der Betriebe, geringe Einschränkungen 24 Prozent. Lediglich 15 Prozent der Unternehmen gaben an, nicht betroffen zu sein. Die restlichen 85 Prozent der Befragten spüren also die Folgen der chinesischen Exportpolitik.

Auch für Windräder wie hier am Nillkopf werden Seltene Erden gebraucht. Foto: Dimitri Dell
Indirekte Abhängigkeit in fast allen Branchen
Nur 32 Prozent der Unternehmen würden Seltene Erden direkt verarbeiten – etwa in Hochleistungsmagneten. Dennoch hänge die Mehrheit der Betriebe indirekt von der Verfügbarkeit dieser Rohstoffe ab: 72 Prozent würden Produkte verarbeiten, die auf Seltene Erden angewiesen sind. Die am häufigsten genannten Seltenen Erden sind Neodym, das in Magneten eingesetzt wird, sowie Yttrium, Samarium und Gallium. Laut dem Energieversorger EnBW sind die Einsatzfelder Dauermagnete (44,3 %), Katalysatoren (17,1 %), Poliermittel (11,1 %), Metallerzeugnisse (6,6 %), Glas (6,3 %), Keramik (3,1 %) und Batterielegierungen (2,6 %).
Maßnahmen der Unternehmen
Doch mit welchen Maßnahmen reagieren die Unternehmen? 38 Prozent gaben an, Vorräte aufzubauen, 13 Prozent suchen demnach zusätzliche Lieferanten, und fünf Prozent würden versuchen, auf andere Materialien auszuweichen. Keine Maßnahmen haben demnach rund 30 Prozent der Firmen ergriffen – ob dies nicht möglich oder nicht notwendig war, wurde in der Umfrage nicht erhoben.
Weitere Verschärfung erwartet
Die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen wird unterschiedlich bewertet: 17 Prozent der Befragten Unternehmen halten sie für sehr wirksam, 57 Prozent für eher wirksam, 17 Prozent für wenig wirksam und zehn Prozent für gar nicht wirksam. Mit einer nachhaltigen Entspannung der Lage rechnen nur acht Prozent der Befragten. Die Mehrheit von 51 Prozent geht von einer gleichbleibenden Situation aus, während 41 Prozent sogar eine weitere Verschärfung erwarten.
Konflikt bleibt ungelöst
„China spielt sein Quasi-Monopol auf Seltene Erden im Handelskrieg dominant aus. Die Folgen sind in der wvib Schwarzwald AG deutlich zu spüren. Auch wenn ein Teil der Beschränkungen nun für ein Jahr ausgesetzt ist, bleibt der grundsätzliche Konflikt ungelöst und die Abhängigkeit stellt weiterhin ein geopolitisches Risiko dar“, wird wvib-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer zitiert. So würde der Aufbau neuer Lieferquellen Ressourcen kosten, die Unternehmen gerade jetzt nicht immer hätten.
Langfristige Strategie
Münzer fordert eine europäische Strategie, Subventionen für den Zugang zu kritischen Rohstoffen lehnt er ab. Der Funktionär fordert eine langfristige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie: „Die Bundesregierung sollte sich vehement für freien, fairen Handel und ein Level Playing Field einsetzen. Handelskonflikte kennen auf Dauer nur Verlierer.“
red/Wolfgang Huber
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