Wirtschaft

„Investitionsbooster“: IHK spricht von wichtigem Signal für die Wirtschaft – doch es bleiben Baustellen

Die Wirtschaft fordert Bürokratieabbau
© SD-Pictures – Der „Investitionsbooster“ der Bundesregierung entlastet nur einzelne Branchen bei der Stromsteuer.
Die Bundesregierung will mit einem neuen Entlastungspaket die Konjunktur ankurbeln: Der Bundestag hat einen „Investitionsbooster“ beschlossen – mit schnellerer Abschreibung von Investitionen und einer schrittweisen Senkung der Körperschaftsteuer ab 2028. Die IHK Südlicher Oberrhein hofft zwar auf einen Aufschwung, doch Kritik bleibt ebenfalls nicht aus: Vor allem die Entscheidung, die Stromsteuer nur für einzelne Branchen und nicht auch für die Privathaushalte zu senken, sorgt für Unmut.

Von Wolfgang Huber

Mit Spannung waren die Entscheidungen der Bundesregierung bzw. des Bundestages erwartet worden, wie die seit Jahren schwächelnde Wirtschaft wieder in Schwung gebracht werden soll. Nun hat der Bundestag den sogenannten „Investitionsbooster“ beschlossen. Die wichtigsten Punkte: Unternehmern können nun ab 1. Juli drei Jahre lang Ausgaben für Maschinen und Geräte degressiv abschreiben – mit bis zu 30 Prozent. Ab 2028 sinkt dann die Körperschaftssteuer von 15 auf 10 Prozent.

„Ein gutes Signal an die Wirtschaft“

In einem anderen Punkt gibt es allerdings deutliche Kritik. So soll die Stromsteuer doch nur für einige sinken, keineswegs für private Haushalte. Das würde mit einem Bruch des Koalitionsvertrags einhergehen. Dort war festgelegt worden, alle Bundesbürger bei den Stromkosten zu entlasten. Doch wie reagiert die regionale Wirtschaft? Zumindest bezogen auf die Abschreibungen gibt es ein Lob von Dr. Dieter Salomon, Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein. Es sei ein gutes Signal an die Wirtschaft: „Die Bundesregierung macht jetzt Tempo. Und das ist gut so, denn der Handlungsdruck ist enorm.“

Von den Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Innovation hänge die Zukunft des Standorts ab. Dennoch gibt es nach Auffassung des Funktionärs noch viel zu tun: „Der sogenannte Investitionsbooster ist nur ein erster Schritt. Was unsere Unternehmen außerdem brauchen, sind ein effektiver Staat und weniger bürokratische Hürden. Nur so kommt die Wirtschaft wieder in Fahrt.“

Abschreibungsmöglichkeiten begrüßt

Mit dem Entlastungspaket werde auch der Industriestandort am südlichen Oberrhein gestärkt, so Salomon. Die vorgesehenen erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten von Maschinen und Elektrofahrzeugen können Betrieben dringend notwendige Investitionen etwa bei der Digitalisierung oder bei der Modernisierung des Maschinenparks erleichtern. „Auch die geplante schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer von 15 auf 10 Prozent in den Jahren 2028 bis 2032 ist ein wichtiger Beitrag zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Kapitalgesellschaften, wenn sie auch etwas früher hätte kommen können“, betont der IHK-Chef.

Drohender Bruch des Koalitionsvertrages

Auch die IHK bewertet den drohenden Bruch des Koalitionsvertrages bei der Stromsteuer kritisch. Etwa, dass nur einzelne Branchen entlastet werden sollen. „Handel und Dienstleistungsunternehmen kämpfen ebenso mit hohen Energiekosten. Viele Betriebe haben auf die im Koalitionsvertrag versprochene Entlastung vertraut. Wer den Standort stärken will, darf nicht mit zweierlei Maß messen. Die Abgeordneten im Bundestag sollten diesen Fehler korrigieren“, fordert Salomon.

Bürokratieabbau als Thema Nr. 1

Jetzt komme es darauf an, die beschlossenen Maßnahmen zügig und praxistauglich umzusetzen und durch Strukturreformen zu flankieren: „Planungssicherheit, Fachkräfteverfügbarkeit und Bürokratieabbau müssen jetzt ebenso entschieden angegangen werden“, sagt Salomon, der dem Normenkontrollrat Baden-Württemberg vorsitzt.

Um das Thema Bürokratieabbau dreht sich auch eine Podiumsdiskussion der neoliberalen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft am 7. Juli in Berlin, an der Dieter Salomon im Anschluss an eine Keynote des Bundesministers für Digitales und Staatsmodernisierung. Dr. Karsten Wildberger, teilnehmen wird, wie es weiter heißt. Die Veranstaltung trägt den Titel „Bürokratie abbauen, Freiheit gewinnen“.

Kommentar

Das ist genau das Stichwort. Wenn die Bundesregierung nicht ernst macht mit dem Bürokratieabbau und der Verschlankung des Staates, könnte es spätestens in vier Jahren ein böses Erwachen geben. Die Stimmung in der Bevölkerung lässt sich nicht mehr mit Aussitzen und Abwiegeln bessern. Dieses Verhalten hat über Jahre zu einem großen Schaden an der Demokratie geführt. Wenigstens ansatzweise scheint die Bundesregierung den Ernst der Lage aber erkannt zu haben. Doch einige Punkte lassen darauf schließen, dass die Ministerien die Lage und die Stimmung in der Bevölkerung und der Wirtschaft immer noch nicht vollumfänglich erfasst haben. Die Entscheidung, nur einzelne Branchen und die Privathaushalte gar nicht zu entlasten, birgt weiter Zündstoff. In der Gesellschaft köchelt es gewaltig und nur mit der Einlösung aller Wahlversprechen und einem entschlossenen Bürokratieabbau wird sich die Wahrnehmung der Bundesbürger auf die Politik verbessern lassen.

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