Exklusiv-Interview

Luca Keller: „Das Eintauchen in eine andere Welt hat mich komplett überwältigt“

© underwater lunatics
Der Unterwasser-Regisseur, Kameramann, Produzent und Umweltschützer Luca Keller aus Oberkirch hat für seine Naturdoku „Metropolis – A Day in Reef City“ („Ein Tag in der Stadt der Riffe“) bei 14 internationalen Filmfestivals Preise abgeräumt. Im Interview mit dem „Ortenau Journal“ spricht er über seine Anfänge als Unterwasser-Filmemacher, was in inspiriert und über seine Pläne, eine Produktionsfirma zu gründen.

Luca Keller hat für seinen Debütfilm „Metropolis – A Day in Reef City“ unter anderem Auszeichnungen wie den Best Short Film on Nature and Wildlife (Bester Kurzfilm in der Kategorie Natur und Tierwelt) bei den International Motion Picture Awards in Kanada bis hin zum „Best of Show Award“ beim Nature Without Borders Film Festival in den USA erhalten. Darüber hinaus gingen weitere Anerkennungen („Honorable Mentions“) bei den Red Movie Awards (Frankreich) und dem Lookout Wild-Film Festival an Kellers „Metropolis“. Unsere Autorin Pauline Schwarzwälder hat Keller interviewt. So erzählt er, was ihn antreibt und inspiriert, von den Schwierigkeit beim Unterwasser-Dreh sowie von seinen Plänen für die Zukunft.

Ortenau Journal: Wie waren Ihre Anfänge als Videograf?

Luca Keller: Davon abgesehen, dass ich als kleiner Junge meinem Vater schon immer die Videokamera aus der Hand nehmen wollte, begann meine professionelle Karriere als Videograf in Thailand. Dort erlernte ich 2017 das Tauchen und machte dann meine Ausbildung zum professionellen Unterwasservideograf.

Ortenau Journal: Wie sind Sie von Oberkirch in die Meere Asiens gekommen? War das schon immer Ihr Traum?

Luca Keller: Um meine damalige Angst vor dem Ozean zu überwinden, entschloss ich mich einen Tauchkurs zu absolvieren. Da ich gerade in Asien auf Reisen war, hat es sich ergeben, dass ich meinen Kurs auf einer schönen tropischen Insel machte, die mich komplett in ihren Bann zog. Ich lernte tolle Menschen kennen und verliebte mich in das Berufsbild des Unterwasservideografen. Ich würde nicht sagen, dass es schon immer mein Traum gewesen war, Unterwasservideograf zu werden, vor allem, da ich mit dieser Tätigkeit vor meinem Tauchkurs nie in Berührung gekommen bin. Das Leben hat mich dort hin geführt.

Ortenau Journal: Was inspiriert Sie dazu das Thema Unterwasserwelt in Ihren Videos aufzugreifen?

Luca Keller: Das Eintauchen in eine andere Welt, hatte mich schon nach meinem ersten Tauchgang komplett überwältigt. Die Vielfalt des Lebens und die Schönheit dieses Ökosystems inspirierten mich wie noch nichts zuvor. Auch die Tatsache, dass diese Welt nur schwer zugänglich ist, faszinierte mich, und ich liebe die Herausforderung. Ganz am Anfang wollte ich meinen Freunden und meiner Familie zu Hause zeigen, was auf der anderen Seite der Welt unter der Wasseroberfläche vor sich geht – daraus resultierte mit der Zeit meine eigene kleine Produktionsfirma, mit der ich den Menschen weltweit das Leben von unter Wasser in das Wohnzimmer bringe.

Ortenau Journal: Welche Intention verfolgen Sie mit Ihrem Film „Metropolis”? Was nehmen die Zuschauer davon mit?

Luca Keller: „Metropolis“ soll die Zuschauer mit auf eine Reise in ein tropisches Riffsystem nehmen und das tägliche Leben der Unterwasserbewohner zugänglich machen. Wir wollten zeigen, dass alles Leben miteinander verbunden ist und jedes noch so kleine Tier wichtig für den Erhalt des gesamten Ökosystems ist. Auch über Metropolis hinaus zielt meine gesamte Arbeit darauf ab, den Menschen aufzuzeigen, wie magisch, aber auch wichtig unsere Ozeane für unser aller Überleben sind. Natürlich war es mir auch wichtig zu zeigen, dass ich mit meinem kleinen Team in der Lage dazu bin, eine hochqualitative Tierdokumentation zu produzieren.

Ortenau Journal: Kam die Reichweite, die „Metropolis“ erreicht hat, für Sie überraschend?

Luca Keller: Auf der einen Seite waren wir uns schon bewusst darüber, dass die Qualität unserer Arbeit, vor allem die intimen Unterwasseraufnahmen der Tiere, etwas Besonderes ist. Aufgrund der generell geringen Reichweite für solche sehr nichtspezifischen Themen haben wir aber absolut nicht damit gerechnet, dass der Kurzfilm als Gesamtwerk so gut ankommt und auf Filmfestivals weltweit gezeigt wird und Preise abstaubt.

Ortenau Journal: Gab es Schwierigkeiten bei der Produktion von „Metropolis“? Welche waren das und wie haben Sie diese überwunden?

Luca Keller: Über die technischen Schwierigkeiten, einen Film unter Wasser zu drehen, hinaus – Strömungen, Wetterbedingungen, Sicht, etc. – braucht man zum Tiere Filmen sehr viel Zeit und Geduld. Wir sind bei mindestens genauso vielen Tauchgängen ohne brauchbarem Material aufgetaucht wie andersherum. Ich glaube, dass sich jeder, der Tiere, vor allem unter Wasser, ethisch und nachhaltig filmen möchte, sehr viel Zeit investieren muss.

Ortenau Journal: Welche weiteren Projekte haben Sie zukünftig geplant?

Luca Keller: Nach dem Erfolg von Metropolis entschieden wir, also ich und meine Partnerin, uns dazu, eine unabhängige Produktionsfirma zu gründen, um auch weiterhin die Themen, die uns interessieren, aufzubereiten und mit den Menschen weltweit zu teilen. Wir wollen die Geschichten des Ozeans, der Tiere und der Menschen erzählen, die mit, an und in ihm leben. Unser Ziel damit ist es, zu dem langsam wachsenden Umweltbewusstsein der Menschen beizutragen und schwer zugängliche Geschichten den Zuschauern weltweit näher zu bringen.

Ortenau Journal: Was können unsere Leser selbst zum Umweltschutz beitragen?

Luca Keller: Auch wenn es oft so scheint, als könne man als Einzelner nicht viel zum Umweltschutz beitragen, appelliere ich immer an meine Zuschauer und Tauchschüler, dass jeder im täglichen Leben bewusste Entscheidungen treffen kann, die sich auf das Große und Ganze auswirken. Zum Beispiel sich zu entscheiden, den eigenen Fischkonsum zu reduzieren und auf nachhaltige Alternativen auszuweichen. Süßwasserfisch statt Dosenthunfisch, Labels als Greenwashing zu hinterfragen und mit jedem ausgegebenen Euro ein Statement setzen. Entweder für die Zerstörung von Ökosystemen oder für Unternehmen, die wirklich daran arbeiten, etwas zu verändern. Sollte man selbst nicht in der Lage sein, aktiv an Lösungsansätzen mitzuwirken, kann man sich auch immer dazu entscheiden, Naturschutzorganisationen und nachhaltige Projekte finanziell zu unterstützen. Beispielsweise setzten wir uns zusammen mit einer gemeinnützigen Organisation in Südostasien dafür ein, Riffe zu schützen und Fischern alternative und nachhaltige Wege aufzuzeigen, Ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ich glaube, dass, wenn wir als Kollektiv gemeinsam verstanden haben, dass wir selbst Teil der Natur sind, von der wir uns oft distanziert fühlen, wir lernen werden, besser auf uns und unsere Umgebung aufzupassen.

Ortenau Journal: Was war Ihre bisher beeindruckendste Begegnung mit einem Meereslebewesen?

Luca Keller: Auch nach 7 Jahren ist immer noch jede Begegnung mit jeglichen Meeresbewohnern beeindruckend – egal ob es eine winzige bunte Nacktschnecke ist, die die Lunge außerhalb ihres Körpers trägt, oder ein Blauwal, das größte Tier, das jemals auf unserem Planeten gelebt hat. Jedes Tier ist besonders und unglaublich interessant. Am beeindruckendsten finde ich die Tatsache, dass alles Leben irgendwie miteinander verbunden ist.

Ortenau Journal: Inwiefern hat der enge Umgang mit den Meeren ihr Leben geprägt und verändert?

Luca Keller: Der enge Kontakt mit der Natur kann lebensverändernd sein. Ich habe auch viel über mich selbst gelernt und Prioritäten in meinem Leben neu festgelegt. Mittlerweile kann ich es mir nicht mehr vorstellen, ohne die Natur um mich herum zu leben. Grundsätzlich war das Leben am Meer der Katalysator für mein persönliches Umweltbewusstsein.

Ortenau Journal: Was möchten Sie mit den Lesern noch mitteilen?

Luca Keller: Über die Jahre musste ich hautnah miterleben, wie sehr das fragile Ökosystem Ozean leidet. Verschmutzung, Überfischung und die stets steigenden Wassertemperaturen hinterlassen unübersehbare Spuren – und leider ist kein Ende in Sicht. Ich beobachtete, wie bunte, prächtige Riffsysteme innerhalb weniger Monate zu Schutt und Asche zerbrachen. Mir ist es wichtig, diese Geschichten zu erzählen, auch den Menschen, die weit vom Ozean entfernt leben. Denn egal wie weit man vom Ozean entfernt lebt, wir alle sind direkt oder indirekt von ihm abhängig. Den Menschen zu verstehen geben, dass unser eigenes Überleben direkt vom Überleben der Ozeane abhängt, ist mir wichtig, um damit einige Gedankenprozesse loszutreten.

Interview: Pauline Schwarzwälder

Mehr informationen gibt es unter www.uwlunatic.art. Einblicke in die täglichen Erlebnisse von Luca Keller im Ozean gibt es auf seinem Instagram Profil @uwlunatic.

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