Ortenau Direkt

Zwischen Baumbestand und Klimaanpassung: Offenburg will Stadtbaumkonzept im Winter vorstellen

Straße Offenburg Bäume
© Ralph Fröhlich – Wie klimaresilient ist Offenburg? Der Streit um Baumpflanzungen geht weiter.
Das Thema bleibt aktuell: Die Stadt Offenburg prüft einen Antrag der SPD zur Baumfördersatzung und kündigt die Vorstellung des Stadtbaumkonzepts im Gemeinderat spätestens im Winter an. Auf Anfrage nennt die Verwaltung außerdem eine Reihe von laufenden Maßnahmen zur Erhöhung des Baumbestands. Zunächst werden jedoch nur 136 neue Bäume gepflanzt. Baumretter Ralph Fröhlich hatte kürzlich im Rat die Pflanzung von 20.000 Bäumen gefordert. Eine Kooperation dürfte es aber nicht geben.
Von Wolfgang Huber

Nachdem wir im Ortenau Journal wiederholt von den Aktionen des Baumretters Ralph Fröhlich und seinen Mitstreitern berichtet haben, wollen wir heute einmal die Bemühungen der Stadt Offenburg im Bezug auf Baumpflanzungen, Klimaanpassung und Entsiegelung beleuchten. Fröhlich kritisiert die Stadtverwaltung regelmäßig öffentlich und wird von dieser im Gegenzug dafür mit mangelndem Engagement bei dessen Auskunftsersuchen und anderen Angelegenheiten behindert.

Forderung: Jährlich 1.000 Bäume

Neulich hatte Fröhlich im Gemeinderat ein Petition mit 1.675 Unterschriften persönlich an OB Marco Steffens übergeben. Zu dessen Missfallen, muss man hinzufügen. Die Forderung lautet: Die Stadt Offenburg soll in den kommenden 20 Jahren pro Jahr 1.000 Bäume pflanzen. Das macht 20.000 Bäume insgesamt. Damit sollen die Folgen der Klimaerwärmung eingedämmt werden. Bäume spenden nicht nur Schatten, sie senken auch die Temperaturen insgesamt in innerstädtischen Gebieten und verbessern die Aufenthaltsqualität enorm.

Baumbestand halten

Nun hat die Stadt auf Anfrage des Ortenau Journals eine Reihe von Maßnahmen benannt, die derzeit oder in naher Zukunft auf den Weg gebracht werden. Für sich genommen erscheinen einzelne Projekte zunächst eher unterdimensioniert, gemessen an den von Fröhlich geforderten 20.000 Bäumen. Ob sie addiert ausreichen, um den Baumbestand in Offenburg wenigstens halten zu können, geht aus den Antworten nicht eindeutig hervor.

Zunächst wenige Pflanzungen

Im Baumkataster sind laut Pressesprecher Christoph Lötsch 1.112 Standorte für Baumpflanzungen vorgesehen. An 136 davon seien Baumpflanzungen vorgesehen. Der Rest ist entweder geeignet oder werde noch geprüft. Die 136 Bäume sollen im anstehenden Herbst/Winter gepflanzt werden. Die 549 geeigneten Standorte sollen in den nächsten Jahren angegangen werden.

Auch die vielfach diskutierte Baumfördersatzung sei in der Pipeline: „Die SPD-Fraktion hat einen Antrag gestellt in dem sie fordert, dass es Förderungen von Baumpflanzungen und Baumpflegemaßnahmen geben soll. Dieser Antrag wird bearbeitet. Aufgrund der Haushaltswirksamkeit geschieht dies mit besonderer Sorgfalt“, teilt Lötsch dazu mit.

Ausweitung des Baumbestands angekündigt

Der Sprecher nennt aber noch weitere Ansätze der Stadt. Das von der Klimaanpassungsmanagerin Alexandra Dreyer koordinierte Klimaanpassungskonzept sehe unter anderem Maßnahmen zur Ausweitung des Baumbestands vor. Konkret nennt Lötsch das Stadtbaumkonzept. Darin würden potenzielle Standorte für die Pflanzung neuer Bäume angesichts der Dichte der Versorgungsleitungen im Untergrund ermittelt.

Ergebnisse im Herbst oder Winter

An diesem Punkt ist offenbar schon bald mit Ergebnissen zu rechnen. Lötsch: „Die im Stadtbaumkonzept ermittelten Standorte werden zukünftig in der städtischen Planung konsequent berücksichtigt werden. Voraussichtlich im Herbst/Winter werden die Ergebnisse und Vorschläge zur Umsetzung dem Gemeinderat vorgestellt.“ Doch die Bestimmung von möglichen Orten für Baumpflanzungen laufe aktuell im ganzen Stadtgebiet und in den Ortsteilen. Dadurch werde ermöglicht, die potenziellen Baumstandorte bei zukünftigen Bauprojekten zu berücksichtigen, wodurch deren Bebauung verhindert werden könne.

Baumstandorte in der Altstadt

Neben Baumpflanzungen im städtischen Umfeld würden auch Verbindungswege zwischen der Kernstadt und den Ortschaften beschattet. Dies sei beispielsweise in der Ortenberger Straße passiert. Einmal in Fahrt zählt Christoph Lötsch weiter auf: „Hinzu kommen die Untersuchungen der historischen Altstadt und der Oststadt, aus denen sich ebenfalls zukünftige Baumstandorte ergeben. Diese werden aktuell priorisiert und zukünftig umgesetzt.“

Altstadt Offenburg

Wie entwickelt sich der Baumbestand in Offenburg? Foto: Ralph Fröhlich

Investitionen für Pflege und Erhalt

Den von Ralph Fröhlich vor einigen Monaten detailliert dokumentierte Rückgang des Baumbestands führe die Stadt auf die Folgen des Klimawandels zurück, der alle Städte treffe. Im Vergleich zu anderen Städten stehe Offenburg bei den Investitionen für Pflege und Erhalt des Baumbestandes sowie bei Nachpflanzungen vergleichsweise gut da. „Viele Bäume erreichen langsam aber sicher ein Alter, in dem sie mit den sich ändernden Umweltbedingungen immer schlechter umgehen können“, konkretisiert Christoph Lötsch.

„Forderungen genügen Ansprüchen nicht“

Von einer flächendeckenden Begrünung wie die von Ralph Fröhlich geforderten 20.000 Bäume hält die Stadt wenig. Es werde den dynamischen Ansprüchen einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung nicht gerecht: „Die Stadt handelt umsichtig und durchdacht. Sie ist sich ihrer Verantwortung bewusst und arbeitet gewissenhaft und gründlich an umsetzbaren, nachhaltigen Projekten, die das Stadtgrün stärken.“

Entsiegelungsmaßnahmen laufen

Auch beim Thema Entsiegelung kann Lötsch Aktivitäten vorweisen. So seien bereits vergangenes Jahr bzw. aktuell laufend in der Altstadt kombinierte Entsiegelungs- und Baumpflanzmaßnahmen umgesetzt worden. In der Ritterstraße wurden demnach drei Parkplätze entsiegelt und fünf Bäume gepflanzt worden. Baumpflanzungen am Stadtbuckel sowie die Anlage des Klimahains auf dem Marktplatz seien für 2026 vorgesehen und würden auch mit Entsiegelungen einhergehen. Ebenso in der Werderstraße in der Oststadt.

Unternehmen ansprechen

Entsiegelung und Begrünung auf privaten Grundstücken werde durch das Förderprogramm bio.og vorangebracht und auch an die Unternehmen wolle man herantreten. Denn auch in Gewerbegebieten solle Entsiegelung, Begrünung und Klimaanpassung stattfinden. Im Rahmen von bio.og werden Maßnahmen zur Dach-, Fassaden- und Gartenbegrünung bzw. Entsiegelung gefördert.

Keine Zusammenarbeit mit Baumretter

Dass die Fronten zwischen Stadt und Ralph Fröhlich und seiner KfUTD verhärtet sind, lassen die schlechten Vibes erahnen, die jeder spürt, der die öffentliche Debatte verfolgt. Eine Zusammenarbeit lehnt der Pressesprecher kategorisch ab und verweist auf das hochqualifizierte Fachpersonal in der Verwaltung und die Sachverständigen, die über entsprechende Ausbildungen verfügten. Im Übrigen, so Lötsch, gebe es Bürgerbeteiligungsformate.

Ralph Fröhlich

Baumretter Ralph Fröhlich pocht auf Informationsfreiheit. Foto: KfUTD

Andere Sichtweise

Abweichende Einschätzung scheint es auch beim Stichwort Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) zu geben. Während sich der Baumretter wiederholt über Schikane, Behinderungen oder überhöhte Gebührenbescheide beklagt, sieht sich die Stadt auf der sicheren Seite. Christoph Lötsch macht das an der geltenden Rechtslage fest: „Wenn bestimmte Unterlagen nicht herausgegeben werden, liegt das daran, dass dafür nach geltender Rechtslage schlicht kein Anspruch besteht. Und dann hat das einen Grund.“

Auszeichnung für die Stadt

Die Stadt gehe mit dem Thema offen und transparent um. So sei das Konzept Offenburgs 2024 vom Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit als „kommunaler Champion“ ausgezeichnet worden und habe jüngst beim Österreichischen Städtetag als Modellprojekt Beachtung gefunden. Die Gebühren würden insbesondere sich wiederholende Einzelanfragen betreffen, um sicherzustellen, dass diese nicht zu Lasten der Allgemeinheit erbracht werden.

Unversöhnliche Situation

Ob die von Christoph Lötsch angeführten Maßnahmen ausreichen, um den Baumbestand in Offenburg zu halten, wenn nicht zu erhöhen, lässt sich im Moment nicht sagen. Auch nicht, ob es Schnittmengen bei den Einzelmaßnahmen gibt, was die Zahl der zu pflanzenden Bäume betrifft.

Insgesamt zeigt sich die Stadt aber recht unversöhnlich gegenüber der Art von bürgerlichem Engagement, die Ralph Fröhlich praktiziert. Der Ton wird eher rauer. Zu unbequem sind seine Anfragen und Aktivitäten. Auch im Umgang mit der Petition des Baumretters lässt die Stadt Interpretationsspielraum zu. Die Petition mit den 1.675 Unterschriften werde laut Lötsch gebührende Beachtung finden und anschießen beantwortet werden.

Siehe auch hier:

40 Grad in Sicht: Warum jährlich 200 neue Bäume für Offenburg zu wenig sind – Ralph Fröhlich ist alarmiert

Ralph Fröhlich´s neuester Coup: Das KI-Projekt „Stadtstaub“ als die urbane Proteststimme Offenburgs

Stadt Offenburg kontert Ralph Fröhlich und sendet Entspannungssignale

Weitere Beiträge