Der Pflege-Azubi Rüdiger Heimpel hat beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration des Landes Baden-Württemberg die Einleitung einer Fachaufsicht gegen das Ortenau Klinikum gKAöR beantragt. Dieser Antrag auf Prüfung eines Fachaufsichtsverfahrens stützt sich im Wesentlichen auf die unterlassene Erfüllung gesetzlicher Pflichten durch das Klinikum, insbesondere im Hinblick auf die Nichtweitergabe strafrechtlich relevanter Sachverhalte an die zuständigen Ermittlungsbehörden, wie Heimpel in einer Pressemitteilung schreibt.
Strafrechtliches Verfahren
Konkret betrifft dies demnach den Verdacht der fahrlässigen Tötung sowie der Strafvereitelung im Amt. Es wurde im Antrag angeregt, im Falle einer erfolgreichen Fachaufsichtsbeschwerde die Einleitung geeigneter Sanktionsmaßnahmen gegen verantwortliche Stellen des Klinikums zu prüfen. Parallel hierzu werde das strafrechtliche Verfahren gegen das Klinikum weiterverfolgt, ungeachtet der Tatsache, dass sich Polizei und Staatsanwaltschaft Offenburg derzeit weigern, Auskünfte über den Stand der Ermittlungen zu erteilen.
Vorwürfe gegen Grüne Ortenau
In der Ortenau war Rüdiger Heimpel im Frühjahr bekannt geworden, als er angebliche Missstände beim Kreisverband der Grünen öffentlich machte (wir berichteten / siehe unten). Er war Vorsitzender des Grünen Ortsverbands Offenburg und Gemeinderat in Ortenberg, als er detailliert Vorwürfe gegen Kreis- und Ortsvorstand der Öko-Partei erhob. Die Rede war von Machtmissbrauch und Altersdiskriminierung bis hin zu Gewaltandrohung und Arbeitszeitbetrug.
Verdacht der fahrlässigen Tötung
Doch zurück zum aktuellen Fall: Worum geht es bei den nach Ansicht Heimpels strafrechtlich relevanten Sachverhalten? Auslöser war eine Pressemitteilung des Pflege-Azubis Ende August 2025. Darin erhob Rüdiger Heimpel schwerwiegende Vorwürfe gegen das Ortenau Klinikum. So habe die Klinikleitung statt seinen Hinweisen nachzugehen und eine strafrechtliche Aufarbeitung einzuleiten, den Verdacht einer möglichen fahrlässigen Tötung vereitelt. Vielmehr habe er als Hinweisgeber die Kündigung erhalten, und zwar ohne nachvollziehbare und transparente Begründung, wie Heimpel weiter schreibt.
Verstorbener Patient
Im Mai 2025 kam es ihm zufolge im Klinikum zu einem dramatischen und tödlichen Zwischenfall. Ein Patient habe in den frühen Morgenstunden vermutlich einen Herzstillstand erlitten, der über mehrere Stunden hinweg unentdeckt geblieben sei. Erst am späten Vormittag sei die Situation erkannt worden. Wiederbelebungsmaßnahmen wie eine Herz-Lungen-Massage blieben laut dem damaligen Azubi erfolglos, der Patient verstarb.

Rüdiger Heimpel erhebt zahlreiche Vorwürfe gegen das Ortenau Klinikum. Fotos: Rüdiger Heimpel
„Das sollen die Männer machen“
„Das Team der Anästhesie wurde herbeigerufen. Die kamen nach ca. zwei Minuten und sollten medikamentöse Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten. Sie fragten mich, ob ich bei der Wiederbelebung helfen könnte, was ich auch tat. Da man nach etwa zwei Minuten abgelöst werden muss, hab ich eine Kollegin gefragt, ob sie weitermachen würde. Das hat sie verneint und gesagt: ‚Das sollen die Männer machen‘“, schilderte Heimpel auf Anfrage des Ortenau Journals die entscheidenden Minuten. Seiner Meinung nach sei man dazu aber verpflichtet. Ein „Nein“ verstoße gegen den ethischen Grundsatz der Pflegeberufe.
„Keine Anstalten, den Fall aufzuklären“
Nach seiner Meldung des Vorfalls an die Pflegedienstleitung habe es ein Gespräch mit der Stationsleitung gegeben. Diese habe aber von den Vorwürfen Heimpels ablenken wollen und stattdessen ihm selbst Vorwürfe gemacht. Es habe kaum Anstalten gegeben, den Fall aufzuklären oder aufzuarbeiten. Eine Meldung an die Staatsanwaltschaft gab es demzufolge nicht. Damit seien straf- oder berufsrechtliche Konsequenzen ausgeblieben. Heimpel: „Dass es keine strafrechtliche Überprüfung gegeben hat ist für mich ein Versuch, die Sache unter den Tische zu kehren.“
Hinweis auf Stabsstelle Compliance
Normalerweise hätte das Thema laut Heimpel bei einem runden Tisch oder einer sogenannten Morbiditäts- und Mortalitäts-(M & M)Konferenz aufgearbeitet werden müssen. Das wäre hilfreich gewesen für die Betroffenen und das übrige Personal. Damit hätte man feststellen können, was hätte besser laufen müssen und können, wie Heimpel weiter ausführt. Von der Klinikleitung habe es nur den Hinweis auf die Stabsstelle Compliance gegeben: „Es gab keinerlei Aktivitäten, um dafür zu sorgen, dass so eine Situation nicht noch einmal passiert. Das ist mein eigentlicher Kritikpunkt.“ Er habe den Vorfall dem Gesundheitsamt und der Staatsanwaltschaft gemeldet, die dann einen sogenannten Prüffall eingeleitet habe.
Unbequemer Hinweisgeber
Für ihn stehe fest, dass es sich nicht um einen tragischen Einzelfall handelt, sondern um ein Symptom struktureller Probleme. Anstatt eine offene Fehlerkultur zu praktizieren, habe das Klinikum den Versuch unternommen, einen unbequemen Hinweisgeber mundtot zu machen. Er erwarte, dass die Verantwortlichen öffentlich Stellung beziehen und sich bei den Angehörigen des verstorbenen Patienten entschuldigen. Im Übrigen berufe er sich auf das Hinweisgeberschutzgesetz und kündigte eine arbeitsrechtliche Überprüfung seiner Kündigung an.
„Ausführungen von Heimpel unbegründet“
Eine Stellungnahme des Ortenau Klinikums ließ im September auf verhärtete Fronten schließen: „Die Ausführungen von Herrn Heimpel sind unbegründet. Wir weisen die Behauptungen der Vertuschung entschieden zurück. Wie bereits mehrfach öffentlich dargelegt, verfügt das Ortenau Klinikum über verschiedene Instrumente zum Qualitäts- und Risikomanagement und wendet diese an“, teilte Kliniksprecher Christian Eggersglüß auf Anfrage mit. Der Hinweis auf die Stabsstelle Compliance, über die sich interne und externe Hinweisgeber anonym oder auch mit Klarnamen zu kritischen Vorfällen melden können, war in der Antwort ebenfalls enthalten.
„Keine Hinweise von Heimpel“
Das Hinweisgeberschutzgesetz, so Eggersglüß weiter, gelte auch im Ortenau Klinikum und werde strikt eingehalten. Auch über ein Intranet sowie die Internetseite des Ortenau Klinikums seien entsprechende Meldungen möglich, über die jeweils der Vorstand informiert werde und die umfassend aufgeklärt werden würden. Entsprechende Hinweise habe es zu dem von Herrn Heimpel geschilderten Sachverhalt auf diesem Wege nicht gegeben.
Interne Aufarbeitung
Weiter heißt es: „Auch im internen System des Ortenau Klinikums zur Meldung von Beinahefehlern (CIRS) sowie Tools zu Meldung von kritischen Ereignissen im Risikomanagement gab es keine entsprechende Meldung.“ Der Kliniksprecher wies darauf hin, dass die Pflegedirektion nach den Meldungen von Rüdiger Heimpel den vermeintlichen Sachverhalt intern aufgearbeitet habe und der Vorstand informiert wurde.

Im Klinikalltag muss es manchmal schnell gehen. Foto: wavebreakmedia-micro/freepik
Sexuelle Belästigung
Wenige Tage später legte Heimpel nach und erhob weitere Vorwürfe – nach Rücksprache mit seinem Rechtsbeistand, wie er mitteilte. So sei eine Kollegin, die anonym bleiben wolle, von einem anderen Mitarbeiter sexuell belästigt worden. Auch in ihrem Fall seien seitens des Klinikums keine Maßnahmen wie Abmahnungen oder Aufklärung ergriffen worden. Es sei unklar, ob weitere weibliche Auszubildende in dieser Station gefährdet oder betroffen gewesen sein könnten. Nicht nur sein eigener Versetzungsantrag sei abgelehnt worden, sondern auch der der Kollegin.
Vor Zeugen geschlagen
Der zweite Vorfall habe einen Auszubildenden betroffen, der sich den verbalen Angriffen desselben Mitarbeiters nicht unterworfen habe und ihn aufforderte, ihn in Ruhe zu lassen. Daraufhin sei die Situation eskaliert und der Mitarbeiter habe den Auszubildenden vor fünf Kolleginnen und Kollegen geschlagen. Auch Rüdiger Heimpel selbst war demnach anwesend. Anschließend stellte sich der Mitarbeiter Heimpel zufolge als Opfer dar. Auch dieses Verhalten sei ohne Konsequenzen geblieben.
„Stalking durch die Teamleiterin“
Der Hinweisgeber zeigt sich tief bestürzt über das Statement des Klinikums, in dem auf keinerlei seiner Vorwürfe eingegangen worden sei und behauptet werde, die Stabsstelle Compliance funktioniere gut. Darüber hinaus halte er es für äußerst unangemessen, dass er von der Teamleiterin des Personalservice auf Instagram gestalkt werde. Dieses Vorgehen empfinde er als beschämend und verurteile es scharf. Heimpel: „Aufgrund des Verhaltens dieser Mitarbeiterin, sowie der wiederholten mangelnden Compliance seitens der Führungsriege bei der Durchsetzung meiner berechtigten Ansprüche, insbesondere Auszahlung von Urlaub, Gewährung der mir zustehenden Lohnerhöhung und Ausstellung erforderlicher Nachweise sowie eines Arbeitszeugnisses, erwarte ich, dass meine Privatsphäre künftig strikt respektiert wird.“
Klinik: „Anschuldigungen haltlos“
Kliniksprecher Christian Eggersglüß hält dem entgegen: „Die Anschuldigungen sind absolut haltlos. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits und das Ortenau Klinikum unterstützt proaktiv zur Aufklärung. Die Probezeit-Kündigung gegenüber Herrn Heimpel erfolgte aus arbeitsrechtlichen Gründen, die in keinem Zusammenhang mit den von Herrn Heimpel geäußerten Vorwürfen stehen. Auf die Gründe können wir im Einzelnen öffentlich nicht eingehen.“
Gerichtliche Aufarbeitung
Klärung wäre in dem Fall wohl nur durch die Gerichte zu erwarten, sofern überhaupt ein Ermittlungsverfahren eröffnet wird. Heimpel zufolge wurde er von der Polizei gebeten, zur Vernehmung zu erscheinen. Parallel hierzu werde er das strafrechtliche Verfahren gegen das Klinikum weiterverfolgen. Heimpel: „Es scheint, dass das Verfahren eröffnet wurde.“
Siehe auch hier:
Austritt, Anzeige, Abrechnung: Wie Rüdiger Heimpel (18) die Grünen Ortenau in die Krise stürzt
Land prüft Förderung: Das Ortenau Klinikum hofft auf 100 Millionen-Zuschuss für Neubau in Offenburg
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