Exklusiv-Interview

OB Manuel Tabor (Achern): „Die Stadt ist nicht umsonst in der IHK-Statistik eines der attraktivsten Mittelzentren“

Manuel Tabor OB Achern
© Wolfgang Huber: Acherns OB Manuel Tabor kann beim Blick nach vorn nicht wirklich ruhig schlafen.“
In Achern wird gebaut, digitalisiert und gespart – der Blick nach vorn lässt den Oberbürgermeister Manuel Tabor im Exklusiv-Interview „nicht ruhig schlafen“. Er spricht über den rasanten Baufortschritt beim Klinikum, die angespannte Finanzlage, die digitale Verwaltung und neue Ideen für Stadtentwicklung und Wirtschaft. Auch die Sicherheit und Jugendarbeit war Thema. Trotz knapper Mittel sieht Tabor Chancen, Achern zukunftsfähig zu gestalten. Für die Kommunen seien aber strukturelle Reformen unabdingbar
Von Wolfgang Huber

Inflation, hohe Tarifabschlüsse und zusätzlich Aufgaben sorgen bei den Kommunen in Deutschland für eine akute Schieflage bei den Finanzen, auch in Achern. Dennoch bekomme die Stadt einen genehmigungsfähigen Haushalt zustande, sagt Oberbürgermeister Manuel Tabor im Exklusiv-Interview mit dem Ortenau Journal. Die Gründung eine Städtischen Wohnbaugesellschaft müsse man genau abwägen und bezüglich der Sicherheit seien der Stadtgarten bei Nacht und das Bahnhofsareal Angsträume in der Stadt. 

Ortenau Journal: Das Richtfest für das Klinikum erfolgte schon 18 Monate nach Baubeginn. Haben sie eine Turbo-Bauverwaltung?

Manuel Tabor: Es ist ja schlussendlich keine direkte Baustelle der Stadt Achern. Wir sind aber Baugenehmigungsbehörde und haben den Bauprozess eng begleitet, das machen wir bis heute. Denn bei so einem großen Bauvorhaben können viele Fragen auftauchen, die wir dann versuchen pragmatisch und auch rechtssicher zu lösen. Das Klinikum bzw. der Ortenaukreis haben eine gute Projektsteuerung hinter dem Vorhaben, die sachgerecht die Gewerke vergeben. Aber es sind nach jetzigem Stand erst 70 Prozent vergeben. Von daher kann es immer noch zu Verzögerungen kommen.

Ortenau Journal: Aber momentan ist man da im Zeitplan.

Manuel Tabor: Man ist vor dem Zeitplan, das stimmt. Weil man schon angefangen hatte, den Innenausbau vorzunehmen, während parallel noch am Hochbau gearbeitet wurde. Das ist recht selten. Aber man konnte das gut mit den einzelnen Handwerkern und Unternehmen abstimmen. Dadurch konnte man bisher deutlich an Zeit gewinnen.

Ortenau Journal: Liegt man auch bei den Kosten im Plan?

Manuel Tabor: Man liegt bei den bisher vergebenen Gewerken voll im Kostenplan.

Richtfest Klinikum Achern

Bereits im Mai feierte Achern das Richtfest für das Klinikum. Foto: Stadt Achern

Ortenau Journal: Jetzt im Herbst sollte die Bauphase der Nordtangente beginnen. Wie ist da der aktuelle Stand?

Manuel Tabor: Auch hier ist man im ursprünglich anvisierten Zeitplan. Wir wollten als Stadt möglichst schnell den Satzungsbeschluss fassen, damit wir nicht in anderthalb Jahre den unglücklichen Umstand hätten, dass das Klinikum den Betrieb aufnimmt und es noch keine anständige Erschließungsstraße gibt. Die Ausschreibungen laufen und wir gehen davon aus, dass auch die Bauphase zügig abgeschlossen werden kann und alles gleichzeitig fertig gestellt wird.

Ortenau Journal: Es sind bereits viele Dienstleistungen online verfügbar. Es gibt ein Online-Bürgerportal. Läuft dieses stabil und wie wird es von der Bürgerschaft angenommen?

Manuel Tabor: Es wird noch nicht so nachgefragt, wie wir es uns wünschen, weil es auch auf Verwaltungsseite einige Prozesse vereinfacht, wenn die Anträge online gestellt werden. Aber für uns als Verwaltung ist es dennoch sehr wichtig, die Angebote weiter auszurollen und zu professionalisieren. Bei digitalen Dienstleistungen hat man noch immer die Problematik, dass die Schnittstellen in die Serviceanwendungen der verschiedenen Portale nicht reibungslos funktionieren. Manchmal sind es auch die Rechenzentren oder andere Faktoren, die zu Problemen führen. Für die Städte und Gemeinden ist das damit eine Doppelaufgabe. Einerseits die Services analog, traditionell und persönlich anzubieten, und zwar in allen Ortsteilen und parallel eben möglichst auch digital. So viel Digitaldividende gibt es noch nicht, dass man an anderer Stelle Einsparungen realisieren kann. Somit hat man zunächst doppelte Kosten.

Ortenau Journal: Führt dies zu einer spürbaren Entlastung der Verwaltungsmitarbeiter oder werden dadurch neue Prozesse ausgelöst, beispielsweise durch Softwareprobleme?

Manuel Tabor: Die Entlastung findet schon da statt, wo digitale Dienstleistungen vorhanden sind und durchgängig genutzt werden. Wenn Anträge nicht mehr zusätzlich in die Hand genommen werden müssen. Ansonsten wäre es ja doppelte Arbeit, wenn diese noch digital erfasst werden müssten. Wenn der Bürger oder die Bürgerin die Daten digital zur Verfügung stellt, haben wir sie schon im System, was dann Verwaltungszeiten einsparen kann.

Ortenau Journal: Wie ist die finanzielle Lage der Stadt Achern nach der Erhöhung der Kreisumlage Anfang des Jahres und angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage?

Manuel Tabor: Angespannt. Die Lage ist derzeit bei allen Kommunen so dramatisch, wie seit Jahrzehnten nicht, soweit ich das überblicken kann. Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die Flüchtlingskrise oder auch Corona waren alle anders gelagert, weil damals immer eine positive Perspektive am Horizont erkennbar war. Momentan ist dies für den gesamten Finanzplanungszeitraum nicht der Fall. Wir müssen daher auf echte Reformen und strukturelle Veränderungen drängen, weil die Kommunalfinanzen sich wirklich anhaltend in einer dramatischen Schieflage befinden.

Kreistag Ortenau

Der Ortenauer Kreistag beschloss im Frühjahr die Erhöhung der Kreisumlage. Foto: Christian Huber

Ortenau Journal: In einem TV-Bericht wurde gestern vorgerechnet, dass von dem Teil des Sondervermögens, der an die Kommunen geht, auch nicht mehr viel übrig bleibt, wenn man es auf die 12 Jahre Laufzeit streckt. Es wird wahrscheinlich nicht ausreichen, die Kommunalfinanzen in Deutschland nachhaltig zu entlasten.

Manuel Tabor: Das spielt überhaupt keine Rolle, weil es sich um eine reine Investitionszuwendung handelt, bei der die Kommunen noch einen Eigenanteil erbringen müssen. Es ist schön, wenn man beispielsweise einen Zuschuss von 70 Prozent bekommt, aber wenn die Kommune nicht in der Lage ist, den Eigenanteil von 30 Prozent zu stemmen, dann verpufft das Ganze. Das ist die Gefahr beim Sondervermögen. Was wir als Kommunen brauchen – und das haben Bund und Länder offensichtlich noch nicht vollumfänglich verstanden – sind strukturelle Reformen, die uns dauerhaft mehr Einnahmen verschaffen. Oder es fallen aktuelle Aufgaben ersatzlos weg, was die Kosten dauerhaft reduziert. Da bringt das Sondervermögen gar nichts.

Ortenau Journal: An welchen Stellen wollen sie sparen bzw. welche kommunalen Leistungen kommen auf den Prüfstand?

Manuel Tabor: Wir haben schon im vergangenen Jahr eine interne Haushaltskonsolidierung vollzogen und alle Sparhebel umgesetzt, die zumindest auf die Schnelle realisierbar waren. Wir konnten damit etwa eine Million Euro an Sachkosten im laufenden Doppelhaushalt einsparen. Jetzt sind wir weiter dran, Prozesse zu optimieren. Das sind teilweise ganz triviale Dinge wie der Papierverbrauch, Energieeinsparungen oder zeitversetzte Stellenbesetzungen. Aber bei einer Verwaltung mit 600 Mitarbeitern sind das in Summe auch spürbare Faktoren. Wenn wir jedoch aufgrund von hohen Tarifabschlüssen und der Inflation Ausgabensteigerungen von 15 – 20 Prozent verzeichnen und zusätzlich mehr Aufgaben stemmen müssen, dann sind es natürlich auch nur geringe Effekte. Auf der anderen Seite haben wir im Gemeinderat schon viele Entscheidungen auf den Weg gebracht, um den Haushalt zu stabilisieren. Die Haushaltsberatungen für den nächsten Doppelhaushalt werden dennoch ambitioniert, denn die Zahlen sind nach wie vor tiefrot. Wir bekommen einen genehmigungsfähigen Haushalt hin, aber der Blick nach vorn lässt uns mittlerweile nicht wirklich ruhig schlafen. In der mittelfristigen Finanzplanung sehen wir kein Licht am Ende des Tunnels, denn die Kostensituation wird sich nach allem, was man weiß, weiter verschärfen. Mit Mehreinnahmen ist hingegen konjunktur- und strukturbedingt kaum zu rechnen. Deshalb betone ich noch einmal: Es ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, hier weitreichende Strukturreformen vorzunehmen.

Ortenau Journal: Sie haben in Appenweier den Schuldenstand von 231 Euro je Bürger auf 0 Euro in 2020 gesenkt. Planen sie ein derartiges Husarenstück auch für Achern?

Manuel Tabor: So etwas macht auch ein Bürgermeister nicht alleine. Das sind die Gremien eng mit eingebunden. Es bringt zudem nichts, nur auf den Schuldenstand in einer Kommune zu schauen. Das ist für sich genommen nicht aussagekräftig. Es ist zwar etwas, was jedermann schnell nachvollziehen kann, aber wenn parallel ein hoher Sanierungsstau bei Schwimmbädern, Kindergärten, Schulen oder Straßen vorzufinden ist und die Kommune einen Haushalt mit Nullverschuldung aufstellt, ist den Bürgern auch nicht gedient. Eine Kommune muss immer investieren. Man sollte die Schwerpunkte dabei klug setzen, so dass die Schulden auch wieder abgebaut werden können. Im besten Fall, dass die politisch Verantwortlichen, die die Investitionen veranlassen, sich auch für die Tilgung verantwortlich zeigen. So habe ich dies in Appenweier praktiziert. In Achern stehen mittelfristig noch immer hohe Investitionen an. Aber natürlich muss es ebenfalls weiterhin das Ziel der Kommune sein, den Haushalt selbstbestimmt im Griff zu haben. So dass die Bürgerinnen und Bürger nicht über Gebühr belastet werden und die lokale Wirtschaft vor Ort gut funktioniert. Da geht es um Infrastruktur und Arbeitsplätze. Letztendlich ist es bei aller Strategie immer eine Wellenbewegung der Wirtschaft, bei der man entsprechend punktuell in die Verschuldung geht, aber diese wieder zurückführt und man die Gelegenheit bekommt, phasenweise schuldenfrei zu sein.

Ortenau Journal: Jugendliche brauchen eigene Räume, wo sie sich entwickeln und entfalten können. Oder einfach, um sich aufzuhalten. In Achern gibt es einen Jugendtreff. Reicht das aus für die Szene oder gibt es darüber hinaus Angebote für Jugendliche?

Manuel Tabor: Wir sind da in Achern sehr gut aufgestellt. Wir haben einen zentralen Jugendtreff (Instagram-Profil) am Stadion mit entsprechendem Personal, das Projekte mit den Jugendlichen initiiert. Darüber hinaus haben wir in den Ortsteilen Jugendräume, die über die Ortsverwaltungen zur Verfügung gestellt werden. Das Ganze steht und fällt immer etwas mit der jeweiligen Jugendgeneration vor Ort. Manchmal werden sie intensiv genutzt und sind im Zentrum des jeweiligen Orts. Es gibt aber auch weniger nachgefragte Einrichtungen. Manchmal treffen sich die Cliquen auch zentral in der Innenstadt oder im schulischen Kontext. Wir haben ein jährlich stattfindendes Jugendhearing mit dem OB und regelmäßige Jugendstammtische. Da können die Themen direkt an die politisch Verantwortlichen transportiert werden. Das sind zum Teil sehr individuelle Fragestellungen, wo beispielsweise mal ein Streetball-Feld, ein Volleyballfeld oder eine Skater-Anlage gewünscht wird. Aber eine homogene Gruppe „Die Jugendlichen“ gibt es nicht, sondern es sind ganz unterschiedliche Interessen. Als politisch Verantwortlicher muss man versuchen, den größten Bedarf zu identifizieren. Gerade bei der aktuellen Haushalts- und Finanzlage kann man nicht alle Wünsche erfüllen. Aber zumindest die Dinge, die einfach zu lösen sind. Da ist die Vernetzung mit den Schulen ganz wichtig. Ich meine, dies funktioniert in Achern ganz gut.

Jugendliche

Achern ist laut Manuel Tabor in der Jugendarbeit gut aufgestellt. Foto: freepik

Ortenau Journal: Sie hatten im OB-Wahlkampf die Erarbeitung eines Standortmarketingkonzepts angekündigt. Wurde das Vorhaben schon umgesetzt?

Manuel Tabor: Nein, noch nicht.

Ortenau Journal: Das wird aber kommen.

Manuel Tabor: Wir hatten es bereits in der Diskussion, es aber aufgrund der Haushaltslage nicht weiter verfolgt. Derzeit geht es darum Pflichtaufgaben abzuarbeiten. Die Beratungen zum nächsten Doppelhaushalt stehen an. Es wird sich zeigen, ob das Gremium diesen Schwerpunkt in den nächsten zwei Jahren setzt. Ich hätte aber Verständnis, wenn man es aufgrund der Haushaltslage weiter verschiebt. Die Stadt Achern kann sicher auch noch gut ein paar Jahre ohne gesamtheitliches Standortmarketingkonzept erfolgreich bestehen. Momentan stehen andere Herausforderungen im Fokus.

Ortenau Journal: Sie sind ausgebildeter Wirtschaftsförderer. Wie läuft es mit der Ansiedlung neuer Unternehmen in der Stadt und wie läuft es mit der Belegung der Gewerbeflächen im Einkaufszentrum „Badischer Hof“?

Manuel Tabor: Wir sind als Wirtschaftsstandort bemüht, am Puls der Zeit zu sein, also direkt an den Unternehmen. Mehrmals im Jahr gibt es dazu die Acherner Wirtschaftsgespräche. Die wichtigste Aufgabe der Wirtschaftsförderung ist zunächst immer die Bestandspflege. Komplette Neuansiedlungen sind eher selten. Zum einen, weil es nur wenige Firmen gibt, die beispielsweise aus dem Ausland in den Wirtschaftsstandort Deutschland investieren und dann auch nach Achern kommen. Stattdessen gibt es meist die klassische Nahverlagerung. Das heißt, ein Unternehmen zieht aus den Schwarzwaldtälern aufgrund von Platzmangel und besserer Anbindung in Richtung der Autobahnzufahrt. Das ist auch in Achern der größte Teil der Neuansiedlungen. Volkswirtschaftlich für Deutschland im Übrigen ein Nullsummen-Spiel. Wichtig ist dennoch, dass wir als Stadt Flächenangebote machen können, wenn Unternehmen expandieren wollen, dann muss es meist schnell gehen. Wir sind daher bemüht, unsere Gewerbegebiete zu erweitern. Solche Prozesse erfordern leider viel Zeit und Bürokratie. Die gesamtwirtschaftliche Lage ist alles andere als rosig, so dass aber die Nachfrage nach Expansion oder Ansiedlungen derzeit überschaubar ist.

Ortenau Journal: In Lahr gibt es ja die StarkLahr GmbH mit dem Gründerzentrum InnoLab33. Es gibt also durchaus Unternehmensgründungen. Die Zahl der Startups ist steigend. Aber das kann man wahrscheinlich nicht auf Achern übertragen. Gibt es hier so etwas wie eine Gründerszene?

InnoLab33

Vorbild für Achern? Das Gründerzentrum InnoLab33 in Lahr. Visualisierung: Meurer Architektur

Manuel Tabor: Wir haben bereits ein Haus des Marketings, wo sich Neugründungen einmieten können, um zu prüfen, ob das Geschäftsmodell funktioniert und sie gegebenenfalls erfolgreich wachsen können. Darüber hinaus sind wir permanent in Kontakt mit der lokalen Wirtschaft. Gründerzentrum ist ein sehr großes Wort, wir haben jedenfalls Startups im Fokus. Allerdings spielt das Stichwort Startups für die kommunale Wirtschaftsförderung unterm Strich keine bedeutende Rolle. Dies belegen alle Statistiken – nach fünf Jahren ist die Zahl der Startups, die noch am Markt aktiv sind, recht überschaubar. Mal hat das Geschäftsmodell nicht funktioniert, oder das Startup ist schlichtweg von einem etablierten Mitbewerber übernommen worden oder hat fusioniert. Natürlich gibt es immer mal die ein oder andere Firma, die neu entsteht und auch medial gehyped wird. Und natürlich muss man solchen Unternehmen immer eine Chance geben, dies gilt auch für den Standort Achern.

Ortenau Journal: Die Voraussetzungen für die Gewinnung von Fachkräften für Unternehmen in der Stadt ist ausreichend bezahlbarer Wohnraum. Wie ist der Stand bei dem Vorhaben, eine Städtische Wohnbaugesellschaft zu gründen?

Manuel Tabor: Wir haben das im Gemeinderat diskutiert und unsere baupolitischen Ziele evaluiert. Wie wirken die Instrumente am Markt, die die Stadt Achern vor Jahren eingeführt hat? Dazu wird im Frühjahr 2026 die ein oder andere Entscheidung getroffen werden. Was eine eigene Wohnbau-Gesellschaft angeht, muss man das genau abwägen. Das habe ich im OB-Wahlkampf immer gesagt. Weil die Gründung einer Wohnbaugesellschaft natürlich auch zunächst viel Geld kostet. Man braucht Grundkapital und Wohnungen. Ich muss entweder am Markt Bestandsimmobilien erwerben oder brauche Flächen, um selbst neue Wohnungen bauen zu können. Um es kurz zu machen: Dazu ist die Stadt Achern derzeit finanziell nicht in der Lage. Wir prüfen gerade, welche Möglichkeiten wir als Stadt dennoch haben, um kurzfristig am Markt – zumindest indirekt – aktiv zu werden und parallel, wie unsere langfristige Strategie aussehen soll. Auch dazu wird der Gemeinderat Entscheidungen treffen. Im Hinblick auf Fachkräftemangel unterstützen wir unsere etablierten Unternehmen, beispielsweise die Firma Hodapp bei der Ausweisung von Betriebswohnungen. Das haben wir bereits öffentlich beraten und beschlossen. Es geht um Fachkräfte am Standort Großweier, die derzeit auch aus dem Ausland kommen und kurzfristig Wohnraum benötigen. Da gibt es schon Nachfrage von unseren großen Industriebetrieben. Es ist aber nicht nur eine Frage für die Fachkräfte, sondern insgesamt für die Gesellschaft. Es muss Sozialer Wohnungsbau oder Preisgünstiges Wohnen, wie wir es in Achern nennen, entstehen, der unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete angeboten wird. Im Hochpreissegment haben wir, wie die meisten anderen Städte, keine Probleme.

Ortenau Journal: Wie steht es um die Sicherheit in Achern im öffentlichen Raum?

Manuel Tabor: Wenn man sich die offiziellen Zahlen anschaut, sieht es gut aus um die öffentliche Sicherheit. Wir stehen als Ortspolizeibehörde im engen Austausch mit dem Polizeirevier und haben mit dem Ordnungsamt und dem Kommunalen Ordnungsdienst eigene Kapazitäten. Diese haben wir seit meinem Amtsantritt endlich voll besetzt. D. h. wir haben selbst vor Ort die Möglichkeit, Präsenz zu zeigen, uns ein Bild der Lage zu machen und gemeinsam mit der Polizei abgestimmte Aktionen durchzuführen. Das wurde im vergangenen Jahr beispielsweise notwendig, als sich in der Illenau eine Poser-Szene etabliert hatte. Diese Problemlage hatten wir in diesem Jahr nicht so ausgeprägt. Ansonsten gibt es natürlich – unabhängig von der Polizeistatistik – ein subjektives Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung, das durchaus etwas anderes aussagen kann. Es gibt im Stadtgebiet durchaus Angsträume, wie beispielsweise den Stadtgarten bei Nacht oder das Bahnhofsareal. Hier würde man sich ein Stück weit mehr Polizeipräsenz, mehr Licht oder Videoüberwachung wünschen. Gerade jetzt im anstehenden Winter mit den dunklen Monaten.

Polizeibeamte

Die Stadt Achern steht in engem Austausch mit dem Polizeirevier. Foto: pixabay

Ortenau Journal: Achern verfügt noch über keine etablierte Stadtmarke und kein Logo. Man weiß nicht so recht, wofür Achern steht, abgesehen von der Illenau. Doch das Thema ist vielschichtiger. Um das Stadtmarketing weiterzuentwickeln, arbeitet Achern mit einer Agentur zusammen und plant, in Kooperation mit Achern aktiv e. V., eine professionelle Neuausrichtung. Wie weit ist der Prozess vorangeschritten?

Manuel Tabor: Da muss man differenzieren. Wir arbeiten nicht mit einer Agentur zusammen, die uns in Sachen Stadtmarketing berät, wie in Oberkirch geschehen. Die Stadtmarke muss vielmehr das Ergebnis des strategischen Stadtmarketingprozesses sein. Ich glaube allerdings schon, dass man weiß, für was Achern steht! Die Stadt ist nicht umsonst in der IHK-Statistik eines der attraktivsten Mittelzentren unserer Größenordnung. Richtig ist, dass wir mit Achern Aktiv – unserem Werbering – also einem Zusammenschluss der Einzelhändler in der Innenstadt, eng zusammenarbeiten. Beispielsweise wenn es um konkrete Aktionen oder allgemein die Belebung der Innenstadt geht. Da haben wir schon viel getan und Dinge auch in der Zuständigkeit neu geregelt. Beispielsweise geht der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr erstmal direkt in die Verantwortung der Stadt über. Dieser wurde bisher von Achern Aktiv ehrenamtlich mitorganisiert. Wir wollen in Zukunft bei Großveranstaltungen auch wieder Public Viewing anbieten. Das muss über die Stadt laufen. Wir haben also schon einige Dinge angepasst, aber nicht in Puncto Stadtmarke. Derzeit schreiben wir unser Einzelhandelskonzept mit breiter Bürgerbeteiligung fort. Ziel ist es, Achern als Einkaufsstadt attraktiv zu halten und kommunalpolitisch die richtigen Weichen zu stellen.

Ortenau Journal: Die Website der Stadt Achern wirkt etwas angestaubt. Wird es in absehbarer Zeit eine zeitgemäße Website für Achern geben?

Manuel Tabor: Die Website ist in der Tat im Fokus. Das aktuelle Angebot entspricht zwar allen Vorgaben. Sie ist barrierefrei und hat alle Funktionalitäten, die wir haben sollten und müssten. Auf der anderen Seite bin ich bei ihnen. Die Website könnte noch etwas funktionaler und ansprechender gestaltet werden. Wir als Verwaltung haben das im Blick und melden es bei den anstehenden Beratungen im Doppelhaushalt an. Auch für einen Relaunch braucht man natürlich etwas Budget. Die Homepage ist ja heutzutage praktisch das Aushängeschild für eine Stadt. Wenn sich jemand über eine Suchmaschine über einen Standort informiert – egal zu welchem Thema – taucht die Homepage der Stadt auf. Von daher halte ich es auch in Zeiten mit angespannter Haushaltslage für sinnvoll, in die Website zu investieren.

Siehe auch hier:

Richtfest für Klinikneubau Achern nach nur 18 Monaten Bauzeit – Projekt im Zeit- und Kostenrahmen

Von ‚kafa ulaya‘ bis ‚Sackgeld‘: Acherner Print-Stadtmagazin „horni“ überzeugt mit Subkultur

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