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Naturpark startet Humus-Wasser-Modellregion: Landwirtschaft soll resilienter gegen Klimastress werden

Humus-Wasser-Modellregion Beteiligte
© Gundi Woll/Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord e. V.
Im Kinzigtal entsteht eine Modellregion, die zeigen soll, wie Landwirtschaft aktiv auf den Klimawandel reagieren kann. Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord bringt Gemeinden, Betriebe und Wissenschaft zusammen, um Böden widerstandsfähiger zu machen, Humus aufzubauen und Wasser besser zu speichern. Landwirtschaft wird widerstandsfähiger gegen Extremwetterereignisse. Das Projekt soll Lösungen entwickeln, die über die Region hinaus wirken – und Landwirt:innen langfristig stärken.
Modellregion geplant

Um wirksame Lösungswege für eine klimaangepasste Landwirtschaft zu erarbeiten, startet der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord mit Kommunen und landwirtschaftlichen Betrieben im Kinzigtal (Ortenaukreis) sowie Fachleuten aus Wissenschaft und Beratung eine Humus-Wasser-Modellregion. Das schreibt der Naturpark in einer Pressemitteilung.

Häufigere Extremwetterereignisse

Starkregen- und Hochwasser-Ereignisse sowie Dürren werden demnach für die Landwirtschaft zunehmend zur Herausforderung. Die Extremwetter-Ereignisse, die im Zuge des Klimawandels künftig häufiger auftreten werden, verursachen Ernteausfälle und Überschwemmungen. Dies stelle für Landwirtinnen und Landwirte vor betriebs- und volkswirtschaftliche Herausforderungen.

Gemeinden und Partner

Zum Auftakt gab es ein Treffen der Projektpartner in Ohlsbach, an dem neben Bürgermeister:innen der Gemeinden Fischerbach, Oberharmersbach, Ohlsbach, Hofstetten, Ortenberg auch der Ortsvorsteher von Gengenbach-Reichenbach sowie Max Fahrendorf von Triebwerk, einem Beratungsunternehmen rund um Agroforstsysteme, teilnahmen. Stellvertretend für die Kooperationspartner werden das Amt für Landwirtschaft des Landratsamts Ortenaukreis und der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) genannt.

Erhöhte Wasserhaltekapazität

Das Bündnis plane Humusaufbau und wasserleitende Maßnahmen. Auf diese Weise werde das Wasser über die Fläche geleitet und bei Starkregen zurückgehalten. Der Humusgehalt der Flächen trage maßgeblich zur Wasserhaltekapazität der Böden bei. Gleichzeitig speichere humusreicher Boden CO2, indem er abgestorbene Pflanzenreste langfristig bindet.

Extremwetter

Humusreicher Boden kann mehr Wasser aufnehmen. Foto: freepik

„Widerstandsfähig gegen Extremwetter“

Maßnahmen für den Humusaufbau und den Erhalt vorhandener Humusanteile werden im Rahmen des Projekts auf ihre Übertragbarkeit für die Landwirtschaft innerhalb der Naturpark-Kulisse sowie darüber hinaus geprüft. „Indem Landwirtinnen und Landwirte Humus auf ihren Äckern aufbauen, machen sie diese widerstandsfähiger gegen die immer häufiger auftretenden Extremwetter-Ereignisse. Damit sorgen sie dafür, dass ihre Böden fruchtbarer sind. Auf diese Weise stabilisieren sie ihre Erträge“, wird der Geschäftsführer des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, Karl-Heinz Dunker, zitiert.

„Hohe Bereitschaft“

„Mit der Modellregion bieten wir unseren Bauern eine Perspektive. Damit setzen wir einen Anreiz, Höfe fortzuführen und nicht aufzugeben“, unterstreicht der Ortsvorsteher von Reichenbach, Markus Späth. Und der Bürgermeister der Gemeinde Hofstetten, Martin Aßmuth, berichtet: „Die Bereitschaft unserer Landwirtinnen und Landwirte ist sehr groß, neue Ideen und Ansätze auszuprobieren.“

Unterstützung durch Badenova Innovationsfonds

Das Projekt werde gefördert durch den Innovationsfonds Klima- und Wasserschutz der badenova. Das Energieunternehmen unterstütze die Arbeit des Naturparks bereits seit zehn Jahren. Warum die Wahl auf das Naturpark-Projekt fiel, begründet der Leiter des badenova Innovationsfonds, Richard Tuth, mit der Beteiligung unterschiedlicher, regionaler Akteure, die gemeinsam das zentrale Thema Wasserschutz angehen. Das Projekt habe Vorbildcharakter und soll langfristig nachhaltige Strukturen etablieren.

„Das Förderprojekt zeigt, wie Wissenschaft, Kommunen und Landwirte gemeinsam Lösungen schaffen, die über den Klimaschutz hinausgehen und einen wertvollen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft in unserer Region leisten“, fasst Tuth zusammen.

Extremdürre

Das Projekt soll die Landwirtschaft klimaresilienter machen. Foto: freepik

Modellregion im Kinzigtal

„Unsere Region steht traditionell für eine starke kleinbäuerliche Landwirtschaft, für nachhaltige Strukturen und ein hohes Maß an Zusammenhalt. Mit diesem Projekt entwickeln wir diese Stärken weiter – hin zu einer innovativen Region, die neue Wege im Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels geht“, sagt der Stellvertretende Naturpark-Vorsitzende

Auf das gute Zusammenspiel innerhalb der Modellregion verweist der Bürgermeister der Gemeinde Ohlsbach, Bernd Bruder. „Unsere Gemeinde hat die landwirtschaftliche Fläche. Uns fehlen jedoch ausreichend Landwirte, die die Flächen bewirtschaften. Da Reichenbach noch zwölf Landwirte im Vollerwerb hat, können wir uns hier sehr gut gegenseitig aushelfen“, erläutert Bruder.

Info: Hoher Humusanteil macht Böden klimafit

Ein wichtiger Aspekt widerstandsfähiger Böden ist der Humusanteil. Dieser besteht aus zersetzten tierischen und pflanzlichen Substanzen. Humus entzieht der Atmosphäre klimaschädliches CO2. Durch eine Erhöhung des Humus-Gehalts im Boden um nur ein Prozent werden der Atmosphäre pro Hektar etwa 50 Tonnen CO2 entzogen. Dauergrünland ist der Landschaftstyp, der mit 181 Tonnen pro Hektar die größte Speicherkapazität an organischem Kohlenstoff aufweist. Gefolgt von Waldboden (100 Tonnen pro Hektar) und Ackerboden (95 Tonnen pro Hektar).

Zudem ist Humus ein hervorragender Wasserspeicher und fördert die Biodiversität. Ein humusreicher Boden kann 150 Liter Wasser pro Stunde aufnehmen. Böden die in gutem Zustand sind, fördern zudem die Regenwurm-Population.

Landwirt:innen

Landwirt:innen können sich ab sofort für die Modellregion bewerben. Foto: freepik

So unterstützt der Naturpark die Modell-Betriebe

Individuell auf den jeweiligen Betrieb zugeschnitten, sollen Fachleute ein Konzept mit humusaufbauenden Maßnahmen erstellen. Die teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte entscheiden jedoch selbst, welche Ansätze sie auf Ihrem Betrieb verfolgen und umsetzen wollen. Der Naturpark unterstützt durch professionelle Beratung, wissenschaftliche Begleitung, Feldtage und Seminare sowie finanziell.

Der Naturpark nennt diese Einzelmaßnahmen:

  • Bis zu zehn Stunden bodenfachliche Beratung, Weiterbildungen durch Feldtage und Seminare sowie Veranstaltungen zu Boden-Analysen und Boden-Ansprache
  • Vermittlung von umfassendem Boden-Wissen
  • Kontinuierliche Unterstützungs- und Austausch-Möglichkeit bei der Umsetzung von humusaufbauenden Maßnahmen
  • Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit etwa durch Feldschilder, Social Media-Beiträge oder Kontakte aus dem Vermarktungs-Netzwerk des Naturparks
  • Budget von bis zu 3.200 Euro pro Jahr für die Teilnahme an Weiterbildungen, Raum-Nutzung, Beteiligung an Austausch-Formaten und der Entwicklung von Leitfäden (organisiert durch den Naturpark)

 

Landwirtschaftliche Betriebe können sich ab sofort bewerben

Landwirtinnen und Landwirte mit einem Betrieb im Kinzigtal können sich ab sofort beim Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord per E-Mail an kloeble@naturparkschwarzwald.de bewerben. Folgende Informationen sollte das Bewerbungsschreiben enthalten: Betriebsstruktur, Motivation für die Teilnahme und Themen, die für den Betrieb von besonderem Interesse sind.

Foto:

Hintere Reihe v. l.: Oberharmersbachs Bürgermeister & Stellv. Naturpark-Vorsitzender Richard Weith, der Erste Landesbeamte des Ortenaukreises Dr. Nikolas Stoermer, der Naturpark-Geschäftsführer Karl-Heinz Dunker, Hofstettens Bürgermeister Martin Aßmuth, Richard Tuth vom Innovationsfonds Klima- und Wasserschutz der badenova, und die Naturpark-Fachbereichsleiterin Klimaschutz und Klimaanpassung Helena Böddeker.

Vordere Reihe v. l.: Ohlsbachs Bürgermeister Bernd Bruder, Ortenbergs Bürgermeisterin Amalia Lindt-Herrmann, Reichenbachs Ortsvorsteher Markus Späth, die Naturpark-Projektmanagerinnen Helen Orth und Irmela Klöble und Fischerbachs Bürgermeister Thomas Schneider.

Siehe auch hier:

Minister Peter Hauk: „Heimat kann nur dort entstehen, wo sich Mensch, Natur und Kultur begegnen“

Naturpark und Nationalparkregion Schwarzwald rücken enger zusammen

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