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Nach öffentlichem Streit und Spekulationen: Jetzt zeigt sich die „Obere Linde“ online in Top-Zustand

Hotel "Obere Linde"
© Wolfgang Huber
Die „Obere Linde“ ist zurück im Rampenlicht – und das digital: Auf der Website von Pohl Immobilien in Kiel wird das traditionsreiche Hotel im Herzen Oberkirchs eindrucksvoll präsentiert – mit virtuellen Rundgängen, Videos und detaillierten Einblicken in Räume, Historie und Potenzial. Nach öffentlichem Streit und Spekulationen um Zwangsversteigerung ist das Hotel nun offiziell für 4,9 Mio. Euro im Verkauf. Die Online-Präsentation zeigt: Die „Obere Linde“ ist in Top-Zustand und bereit für ein neues Kapitel.

Von Wolfgang Huber

Nach dem im vergangenen Jahr ein öffentlicher Streit zwischen der Eigentümerfamilie der Oberen Linde um Elisabeth Dilger, der Stadt Oberkirch mit OB Gregor Bühler sowie dem Anwalt des Schweizer Immobilieninvestors Markus Schleutermann, Thomas Oelmayer für monatelange Schlagzeilen sorgte, ist es zwischenzeitlich um das Romantik-Hotel im Herzen Oberkirchs ruhig geworden. Letzter Anhaltspunkt war die Gerichtsverhandlung am 8. November 2024 vor dem Amtsgericht Oberkirch. Da sollten die Grundschuldbriefe des Gläubigers Markus Schleutermann, die ihm offenbar länger zuvor schon abhanden gekommen waren, gelöscht werden.

Wiederbelebung des Kulturguts

Im Raum stand auch eine vom Oberbürgermeister angedrohte Zwangsversteigerung, ein Kaufangebot der Stadt an Thomas Oelmayer sowie ein anderer möglicher Verkauf an die Koehler Paper Group. Genannt wurde ein Kaufpreis von einmal 3,5 Millionen Euro und in einem zweiten Fall von drei Millionen Euro. Aufgrund angeblich von Elisabeth Dilger ausgeschlagenen Gesprächsangeboten habe damals die Stadt versucht, das Kulturgut „Obere Linde“ wiederzubeleben. Von Gregor Bühler hieß es im Juli 2024 auf Anfrage: „Für die Stadt Oberkirch und ihn sei eine tragfähige Lösung immer eine Herzensangelegenheit gewesen. Leider bröckelt nun die Fassade – im übertragenen wie wörtlichen Sinn.“

Nur Nebelkerzen?

Der Oberbürgermeister sei noch im Oktober 2024 von einer Zwangsversteigerung ausgegangen, sie er gegenüber dem Ortenau Journal verlauten ließ. Doch neueste Entwicklungen lassen darauf schließen, dass dies möglicherweise Nebelkerzen und Ablenkungsmanöver gewesen sein könnten. Denn seit wenigen Tage bietet die Eigentümerfamilie Dilger das Hotel über Karl-Hein Pohl Immobilien aus Kiel zum Kauf an. Als Kaufpreis werden 4,9 Millionen Euro genannt.

Auch wenn unserer Redaktion der Ausgang der Verhandlung vom 8. November 2024 mit der geplanten Löschung der Grundschuldbriefe nicht bekannt ist, ist nun davon auszugehen, dass Markus Schleutermann weder über einen Grundbucheintrag verfügte, noch ihm daraus ableitend die Beantragung eines neuen Grundschuldbriefes noch die wiederum daraus abzuleitende Zwangsvollstreckung möglich war. Sonst hätte er davon sicher längst Gebrauch gemacht. Immerhin war damals schon von größter Eile die Rede, angesichts des angeblich schlechten baulichen Zustands der „Oberen Linde“ und des Imageverlusts für Oberkirch.

Detailliertes Bild vom Zustand des Hotels

Elisabeth Dilger hatte stets betont, dass OB Bühler keine Zwangsversteigerung androhen könne, da er ja gar keine titulierten Forderungen gegen sie habe. Seine Aussage von einer „bröckelnden Fassade – im übertragenen wie wörtlichen Sinn“ hatte sie mit dem Hinweis auf eine „hervorragende Bausubstanz“ zurückgewiesen: „Davon können sich die Bürger selbst überzeugen.“ Tatsächlich können sich eben jene Bürger jetzt tatsächlich selbst ein detailliertes Bild vom Zustand des Traditionshauses „am Fuße des Schwarzwaldes, nahe Straßburg, Freiburg und Baden-Baden“ machen. Auf der Website von Pohl Immobilien wird das Hotel auf dem 5.400 großen Grundstück und mit der 3.000 m² bebauten Nutzfläche in Wort und Bild ausführlich angepriesen (Website Karl-Heinz Pohl Immobilien). Auch im Portal kleinanzeigen.de ist das Angebot zu finden.

Reise durch die Geschichte

Zunächst zeigt Pohl Immobilien zwei Videos, eines davon mit der Eigentümerin Elisabeth Dilger, die den Betrachter mitnimmt auf eine Reise durch die 380-jährige Geschichte des Hauses. Mit eindrücklichen visuellen Rundgängen wird die „Obere Linde“ außerdem in allen Facetten vorgestellt. Angefangen von der Außenansicht aus verschiedenen Blickwinkeln, über die Top ausgestattete Küche, die Hotelzimmer, das Restaurant, den Keller bis zu den Veranstaltungsräumen und dem ausbaufähigen Dachstuhl.

1a-Zustand wird ersichtlich

Dabei fällt auf, dass die „Obere Linde“ – den Unkenrufen zum Trotz – einen 1a-Zustand vorweist. Alle Räumlichkeiten stellen sich als völlig intakt, sauber und gebrauchsfertig dar und lassen eine intensive Pflege und einen hohen Instandhaltungsaufwand durch die Familie Dilger erahnen. Ein Schwenk über die schicke und einladende Hotelbar mit einer Zapfsäule der Brauerei „Bauhöfer“ lässt sicher viele Ex-Hotelgäste in Nostalgie schwelgen, die in früheren Jahren in dem Fachwerkgebäude zu Gast waren und sich nun von den Bildern im Netz in die Vergangenheit zurückversetzt fühlen dürften.

Anruf aus Stuttgart

Dass die 1644 erbaute „Obere Linde“ weit über die Ortenau hinaus bekannt ist und immer noch über ein weitreichendes Potenzial verfügt, zeigt ein Anruf, der die Redaktion vor wenigen Wochen aus Stuttgart erreichte. Darin wollte ein am Schicksal des Hauses interessierter älterer Herr und ehemaliger Hotelgast wissen, ob es bereits einen neuen Sachstand gibt. Er habe im Sommer des vergangenen Jahres mit Spannung die Berichte im „Ortenau Journal“ gelesen und seither nichts Neues mehr gelesen oder gehört.

Eindrückliche Aufnahmen

Auf der Website von Pohl Immobilien zeigt der Rundgang eindrückliche Bilder, etwa vom Restaurant, der Terrasse oder vom immer noch beeindruckenden 275 großen Festsaal. Wie viele Feste, Hochzeiten, Weihnachtsfeiern oder Konzerte haben hier im Laufe der Jahre stattgefunden, an die sich noch immer viele Oberkircher und Nicht-Oberkircher gerne erinnern? 1966 wurde hier der SV Oberkirch vom damaligen Bürgermeister Erwin Braun empfangen und feierte die Meisterschaft in der 1. Amateurliga Südbaden. Diese Zeiten liegen schon lange zurück, doch tatsächlich könnte schon ein bald getätigter Kaufabschluss das „Obere Linde-Feeling“ wieder aufleben und Wirklichkeit werden lassen.

Interessante Einblicke

Die Veranstaltungsräume bieten laut der Website Platz für bis zu 120 Gäste, sei es für Tagungen, Seminare oder private Feiern – „mit moderner Technik und stilvollem Ambiente“. Auch die Hotelzimmer, die noch nicht jeder gesehen hat, der sich das gehobene Preisniveau nie leisten konnte, bieten interessante Einblicke. Mit einer „harmonischen Mischung aus klassischen und modernen Zimmern, verteilt auf drei Etagen“ präsentieren sich die Zimmer mal gemütlich-traditionell, stilvoll-modern oder luxuriös und mit „beeindruckendem Ausblick“.

Einst Kulisse für „Verstehen sie Spaß“

Doch es gibt noch mehr zu sehen. So wird der großzügige Konferenzraum gezeigt mit „inspirierender Atmosphäre für erfolgreiche Meetings, Workshops oder Konferenzen“. Die Familie Dilger respektive Pohl Immobilien bieten das „weit über die Stadtgrenze hinaus bekannte Hotel“, in dem schon Albert Schweizer und Tina Turner zu Gast waren und die TV-Sendung „Verstehen Sie Spaß?“ produziert wurde, als Business-Hotel, Touristen-Unterkunft oder Seniorenresidenz an.

Erweiterungspotenzial vorhanden

Dass das Hotel zeitnah eröffnet werden könnte, dämmert dem Betrachter auf Anhieb, zu perfekt, zeitgemäß und gleichzeitig geschichtsträchtig präsentieren sich die Räume. Ein möglicher Investor kann demnach sogar noch expandieren. Denn neben der „unbebauten Fläche von 1.700 m², die Platz für den Bau von 20 zusätzlichen Zimmern bietet, sind im bestehenden Gebäude bereits 16 weitere Zimmer vorbereitet“. Sämtliche Anschlüsse seien gelegt, sodass der Ausbau durch einfachen Trockenbau schnell und kosteneffizient realisiert werden könne, heißt es weiter.

„Exklusive Wellnessoase“

Außerdem würden die Dachgeschossräume im Haus 2 eine hervorragende Grundlage für kreative Nutzungsmöglichkeiten bieten. Man könne sie mit minimalem Aufwand ausbauen, so die Angaben. Und unter dem Seminarraum befindet sich Pohl Immobilien zufolge eine bestehende Hallenbad-Konstruktion, die das Potenzial für eine exklusive Wellnessoase biete. Mit geringem Aufwand könne hier ein einladendes Hallenbad entstehen. Das klingt nach einem großen Potenzial.

Fragwürdige Aussagen vom OB

Vor dem Hintergrund des durch das Verkaufsangebot in völlig neuem Licht erscheinenden Hotels wirken die 2024 getätigten Äußerungen von Bühler, Oelmayer und Schleutermann eher fragwürdig. Elisabeth Dilger hatte vermutet, dass Gregor Bühler mit seinen öffentlich getätigten Äußerungen zur „bröckelnden Fassade“ und möglichen Zwangsversteigerung den Preis drücken wollte. Doch zu welchem Zweck? Um „irgendeinen für ihn günstigeren Deal“ zu erreichen“, wie es Dilger damals ausdrückte? Und dass der OB für 2025 die Zwangsvollstreckung erwartete, sei schlicht Rufmord.

Angemessener Preis

Der Vater von Markus Schleutermann, der Investor und langjährige Freund der Familie Julian Schleutermann, habe vor seinem Tod 2016 den Dilgers eindringlich geraten, nicht unter sechs Millionen Euro zu verkaufen. Diese Summe wird mit dem nun aufgerufenen Preis von 4,9 Millionen Euro zwar nicht erreicht, liegt aber deutlich über den von der Stadt 2024 genannten drei bzw. 3,5 Millionen Euro. Darauf kann sich nun jeder selbst einen Reim machen.

Steht Wiedereröffnung bald bevor?

Doch den im Zuge des Online-Angebots visualisierten Eindrücken nach zu urteilen, erstrahlt die „Obere Linde“ in vollster Blüte und kann jederzeit erworben und wiedereröffnet werden. Für eine aktuelle Stellungnahme sah Elisabeth Dilger am Freitag die Zeit noch nicht gekommen. Doch nach und nach scheint sich der Nebel um den traditionsreichen Gästemagnet zu lichten und eine Wiedereröffnung scheint nur noch eine Frage der Zeit. Dann wäre Oberkirch wieder um eine Attraktion reicher und das Stadtbild mit der sich in letzter Zeit immer stärker belebenden Innenstadt würde noch ein weiteres Stückchen attraktiver werden.

Siehe auch hier:

Streit um „Obere Linde“-Verkauf eskaliert

„Obere Linde“: OB Bühler droht mit Zwangsversteigerung

„Abzocke“: Eine Lösung im Streit um die „Obere Linde“ ist weiter nicht in Sicht

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