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Friedensinitiative

Manifest: Das „European Peace Project“ ruft an 10.000 Orten in Europa am 9. Mai den Frieden aus

1. Mai Demo
© European Peace Project
Die europaweit organisierte Aktionsgemeinschaft „European Peace Project“ will mit einem „Manifest – Friedensprojekt Europa“ den Frieden in Europa ausrufen und fordert einen in diesem Sinne jährlichen Feiertag am 9. Mai für alle Europäer. Hierzu lädt die Gruppe Interessierte ein. Die Aktion findet nicht zentral statt, sondern an 10.000 Orten in ganz Europa, darunter auch Kehl-Straßburg. Unter den Begriff Europa falle nicht nur die EU, sondern auch die Ukraine und Russland. Initiatorin ist die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot.

Von Wolfgang Huber

Nach wie vor scheint ein Waffenstillstand, geschweige denn echter Frieden, weit und breit nicht in Sicht. Stattdessen rüsten Europa, der Westen, Russland, die Ukraine sowie China, Nordkorea und die gesamte Welt auf. Erst vor einer Woche hat das Friedensforschungsinstitut SIPRI die neue Statistik veröffentlicht, über die das Online-Portal der Tagesschau berichtet hat. So gaben die Staaten 2024 mehr als 2,7 Billionen US-Dollar – und damit 9,4 Prozent mehr als im Vorjahr – für Raketen, Panzer, Drohnen, Kriegsschiffe & Co. aus.

Vertrauen in die Politik verloren

Auch in Deutschland und in Europa ist von Friedensinitiativen nichts zu sehen. Der deutsche Verteidigungsminister spricht davon, das Land „kriegstüchtig“ machen zu wollen, der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz stellt die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine in Aussicht und die Nato, der Westen und die EU unterstützen grundsätzlich einen Beitritt der Ukraine zum Militärbündnis. Dies könnte den Konflikt jedoch noch mehr anheizen.

Diese Gemengelage nimmt die Aktionsgemeinschaft „European Peace Project“, eine Initiative der Publizistin und Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot, zum Anlass, den europäischen Regierungen und Politkern das Vertrauen zu entziehen und an 10.000 Orten den Frieden auf Basis einen Manifests auszurufen. Die Verlesung des Manifests in unterschiedlichen Sprachen erfolge am 9. Mai 2025 um 16:30 Uhr auch auf der „Passerelle de deux rives“ Kehl-Straßburg.

Manifest in mehreren Sprachen

Nach einführenden Worten und Musikstücken auf der Mittelplattform der Passerelle – bei Regen unter der Brücke auf deutscher Seite – würde um 17 Uhr die Ausrufung des „Manifest – Friedensprojekt Europa“ in mehreren Sprachen erfolgen. Zeitgleich werde das „Manifest – Friedensprojekt Europa“ an weiteren symbolträchtigen Orten in ganz Europa ausgerufen – vom Eiffelturm in Paris bis zum Kolosseum in Rom, von der Akropolis in Athen bis zum Brandenburger Tor in Berlin, heißt es in einer Pressemitteilung des „European Peace Project“.

Die Ausrufung des „Manifests – Friedensprojekt Europa“ auf der „Passerelle de deux rives“ rücke zudem die Bedeutung der Deutsch-Französischen Freundschaft für ein geeintes Europa in den Blickpunkt und erinnere durch die Nähe zum Europa-Parlament zugleich daran, dass nur ein demokratisches Europa im Sinne der europäisches Gründungsidee ist.

Vernetzt in ganz Europa

Wie einer der zahlreichen Länderansprechpartner des Projekts, Peter Cleiß aus Oberkirch, auf Anfrage erklärt, treffe sich die Gruppe, die diese Aktion geplant hat und vorbereitet, seit etwa 5-6 Wochen per online-Videokonferenzen. Ihr würden Personen aus Deutschland, Niederlande, Schweden, Italien, Bulgarien, Frankreich, Spanien und der Schweiz angehören. „Durch die gute, europaweite Vernetzung Einzelner, haben wir aber Kontakte in nahezu alle europäischen Ländern.  Europa verstehen wir nicht als EU, sondern im Sinne der 49 europäischen Staaten.  Dazu gehören ausdrücklich auch die Ukraine und Russland“, beschreibt Cleiß die Idee.

Zukunft des europäischen Integrationsprozesses

Neben Guérot gehören auch die Linken-Politikerin Isabelle Casel und der niederländische Pilot, Grafikdesigner und Maler Peter van Stigt zu den Initiatoren. Van Stigt hat sich ironischerweise auf militärische Luftfahrtkunst spezialisiert. Die meisten seiner Bilder zeigen Militärflugzeuge. Aber nicht, weil er militärisch denke, sondern weil ihn „Aerodynamik, Technik und Flugleistung einfach faszinieren“. Der Schwerpunkt von Ulrike Guérot ist die Zukunft des europäischen Integrationsprozesses, während die Geisteswissenschaftlerin Isabelle Casel als Schwerpunktthemen ihrer bisherigen politischen Arbeit Frieden, Internationales und Europapolitik nennt.

Bereits 9.000 beteiligte Personen oder Initiativen

Derzeit hätten sich laut Cleiß über 9.000 Personen und lokale Initiativen dem Projekt angeschlossen. Diese sind, wie eine interaktive Karte auf der Website des Projekts zeigt, über ganz Europa verteilt. Es sei ausdrücklich nicht Ziel der Aktion, eine oder ein paar wenige Großveranstaltungen durchzuführen. Vielmehr soll an möglichst vielen Orten in Europa das Manifest (siehe unten) ausgerufen werden. Cleiß: „Wir wollen zeigen, dass die Bürger Europas Frieden wollen. Durch die gleichzeitige aber dezentrale Mitwirkung vieler an ganz vielen Orten in ganz Europa soll eine Wirksamkeit erzielt werden.

Bürger-Diplomatie gefordert

Der von dem Projekt verwendete Begriff Bürger-Diplomatie stehe hier als Gegensatz zu Partei- bzw. Politiker Diplomatie. Den gegenwärtig handelnden Politikern würde man nicht mehr vertrauen bzw. ihnen eine friedliche und auf Frieden ausgerichtete Politik nicht mehr zutrauen. Die Aktionsgruppe EPP (European Peace Project) habe sich speziell für die Aktion am 9. Mai um Ulrike Guérot gebildet. Eine etwaige Parteizugehörigkeit spiele bei den Mitgliedern und Unterstützern der geplanten Aktion keine Rolle und werde auch nicht nachgefragt.

„Kriegs- und Rüstungsgeschrei“

Die Gruppe eint Peter Cleiß zufolge allein die Überzeugung, dass die Europa-Idee ihrem Ursprung nach eine ausschließlich auf Frieden gerichtete Idee war und von dem gegenwärtigen „Kriegs- und Rüstungsgeschrei“ konterkariert werde. Jeder, der diese Sicht der Dinge teile, sei willkommen. In milliardenschweren Rüstungsprogrammen sehen man auch einen Widerspruch zur seinerzeitigen Begründung, wieso die EU 2012 den Friedens Nobelpreis bekommen hatte. Diese habe gelautet: „Für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa.“

Informationen zum „European Peace Project“ sind unter www.europeanpeaceproject.eu abrufbar.

Wir dokumentieren hier das „Manifest – Friedensprojekt Europa“ des European Peace Project im Wortlaut:

„Heute, am 9. Mai 2025 – genau 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der 60 Millionen Menschen das Leben kostete, darunter 27 Millionen Sowjetbürgern, erheben wir, die Bürgerinnen und Bürger Europas, unsere Stimmen! Wir schämen uns für unsere Regierungen und die EU, die die Lehren des 20. Jahrhunderts nicht gelernt haben. Die EU, einst als Friedensprojekt gedacht, wurde pervertiert und hat damit den Wesenskern Europas verraten! Wir, die Bürger Europas, nehmen darum heute, am 9. Mai, unsere Geschicke und unsere Geschichte selbst in die Hand. Wir erklären die EU für gescheitert. Wir beginnen mit Bürger-Diplomatie und verweigern uns dem geplanten Krieg gegen Russland! Wir erkennen die Mitverantwortung des „Westens“, der europäischen Regierungen und der EU an diesem Konflikt an.

Wir, die Bürger Europas, treten mit dem European Peace Project der schamlosen Heuchlerei und den Lügen entgegen, die heute – am Europatag – auf offiziellen Festakten und in öffentlichen Sendern verbreitet werden.

Wir strecken den Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine und Russlands die Hand aus. Ihr gehört zur europäischen Familie, und wir sind überzeugt, dass wir gemeinsam ein friedliches Zusammenleben auf unserem Kontinent organisieren können.

Wir haben die Bilder der Soldatenfriedhöfe vor Augen – von Wolgograd über Riga bis Lothringen. Wir sehen die frischen Gräber, die dieser sinnlose Krieg in der Ukraine und in Russland hinterlassen hat. Während die meisten EU-Regierungen und Verantwortlichen für den Krieg hetzen und verdrängen, was Krieg für die Bevölkerung bedeutet, haben wir die Lektion des letzten Jahrhunderts gelernt: Europa heißt „Nie wieder Krieg!“

Wir erinnern uns an die europäischen Aufbauleistungen des letzten Jahrhunderts und an die Versprechen von 1989 nach der friedlichen Revolution. Wir fordern ein europäisch-russisches Jugendwerk nach dem Vorbild des deutsch-französischen Jugendwerks von 1963, das die „Erbfeindschaft“ zwischen Deutschland und Frankreich beendet hat. Wir fordern ein Ende der Sanktionen und den Wiederaufbau der Nord Stream II-Pipeline. Wir weigern uns, unsere Steuergelder für Rüstung und Militarisierung zu verschwenden, auf Kosten von Sozialstandards und Infrastruktur. Im Rahmen einer OSZE-Friedenskonferenz fordern wir die Schaffung einer europäischen Sicherheitsarchitektur mit und nicht gegen Russland, wie in der Charta von Paris von 1990 festgelegt. Wir fordern ein neutrales, von den USA emanzipiertes Europa, das eine vermittelnde Rolle in einer multipolaren Welt einnimmt. Unser Europa ist post-kolonial und post-imperial.

Wir, die Bürger Europas, erklären diesen Krieg hiermit für beendet! Wir machen bei den Kriegsspielen nicht mit. Wir machen aus unseren Männern und Söhnen keine Soldaten, aus unseren Töchtern keine Schwestern im Lazarett und aus unseren Ländern keine Schlachtfelder.

Wir bieten an, sofort eine Abordnung europäischer Bürgerinnen und Bürger nach Kiew und Moskau zu entsenden, um den Dialog zu beginnen. Wir werden nicht länger zusehen, wie unsere Zukunft und die unserer Kinder auf dem Altar der Machtpolitik geopfert wird.“

Es lebe Europa, es lebe der Friede, es lebe die Freiheit

Foto: Isabelle Casel mit #europeanpeaceproject Fahne bei der 1. Mai 2025-Kundgebung auf dem Heumarkt in Köln

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