Von Wolfgang Huber
Die Koehler Renewable Energy, eine Tochter der Koehler-Gruppe, will auf der Schwend bei Oberkirch zwei Windräder installieren. Das Gelände soll von der Stadt Oberkirch gepachtet werden. Mit dem Projekt soll vor allem die Stromversorgung für die Papierproduktion in Oberkirch gedeckt werden. Windkraftgegner haben sich längst formiert und einen Bürgerentscheid erzwungen. Die Liste der bekannten und weniger bekannten Argumente ist lang. Seit Wochen läuft der Kampf um die Deutungshoheit zum Thema Windenergie im Wald in Oberkirch auf Hochtouren.
Ausgang des Bürgerentscheids völlig offen
Noch ist nicht abzusehen, welche Seite am 20. Juli 2025 als Sieger hervorgeht. Während Koehler die Kommunikationsmaschine angeworfen hat, konnten die Projektgegner mit einem emotionalen YouTube-Video eine Viral-Hit mit über 18.000 Abrufen landen. Das Ortenau Journal hat den Vorstandsvorsitzenden der Koehler-Gruppe zu den Erfolgsaussichten seines Unternehmens beim Bürgerentscheid befragt. Wir wollten außerdem wissen, welche Folgen ein Sieg der Windenergiegegner für Koehler hätte und ob es eine Standortgarantie für Oberkirch gibt?
Interview mit Kai Furler
Ortenau Journal: Für ihr Vorhaben, zwei Windkraftanlagen auf der Schwend zu installieren, bekommen sie Gegenwind von der Anti-Windkraftbewegung und von Naturschützern. Hatten sie zu Beginn der Planungen für diesen Windpark mit einem Bürgerentscheid gerechnet?
Kai Furler: Infrastrukturprojekte dieser Größenordnung, insbesondere im Energiebereich, führen häufig zu umfangreichen öffentlichen Diskussionen, die teilweise in Bürgerentscheiden münden und nicht ungewöhnlich sind. Was wir allerdings in dieser Intensität selten erlebt haben, ist die starke Entsachlichung der Debatte, bei allem Verständnis für die Sorgen und Anliegen der nächstliegenden Anwohnerinnen und Anwohner auf der Schwend. Insbesondere in den Bereichen Umwelt- und Gesundheitsschutz werden wissenschaftlich anerkannte Fakten, die die Grundlage aller gesetzlichen Grenzwerte sind, nicht gewürdigt und stattdessen zweifelhafte Behauptungen aufgestellt.
Ortenau Journal: Gibt es keine Alternative zum Standort für den Windpark Schwend, um den Energiebedarf für die Produktion am Standort Oberkirch decken zu können?
Kai Fuler: Die Wahl des Standorts für dieses Vorhaben erfolgte nicht zufällig. Der Regionalverband Südlicher Oberrhein hat das Gebiet im aktuellen Entwurf des Regionalplans als Vorranggebiet ausgewiesen. Diese ausgewiesenen Vorranggebiete sollen den Beitrag Baden-Württembergs zu den bundesweiten Ausbauzielen sicherstellen. Die Höhenlage erreicht eine mittlere Windgeschwindigkeit von deutlich über sechs Metern pro Sekunde, was für Süddeutschland überdurchschnittlich gut ist. Zudem liegt die Schwend innerhalb eines Radius von fünf Kilometern um unser Werk, sodass eine Direktversorgung über ein eigenes Erdkabel möglich ist. Dadurch sparen wir Kosten für Umlagen und Netzentgelte und unsere Energiekosten sind langfristig kalkulierbarer. Allerdings tragen wir auch das volle wirtschaftliche Risiko, da wir keine Zuschüsse oder Subventionen erhalten. Vergleichbare Flächen gibt es in der Region nicht oder sie stehen nicht für uns zur Verfügung.
Ortenau Journal: In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, dass Koehler Renewable Energy im Vorfeld der Gemeinderatsentscheidung vom 27. Januar gemeinsam mit der Stadt Oberkirch hinter verschlossenen Türen Fakten schaffen wollte. Wieso wurde nicht bereits im Vorfeld transparent zu dem Projekt kommuniziert?
Kai Furler: Eine umfangreiche Kommunikation vor Januar zu unserem Projekt wäre nicht zielführend gewesen, da die Verfügbarkeit von Flächen die Grundlage für alle Windenergieprojekte ist. In diesem Fall musste daher zunächst die Zustimmung der Stadt Oberkirch als Grundeigentümer zum Pachtvertrag für die Flächen auf der Schwend geklärt werden. Nachdem der Gemeinderat im Januar hierzu einen Beschluss gefasst hatte, begannen wir mit den Vorbereitungen für die Information der Öffentlichkeit und versuchten unter anderem, alle Anwohner persönlich zu erreichen.
Ortenau Journal: Der Bürgerentscheid findet in rund vier Wochen statt. Wie wollen sie bis dahin für einen aus ihrer Sicht positiven Ausgang des Urnengangs werben?
Kai Furler: Durch das Bürgerbegehren und den daraus resultierenden Bürgerentscheid hat sich unser Kommunikations- und Projektzeitplan nun verständlicherweise verschoben und musste angepasst werden. Neben den bereits umgesetzten Maßnahmen werden wir bis zum Bürgerentscheid am 20. Juli vor allem den direkten Kontakt mit den Menschen in Oberkirch über alle Kanäle intensivieren. In diesem Zusammenhang haben wir am vergangenen Donnerstag an unserem ersten Info-Stand am Marktplatz in Oberkirch großen Zuspruch und Unterstützung erfahren.
Ortenau Journal: Können sie die Argumente der Windkraftgegner teilweise nachvollziehen? Immerhin soll der Windpark in einem sensiblen Naturschutzgebiet errichtet werden.
Kai Furler: Grundsätzlich überwiegen mit Blick auf den Naturschutz die Vorteile von Windenergieanlagen. Über die gesamte Betriebszeit spart der Windpark jährlich rund 20.000 Tonnen CO₂ – im Vergleich zum aktuellen deutschen Strommix ein spürbarer Beitrag zum Klimaschutz, den wir direkt hier in der Region erbringen. Zudem müssen alle Eingriffe in die Natur mindestens 1:1 ausgeglichen werden. In Absprache mit den zuständigen Behörden werden hierfür meist ökologisch hochwertigere Flächen geschaffen, die sich insbesondere durch ihre hohe Resilienz auszeichnen.
Ortenau Journal: Der Schwarzwald ist eine Kulturlandschaft und Tourismusmagnet. Der massive Ausbau der Windenergie auf Höhenzügen stellt einen schweren Eingriff in die Natur dar. Wiegen die Vorteile der Erneuerbaren Energien – beispielsweise die CO2-Bilanz oder die Unabhängigkeit von Importen – das überhaupt auf, insbesondere vor dem Hintergrund, dass weltweit Solar- und Windenergie ohnehin auf dem Vormarsch sind?
Kai Furler: Wir respektieren, dass Eingriffe in das Landschaftsbild emotional diskutiert werden. Gleichzeitig müssen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien jedoch weiter vorantreiben, um die Klimaziele zu erreichen und die Energiekosten langfristig zu senken. Vergleichbare Projekte in Deutschland, auch im Schwarzwald, haben gezeigt, dass Windenergieanlagen Teil der Kulturlandschaft werden und sich mit Tourismus vereinbaren lassen. So ist beispielsweise auch auf der Startseite der Achertal-Website zunächst das Bild der Windenergieanlage auf der Hornisgrinde zu sehen. Einige Kommunen nutzen vergleichbare Projekte auch als Teil ihres touristischen Konzepts.
Ortenau Journal: Wie schätzen sie die öffentliche Meinung bezüglich des Windparks ein? Gegen die Stand heute 18.000 Aufrufe für das YouTube-Video „Ja_zur_Schwend_Trailer_1“ sind die 100 Besucher ihres Infomarkts am 3. Juni in der Erwin-Braun-Halle eher zu vernachlässigen.
Kai Furler: Wir verfolgen die Social-Media-Debatte zu unserem Projekt, die teilweise unsachlich und mit persönlichen Anschuldigungen gegen Amtsträger und Unternehmen erfolgt. Es wäre interessant gewesen, wenn bei dem von Ihnen angesprochenen Video die Möglichkeit zu Kommentaren bestanden hätte, um eine transparente Diskussion zu ermöglichen. Leider haben sich die Urheber dagegen entschieden, und es liegt nicht an uns, die Gründe dafür zu hinterfragen.
Ortenau Journal: Gibt es einen Plan B für den Fall, dass sich die Bürger am 20. Juli gegen den Windpark („Ja zur Schwend“) entscheiden?
Kai Furler: Eine Ablehnung des Projekts im Bürgerentscheid bedeutet für uns zunächst das Ende des Windparks auf der Schwend. Eine Realisierung durch einen fremden Projektierer könnte dennoch weiterhin erfolgen. Bei einem positiven Ausgang würden wir unsere Planungen fortsetzen. Auch dann ist es möglich, dass im Rahmen der umfangreichen Begutachtung noch Ausschlusskriterien auftreten, die anhand der bislang erfolgten Desktop-Studien noch nicht ersichtlich waren. Zudem werden wir den Dialog mit den Anliegern und den Nachbarkommunen suchen, um mögliche Synergien verschiedener Vorhaben zu finden und zusätzliche positive Effekte für alle zu erzielen.
Ortenau Journal: Wären im Falle einer Ablehnung des Windparks mittel- bis langfristig Arbeitsplätze am Standort Oberkirch gefährdet?
Kai Furler: Sollte sich die Bürgerschaft gegen den Windpark aussprechen, bleibt unser langfristiger Klimakurs bis 2030 unverändert. Wir müssten dann allerdings verstärkt auf externe Grünstromlieferverträge oder Projekte außerhalb der Region zurückgreifen. Das würde höhere Kosten und weniger lokale Wertschöpfung bedeuten.
Ortenau Journal: Gibt es ein Bekenntnis der Koehler-Gruppe zum Standort Oberkirch auch im Falle eines Scheiterns des Projekts?
Kai Furler: Wir müssten uns langfristig die Frage stellen, welche Investitionen in das Werk in Oberkirch noch getätigt werden können, und welche Maßnahmen umgesetzt werden müssen, um in internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben.
Ortenau Journal: Wie würde die Gesamtenergiestrategie ihres Unternehmens beeinflusst werden, sollten sie vom Bürger eine Ablehnung für den Windpark Schwend erhalten?
Kai Furler: Insbesondere das Energiekonzept, welches die Umstellung der Papierproduktion auf klimaneutrale Prozesse als Ziel hat, basiert zu großen Teilen auf der Verfügbarkeit von günstigem Grünstrom. Allerdings können wir dazu zum aktuellen Zeitpunkt keine Auskünfte geben, da es sich hierbei um langfristige strategische Überlegungen handelt.
Siehe auch hier:
Windpark Schwend: YouTube-Video geht mit 15.000 Klicks in 10 Tagen viral – Interview mit Peter Cleiß
„Nehmen Bedenken ernst“: Koehler Group verspricht transparenten Dialog zum Windpark Schwend
Stadt Oberkirch will breiten Bürgerbeteiligungsprozess vor dem Bürgerentscheid zur Schwend
Ödsbacher Straße 6
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