Von Wolfgang Huber
Am 25. März fand die konstituierende erste Sitzung des neu gewählten Bundestags statt. Zum vierten Mal dabei war der Emmendinger Abgeordnete Johannes Fechner, der für die SPD erneut im Wahlkreis Emmendingen-Lahr erfolgreich war. Damit übt der Politiker seit Donnerstag seit genau 100 Tagen das Mandat in der neuen Legislaturperiode aus. Er ist Justiziar und Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Im Wahlkampf trat er für die Senkung der Strompreise und der Bürokratie ein.
Mehr Abschiebungen
Fechner, der sich seit 2013 regelmäßig einen Zweikampf um das Direktmandat mit Yannick Bury (CDU) liefert, sprach sich im Februar gegenüber dem Ortenau Journal für eine Verschärfung der Migrationspolitik aus: „Jeder, der bei uns arbeitet und sich integriert, ist mir willkommen. Wer sich aber radikalisiert oder gar Straftaten begeht, muss schnell aus Deutschland abgeschoben werden“, so Fechner damals.
Das Ortenau Journal hat Johannes Fechner gefragt, wie er sich in Berlin im neu zusammengesetzten Bundestag zurecht findet. Weitere Themen waren z. B. die Grenzkontrollen oder die Brandmauer gegen die AfD. Wie fällt seine 100-Tage-Bilanz aus?
Interview mit Johannes Fechner
Ortenau Journal: Der neue Bundestag hat sich vor 100 Tagen konstituiert. Wie lief ihr persönlicher Start in den ersten 100 Tagen ihrer vierten Legislaturperiode?
Johannes Fechner: Mein Start verlief sehr stressig! Als Justiziar und Geschäftsführer meiner Fraktion hatte ich im Maschinenraum des Bundestags viel zu tun, um für meine Fraktion den Start in die Wahlperiode zu organisieren. Neu ist für mich die Aufgabe, die Personalverantwortung für die rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SPD-Fraktion zu haben. Politisch war wichtig, gleich zu Beginn der Wahlperiode Entlastungen für die Bürger durch die Abschaffung der Gasspeicherumlage, Entlastungen für die Wirtschaft durch die neuen Abschreibungsmöglichkeiten und klare Signale gegen steigende Mieten durch die Verlängerung der Mietpreisbremse und klare Beschlüsse zur Ordnung der Migration zu fassen.
Ortenau Journal: Wie fällt die 100-Tage-Bilanz der neuen Regierung aus ihrer Sicht aus?
Johannes Fechner: Wir hatten einen guten Start und haben erste wichtige Gesetze beschlossen. Denn genau das haben wir uns vorgenommen: Statt dem Dauerzoff der Ampel wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern rasch wirkende Lösungen bieten.
Ortenau Journal: Hat Lars Klingbeil als Finanzminister mit seinem Haushalt die richtigen Schwerpunkte gesetzt?
Johannes Fechner: Lars Klingbeil hat erhebliche Entlastungen für Gemeinden, Bürger und Unternehmen vorgelegt in seinem Haushaltsentwurf. Den sollten wir noch weiter verbessern und die Stromsteuer für alle Betriebe und alle Bürgerinnen und Bürger abschaffen. Parallel investieren wir Rekordsummen in unsere Infrastruktur. Das ist der richtige Weg, um unsere marode Infrastruktur zu modernisieren, die Wirtschaft anzukurbeln und Bürger und Gemeinden zu entlasten.
Ortenau Journal: Die russische Regierung hat wiederholt davor gewarnt, Taurus-Raketen an Kiew zu liefern. Damit wäre Deutschland direkter Kriegsbeteiligter. Wäre Deutschland für den Fall gewappnet, wenn Moskau hunderte oder tausende Drohnen und/oder Raketen nach Deutschland adressiert?
Johannes Fechner: Merz hatte Scholz massiv für dessen Zurückhaltung bei der Lieferung von Taurus-Systemen kritisiert. Jetzt als Kanzler will er dann aber auch nicht liefern, so dass die von Ihnen befürchtete Eskalation nicht eintreten wird. Richtig ist, dass wir unsere Luftabwehrfähigkeiten deutlich verbessern müssen und auch dafür werden wir Milliarden investieren.
Ortenau Journal: Deutschland erstickt in Bürokratie. Gibt es bereits konkrete Vorhaben, die die Bürokratie deutlich senken würden?
Johannes Fechner: Wir haben extra ein Ministerium für die Entbürokratisierung eingerichtet. Das deutsche Lieferkettengesetz werden wir als erste Maßnahme abschaffen. Wir sammeln derzeit gemeinsam mit Verbänden viele Entlastungsvorschläge, die wir rasch umsetzen wollen. Dabei achten wir aber immer darauf, dass nicht sinnvolle Zwecke wie etwa die Durchführung von Strafverfahren durch zu kurze Aufbewahrungsfristen wie in den Cum-Ex-Fällen eintreten.
Ortenau Journal: Im April teilten sie mit, dass der Bund die Verluste des Ortenau Klinikums in Höhe von 33 Millionen Euro übernehme. Steht diese Aussage?
Johannes Fechner: Das habe ich nicht gesagt, dass der Bund die Verluste des Ortenau Klinikums eins zu eins ausgleichen wird. Ich habe vielmehr angekündigt, dass die Koalition Milliardenbeträge darauf verwenden wird, um die Krankenhäuser in den nächsten Jahren zu unterstützen, bis die beschlossene Krankenhausfinanzierungsreform zum Jahr 2028 ihre Wirkung entfaltet. 4 Milliarden haben wir jetzt im Haushalt vorgesehen als Zuschuss für die Krankenhäuser vom Bund in den Krankenhaustransformationsfonds.
Ortenau Journal: Das Thema Migration brennt den meisten Bundesbürgern nach wie vor unter den Nägeln. Gibt es bereits konkrete Schritte, um schwer straffällige und ausreisepflichtige Asylbewerber abzuschieben?
Johannes Fechner: Durch die Verschärfungen noch unter der Ampel-Regierung sind noch letztes Jahr die Abschiebungen deutlich angestiegen und die Asylbewerberzahlen deutlich zurückgegangen. Wir werden weiter insbesondere Straftäter abschieben und haben uns dazu auch zahlreiche neue Maßnahmen vorgenommen. Wichtig ist aber, dass wir den Weg nach Deutschland für Menschen, die bei uns arbeiten wollen, vereinfachen, aber für diejenigen, die nicht verfolgt sind und nicht zum Arbeiten kommen, versperren. Dafür haben wir zahlreiche Maßnahmen beschlossen wie etwa die Aussetzung des Familiennachzugs, demnächst die Ausweitung der sicheren Herkunftsländer und nächstes Jahr die Einrichtung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Die Asylbewerberzahlen sind durch die Ampel-Maßnahmen schon gesunken und werden sich voraussichtlich 2025 im Vergleich zu 2024 nochmals halbieren. Gerade deshalb braucht es in Lahr keine Groß-Flüchtlingsunterkunft und Ministerin Gentges und das Land sollten die Planungen dafür stoppen.
Ortenau Journal: Durch die Grenzkontrollen ist die Zahl der illegalen Einreisen deutlich gesunken, es konnten zahlreiche Haftbefehle vollstreckt werden. Die Leute fühlen sich ein Stück weit sicherer. Erkennen sie diese Effekte an?
Johannes Fechner: Die von der früheren Innenministerin Faeser 2024 angeordneten Grenzkontrollen sind ein Erfolg. In der Tat konnten viele flüchtige Straftäter so gefasst werden, viele Schlepper verhaftet und viele illegale Einreisen verhindert werden. Dass Dobrindt eine europarechtswidrige Erweiterung der Grenzkontrollen von Frau Faeser beschlossen hat, ist ärgerlich, macht die Grenzkontrollen aber nicht überflüssig, so dass sie zumindest im ursprünglichen Umfang beibehalten werden sollten.
Ortenau Journal: Ist das Brandmarken von etwaig vom „Mainstream“ abweichenden Meinungsäußerungen als „rechtsradikal“ vor dem Hintergrund realer Probleme („Unkontrollierte Migration verschärft die Wohnungsknappheit“ gilt heute schon als Rechts) für sie ein Grund für den Aufschwung der AfD?
Johannes Fechner: Niemand brandmarkt von dem aus Ihrer Sicht bestehenden Mainstream abweichende Meinungsäußerungen als rechtsradikal. In Deutschland haben wir zu Recht ein weites Verständnis von Meinungsfreiheit. Die AfD ist so stark, weil die Ampel-Regierung zu viel gestritten hat, anstatt die konkreten Probleme wie Steuerung der Migration, Sicherung der Renten, Stopp der Mietenexplosion und Sicherung von Industrie, Handwerk und Mittelstand in Deutschland anzugehen.
Ortenau Journal: Von der Brandmauer profitiert nachweislich nur die AfD. Würden sie dennoch an der Brandmauer festhalten?
Johannes Fechner: Wenn der Verfassungsschutz auf 1.000 Seiten detailliert auflistet, dass die AfD eine verfassungsfeindliche, rechtsextremistische Partei ist, dann dürfen diese Leute in Deutschland keinen Einfluss bekommen.
Ortenau Journal: Wäre ihrer Ansicht nach ein Verbotsverfahren gegen die AfD nicht eher kontraproduktiv? Immerhin könnte der Eindruck der Hilflosigkeit entstehen, mit der eigenen Politik die Wähler zu überzeugen?
Johannes Fechner: Ich sehe bei den antragsberechtigten Verfassungsorganen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat keine Mehrheit für ein Verbotsverfahren. Die AfD muss politisch gestellt werden, weil sie eine Katastrophe für unser Land wäre, allein schon durch den EU-Austritt, den sie fordert, und die sog. Remigration, also die Abschiebung Millionen unbescholtener Bürger, nur weil sie Migrationshintergrund haben. Ob die zu Recht hohen Hürden des Bundesverfassungsgerichts für ein Parteienverbot der AfD nachgewiesen werden können, ist offen. Wir sollten die AfD darum politisch stellen, weil sie eine große Gefahr für unser Land ist.
Siehe auch hier:
Johannes Fechner (SPD): „Wer Straftaten begeht, muss schnell abgeschoben werden“
Johannes Fechner (SPD): „Im Wahlkampf war ich von den Attacken von Friedrich Merz genervt“
Johannes Fechner (SPD): „Der Bund gleicht die Verluste beim Ortenau-Klinikum aus“
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