Von Wolfgang Huber
Am 25. März fand die konstituierende erste Sitzung des neu gewählten Bundestags statt. Zum ersten Mal dabei war der Abgeordnete Dr. Michael Blos, der für die AfD im Wahlkreis Emmendingen-Lahr erfolgreich war. Über Platz 14 auf der Landesliste zog er in das Parlament ein. Damit übt der Politiker seit Donnerstag seit genau 100 Tagen das Mandat in der neuen Legislaturperiode aus. Er ist promovierter Geowissenschaftler und diente acht Jahre bei der Bundeswehr.
Mehr Abschiebungen
Dr. Michael Blos war von 2004 bis 2015 CDU-Mitglied und trat 2017 in die AfD ein. Das Ortenau Journal hat ihn gefragt, wie er sich in Berlin im neu zusammengesetzten Bundestag in den ersten 100 tagen zurechtfand. Weitere Themen waren z. B. die etwaige Lieferung von Taurus-Raketen oder die Brandmauer gegen die AfD. Das Rechts-Links-Schema sei aus der Zeit gefallen. Wie fällt seine 100-Tage-Bilanz für die Bundesregierung aus?
Interview mit Dr. Michael Blos
Ortenau Journal: Sie sind seit 100 Tagen Mitglied des Bundestages. Wie haben sie sich in Berlin eingelebt?
Dr. Michael Blos: Der Parlamentsbetrieb in Berlin ist schon eine ganz eigene Welt und wer hier eintaucht und dabei seine Bodenhaftung in der „echten“ Welt vernachlässigt, kann sicher an Realitätsbezug verlieren. Dafür, dass mir das nicht passiert, sorgen meine Familie, meine Freunde und meine Wahlkreismitarbeiter und vielleicht auch ein bisschen meine Persönlichkeit. Ich neige nicht dazu, mich mit Ja-Sagern zu umgeben. Die Bürokratie bei der parlamentarischen Arbeit ist unvorstellbar, aber ich habe zum Glück sehr erfahrene Mitarbeiter.
Ortenau Journal: Wie fällt ihre persönliche 100-Tage-Bilanz aus?
Dr. Michael Blos: Nach den ersten 100 Tagen im Deutschen Bundestag ziehe ich eine ernüchternde, aber zugleich motivierende Bilanz: Ernüchternd, weil der politische Betrieb in Berlin durch die Politik der Altparteien in weiten Teilen realitätsfern, ideologisch aufgeladen und in seiner Selbstgefälligkeit festgefahren ist. Motivierende, weil der Gegenentwurf, den wir als AfD vertreten, immer stärker durchdringt – und er wird dringender gebraucht denn je. In der Migrationspolitik zeigt sich ein Staatsversagen mit Ansage: Die Schleusen stehen weiter offen, Abschiebungen finden kaum statt, während Kommunen überlastet und Bürger verunsichert sind. Ich trete mit Nachdruck für eine Politik der Remigration und des Grenzschutzes ein. Deutschland muss wieder Herr seiner Grenzen werden – alles andere ist verantwortungslos. Wirtschaftspolitisch erlebe ich ein Land, das von seinen eigenen Regierenden stranguliert wird: Bürokratie, Energiepreise und ideologische Regulierung setzen dem Mittelstand zu und vertreiben Industrie und Innovationskraft. Es ist Zeit, endlich wieder auf Leistung, Freiheit und marktwirtschaftliche Vernunft zu setzen – nicht auf staatlich verordnete Transformationszwänge. Im Bereich Umwelt beobachte ich eine gefährliche Verengung auf Windkraft und Solar, unabhängig von Standortverträglichkeit oder volkswirtschaftlichem Nutzen. Der Rückbau bewährter Energiequellen wird zelebriert, während eine sichere Grundlastversorgung zunehmend ins Wanken gerät. Ich stehe für einen nüchternen, technologieoffenen Umwelt- und Energiemix – dazu gehört für mich auch die Rückkehr zur friedlichen Nutzung der Kernenergie. Ich nehme meine Rolle als Oppositionsabgeordneter ernst: nicht als Mitverwalter des Scheiterns, sondern als Sprachrohr für die Vernunft und als Bollwerk gegen ideologische Verirrungen. Wo nötig, verweigere ich die Zustimmung, wo möglich, formuliere ich konstruktive Alternativen. Die ersten 100 Tage haben mir eines gezeigt: Unsere Aufgabe als AfD ist größer denn je – und ich bin bereit, sie mit aller Klarheit und Konsequenz wahrzunehmen.
Ortenau Journal: Wie sieht die 100-Tage-Bilanz der neuen Bundesregierung ihre Ansicht nach aus?
Dr. Michael Blos: Wir haben jetzt 100 Tage lang gesehen, wie die Lücke zwischen Wahlkampfrhetorik und Regierungshandeln bei Friedrich Merz und seiner Partei immer größer geworden ist und werden auch noch sehen, wie sie so groß wird, dass von der Schein-CDU, auf die bei der Bundestagswahl einmal wieder viel zu viele Menschen hereingefallen ist, nichts mehr übrig ist.
Ortenau Journal: Hat Lars Klingbeil als Finanzminister mit seinem Haushalt die richtigen Schwerpunkte gesetzt und wo würden sie selbst Schwerpunkte setzen?
Dr. Michael Blos: Lars Klingbeil ist ein Dilettant in einer Partei aus Selbst- und Klientelbedienern. Das spiegelt sich auch in seiner Arbeit als Finanzminister wider. Die Geschenke an die Klientel aus der Asyl- und Sozialindustrie, dem SPD-nahen Politikbetrieb und den NGOs werden natürlich auf Pump finanziert und das ist aus meiner Sicht ein Verbrechen an der Zukunft unseres Landes. Wofür wir aktuell tatsächlich viel Geld in die Hand nehmen müssen, ist unsere Verteidigungsfähigkeit als Nation. Die Bundeswehr ist in einem dramatischen Zustand. Aber auch die beste Ausrüstung und Bewaffnung bringt nichts, wenn ein Soldat keinen Grund hat, auf sein Land stolz zu sein und es so sehr zu lieben, dass er es mit seinem Leben verteidigen würde. Niemand will und wird tapfer für Interessen kämpfen, die nicht die des Deutschen Volkes sind oder für diese ominösen „europäischen Werte“, die sich wohl aus gutem Grund bisher einer Definition entziehen.
Ortenau Journal: Die russische Regierung hat wiederholt davor gewarnt, Taurus-Raketen an Kiew zu liefern. Damit wäre Deutschland direkter Kriegsbeteiligter, heißt es. Wie ist ihre Haltung in dieser Frage?
Dr. Michael Blos: Ich lehne die Lieferung von Raketen ab. Wir brauchen endlich Frieden in Osteuropa. Es sind dort schon viel zu viele Menschen gestorben, verletzt oder traumatisiert worden und die Sanktionspolitik gegen Russland belastet unsere Wirtschaft.
Ortenau Journal: Deutschland erstickt in Bürokratie. Erkennen sie erste konkrete Schritte, dass dieses Problem ernsthaft angegangen wird?
Dr. Michael Blos: Ganz klar: Nein. Unter Beteiligung der SPD an einer Regierung kann und wird es keine Entbürokratisierung geben.
Ortenau Journal: Wo würden sie den Hebel ansetzen in diese Frage?
Dr. Michael Blos: Wir brauchen weniger Dokumentationspflichten und gesetzliche Vorgaben in jeglicher Hinsicht. Insbesondere muss dieser Zentralismus bei Gesetzen und Vorschriften aufhören. Laut Grundgesetz leben wir in einer föderalen Bundesrepublik. Bei meiner kommunalpolitischen Arbeit konnte ich davon nicht mehr viel erkennen.
Ortenau Journal: Eines ihrer Kernthemen im Wahlkampf war die Stärkung der kleinen landwirtschaftlichen Familienbetriebe und ein klares Bekenntnis zur regionalen Lebensmittelproduktion. Konnten sie sich hierbei schon einbringen und wie?
Dr. Michael Blos: Ich bin nur stellvertretendes Mitglied im Landwirtschaftsausschuss geworden, aber werde mich diesem Thema weiterhin mit Nachdruck widmen. Landwirtschaft ist Kultur, Tradition und Landschaftspflege und vor allem haben wir als Nation ein vitales Interesse im Bereich der Lebensmittelversorgung nicht abhängig und damit erpressbar zu werden.
Ortenau Journal: Wie würde die AfD damit umgehen, wenn die übrigen Parteien die Brandmauer teilweise oder ganz abbauen würden?
Dr. Michael Blos: Dann würden wir uns konstruktiv und kompromissbereit im Sinne unseres Landes auf allen Ebenen als Koalitionspartner anbieten – ohne aber unseren Kern, also „erst die eigenen, dann die anderen“, zur Disposition zu stellen.
Ortenau Journal: Sehen sie Anzeichen in der CDU, mit der AfD sprechen zu wollen oder geschieht dies bereits?
Dr. Michael Blos: Ich sehe widersprüchliche Signale von Seiten der Basis der CDU, habe aber wenig Hoffnung, dass die CDU-Spitze diese Kurve noch schafft, bevor unser Land komplett an die Wand gefahren wurde. Und da die Willensbildung in der CDU immer von oben nach unten geschieht – anders als es eigentlich im Grundgesetz für Parteien vorgesehen ist – wird auch das Rumoren an der Basis daran nichts ändern. Ich kann nur jedem unzufriedenen CDU-Mitglied sagen: Es ist nie zu spät, einfach jetzt AfD-Mitglied werden und morgens wieder in den Spiegel gucken können!
Ortenau Journal: Ist das Brandmarken von etwaig vom „Mainstream“ abweichenden Meinungsäußerungen als „Rechts“ vor dem Hintergrund realer Probleme für sie ein Grund für den Aufschwung der AfD?
Dr. Michael Blos: Das politische Rechts-Links-Schema ist aus der Zeit gefallen. Was die sogenannte politische Linke aber erfolgreich geschafft hat, ist in die Köpfe vieler Menschen die Gleichung „Rechts = Nazi = Diktatur und Massenmord“ zu bekommen. Nur haben sie dieses Framing mittlerweile so überreizt, dass die Zahl der Menschen, die diesen Quatsch noch glauben, rapide abnimmt und die „Nazikeule“, über die sich Harald Schmidt schon vor 30 Jahren lustig gemacht hat, kaum mehr Wirkung hat und in der Tat teilweise genau das Gegenteil erreicht.
Ortenau Journal: Fürchten sie ein etwaiges Verbotsverfahren gegen die AfD bzw. gibt es in ihrer Partei eine Empfehlung, sich mit tatsächlich oder vermeintlich radikalen Äußerungen zurückzuhalten?
Dr. Michael Blos: Es gab vor einigen Jahren mal eine unverbindliche Empfehlung des damaligen Bundesvorstandes, in der z. B. auch stand, das Wort „Altparteien“ möglichst nicht mehr zu verwenden. Daran hat sich aber kaum jemand gehalten, weil es zum Kern unserer Partei gehört, die Dinge so zu benennen, wie sie sind. Die Wahrheit zu sagen kann nicht verfassungsfeindlich sein. Was „radikal“ ist, daran scheiden sich die Geister. In der juristischen Definition bedeutet radikal zu sein, sich im Gegensatz zu Extremisten noch innerhalb des Verfassungsbogens zu bewegen, aber sehr deutliche Positionen zu vertreten. So gesehen sind wir in einigen Bereichen vielleicht ein bisschen radikal, aber das ist auch gut so.
Siehe auch hier:
Dr. Michael Blos (AfD): „Ohne grundlegende Reform ist der EU-Austritt eine Option“
AfD-Mann Dr. Michael Blos aus Lahr sieht Koalitionsvertrag als Täuschung der Wähler
Johannes Fechner (SPD): „Gentges soll die Pläne für eine Groß-Flüchtlingsunterkunft in Lahr stoppen“
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