Martin Huber aus Oberkirch ist Ausbilder für Pflegeberufe an der Berufsschule in Offenburg und Gesundheits- und Krankenpfleger. Nach einem schweren Eingriff und damit verbundenen Ängsten und Unsicherheiten im Vorfeld der OP ist die Idee des Klinikkompass entstanden. Zunächst als Website hilft dieser angehenden Patienten, sich zu orientieren und sich auf den Krankenhausaufenthalt vorzubereiten. Mittlerweile gibt es auch eine App.
Ein gewonnener Hackathon
Das Ortenau Journal hat mit Martin gesprochen. Er erzählt, wie beides entstanden ist, welche Fortschritte und Partner er gewinnen konnte und welche Rolle die Black Forest Space dabei gespielt hat. Außerdem spricht er über einen gewonnen Hackathon.
Das Interview
Ortenau Journal: Martin, dir wurde 2018 ein gutartiger Kopftumor hinter dem Ohr entfernt. Hast du damit noch zu kämpfen oder ist die Genesung insgesamt gut verlaufen?
Martin Huber: Also, ich habe immer noch Gleichgewichtsstörungen und auch ein bisschen Schwindel, aber im Verlauf kann ich sagen, es geht mir wirklich super. Ich sehe vieles jetzt, mit dem, was ich erlebt habe, in einem ganz anderen Licht. Natürlich schränkt es mich ein, weil ich auf dem rechten Ohr seitdem taub bin. Aber damit habe ich auch leben gelernt. Man hat ein ganz anderes Bewusstsein dafür, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Ortenau Journal: Wenn man auf einer Seite taub ist, schränkt das auch die Koordination ein, oder? Also neben Gleichgewichtsstörungen auch Bewegungsabläufe und so weiter?
Martin Huber: Ja, das hängt alles miteinander zusammen. Ich habe zum Beispiel kein räumliches Hörvermögen mehr. Wenn viele Hintergrundgeräusche da sind, fällt es mir schwer, und die Konzentration leidet darunter. Trotzdem versuche ich das auszugleichen. Seit einem halben Jahr gehe ich mit meiner Partnerin ins Fitnessstudio und achte mehr auf Ernährung, um diese Einschränkungen, die das Leben mit sich bringt, zu kompensieren.
Ortenau Journal: Du hattest vor dieser OP mit vielen Unsicherheiten und Ängsten zu kämpfen. Als Konsequenz wolltest du etwas tun, um Krankenhauspatienten zu helfen, zu informieren und ihnen die Angst zu nehmen. Daraus ist die Website Klinikkompass entstanden – und seit neuestem hast du auch eine eigene App. Was bietet diese App?

Der Klinikkompass als Website war der Anfang. Nun gibt es auch eine App. Fotos: Wolfgang Huber
Martin Huber: Die App basiert im Grunde auf drei Schlagworten: Information, Community und Kontakt zu Ansprechpartnern. Beim Thema Information geht es mir darum, allgemeine Tipps und Infos zu geben. Worauf müssen Patienten achten, wenn sie ins Krankenhaus gehen, wie kann man Ängste reduzieren und welche Patientenrechte hat man. Beim Thema Community können sich Nutzer als Patienten mit anderen ehemaligen Patienten vernetzen, sodass ein echter Erfahrungsaustausch möglich wird. Beim Thema Ansprechpartner habe ich Kontakt zu Sozialverbänden und Patientenorganisationen wie dem VdK, Sozialverbänden oder den Grünen Damen und Herren Ärzten aufgenommen, damit Patienten wissen: Sie sind nicht alleine. Über die App gibt es direkte Kontaktmöglichkeiten, Internetseiten und weitere Infos.
Ortenau Journal: Das heißt, man kann auch zu Fachleuten Kontakt aufnehmen?
Martin Huber: Ich bin da dran, aber mir geht es vor allem darum, Patienten und Angehörigen eine Möglichkeit zu bieten, alle Angebote und Hilfsangebote im ärztlichen und medizinischen Bereich zu finden – zum Beispiel Klinikseelsorge oder Besuchsdienste. Ich bin in Kontakt und schaue, ob es Möglichkeiten gibt, auch Ansprechpartner aus dem medizinischen oder digitalen Bereich einzubinden.
Ortenau Journal: Die Website hast du noch selbst konzipiert und erstellt. Hattest du bei der App professionelle Hilfe?
Martin Huber: Genau. Bei der App hatte ich inzwischen Unterstützung. Sowohl bei der Clinic Coach-App als auch bei der Homepage habe ich mittlerweile einen Anbieter und Webdesigner, der mich unterstützt.
Ortenau Journal: Was hat die App letztlich gekostet? Du hattest mir mal gesagt, das sei recht teuer gewesen.
Martin Huber: Ich bin da unendlich dankbar, weil die Agentur und die Webentwickler aus Mannheim, MAPIT, ein Programm für soziale Initiativen haben. Sie waren von der Idee, Patienten über den Krankenhausaufenthalt zu informieren, so angetan, dass sie mich unterstützt und eine Basisversion der App erstellt haben. Aus meinen privaten Mitteln habe ich zusätzlich 3.000 Euro investiert, damit die App mit Checklisten und weiteren Funktionen entwickelt werden konnte. Der laufende Betrieb kostet natürlich auch Geld – etwa 50 Euro im Monat für Hosting und Betrieb. Aber das ist es mir wert.
Ortenau Journal: Wie wird die App bisher angenommen?
Martin Huber: Daran arbeite ich noch, deshalb bin ich auch dankbar für dieses Interview. Im Moment gibt es rund 400 Nutzer. Ich hoffe, über Instagram, andere Kanäle oder Kooperationen mit Akteuren im Gesundheitswesen weiter auf die App aufmerksam machen zu können.

Das Klinikpersonal hat nicht die Zeit, Patienten auf einen Aufenthalt vorzubereiten. Abhilfe schafft die Clinic Coach-App. Fotos: CD Studio/freepik
Ortenau Journal: Du hast Partner gefunden und die App wirkt sehr professionell und übersichtlich. Wie schaffst du es, immer wieder Unterstützung für das Projekt zu gewinnen?
Martin Huber: Ich hatte zum Beispiel im Ortenaukreis die Möglichkeit, in der AG Gesundheitskompetenz die App und meine Angebote vorzustellen, etwa den Krankenhausvorbereitungskurs. Ich habe gemerkt, wie wichtig Vernetzung ist. Es gibt viele Interessensvertretungen und Verbände. Ich bringe meine Expertise als Berufsschullehrer in der Pflege, als Gesundheits- und Krankenpfleger und auch aus meiner Rolle als Patient ein. So bin ich in Kontakt gekommen mit dem Landesseniorenrat oder dem VdK Sozialverband. Daraus entstehen Einladungen zu Vorträgen, bei denen ich über den Krankenhausaufenthalt spreche und die Clinic Coach-App vorstellen kann. Das ist immer ein Geben und Nehmen.
Ortenau Journal: Ihr habt auch einen Hackathon gewonnen. Was hatte es damit auf sich?
Martin Huber: Das war eine spannende Geschichte. Ich war auf der Messe Black Forest Space im Oktober, hatte dort kostenlose Tickets gewonnen und bin einfach hingegangen. Digitalisierung und KI sind ja überall präsent. Dort habe ich zufällig einen Gründer kennengelernt, der mir den Tipp gegeben hat, an einem Hackathon in Freiburg teilzunehmen. Der Hackathon wurde unter anderem von Herrn Braun, der Uniklinik und weiteren Partnern organisiert. Ich war drei Tage dort und konnte meine Patientenperspektive einbringen. Es ging viel um Programmierung und Künstliche Intelligenz und darum, wie diese sinnvoll im Gesundheitssystem eingesetzt werden kann.
Ortenau Journal: Du hast die Black Forest Space in Offenburg schon angesprochen. Was hast du von dort für deine Arbeit mitgenommen?
Martin Huber: Das Thema Gesundheit schwingt überall mit, vor allem in Verbindung mit Digitalisierung und KI. Dort waren viele große Unternehmen vertreten, aber auch Akteure aus dem Gesundheitsbereich. Ich konnte neue Kontakte knüpfen, etwa zu Pfizer oder zum Baden Campus, der später auch den Hackathon organisiert hat. Ich habe dort auch Martin Heuberger getroffen, den ehemaligen Handball-Bundestrainer. Das war ein lockeres Gespräch und auch er zeigte Interesse an der Clinic Coach-App. Insgesamt habe ich viele Kontakte und neue Impulse mitgenommen.
Ortenau Journal: Was können wir künftig noch von dir beziehungsweise vom Clinic Coach erwarten?
Martin Huber: Als Nächstes steht der nächste Krankenhausvorbereitungskurs an, den ich gemeinsam mit dem Ortenau Klinikum für Januar und Februar geplant habe. Dort möchte ich die Clinic Coach-App gezielt als ergänzendes Tool einsetzen und die Erfahrungen daraus einfließen lassen. Neu integriert habe ich eine Notfallliste: Über einen Notfallbutton öffnet sich eine Übersicht mit individuell auswählbaren Notfallkontakten – Telefonnummern, Hotlines, Sozialverbände, Hausarzt, Apotheke, Angehörige oder regionale Notrufnummern. Auch Hilfetelefone wie Krebs- oder Diabetes-Hotlines sowie Krisentelefone können eingebunden werden. Diese Liste kann individuell zusammengestellt und jederzeit in der App genutzt werden.
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