Vor 85 Jahren ist etwas passiert, das uns noch heute umtreibt: Aus Baden, der Pfalz und dem Saarland wurden mehr als 6.500 jüdische Mitbürger:innen, Männer, Frauen, Alte, Kinder in den Städten zusammengetrieben und nach Gurs am Rand der Pyrenäen, zwischen Pau und Biarritz, gebracht. Dort hatten die Franzosen ein Lager für die flüchtenden Republikaner errichtet, die nach dem Sieg Francos aus Spanien flüchteten.
Schreckliche Umstände
Als die Menschen aus Deutschland in Gurs eintrafen, waren die primitiven Holzbaracken eigentlich belegt, waren auch die Lagerinsassen nicht informiert worden. Unter schrecklichen Umständen – kaum zu essen, katastrophale hygienische Bedingungen, Regen und Kälte – starben in den ersten beiden Monaten 1.000 der Neuankömmlinge.
In Auschwitz ermordet
Einige wenige konnten fliehen oder gerettet werden, viele wurden in Auschwitz-Birkenau ermordet, nachdem sie später dorthin geschafft worden waren. Es gibt seit den späten 1960er-Jahren die Arbeitsgemeinschaft zur Unterhaltung und Pflege des Deportiertenfriedhofs in Gurs. Sie wird von den Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland betrieben, ihr gehören Kommunen dieser Länder an.
Gedenkveranstaltung in Gurs
Auch in diesem Jahr fand anlässlich „85 Jahre Deportation nach Gurs“ eine Gedenkveranstaltung auf dem Deportiertenfriedhof in Gurs statt. An ihr nahmen auch Vertreter:innen der Stadt Offenburg teil: Wolfgang Reinbold (hier auf LinkedIn), Leiter der Stadtgeschichte, Ruslan Manashirov von der jüdischen Gemeinde Emmendingen, Gretje Treiber, Bildungsreferentin im Salmen, sowie Carla Dold, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr in Salmen und Museum absolviert.
„Erinnerung darf kein Ritual werden“
Im Rahmen einer Jugendgedenkfahrt war auch Leonie Schmidt dabei, die sich als Schülerin beim Gedenkbuchprojekt der Stadt Offenburg sowie in der Rolle als Jugendguide während der Wochen gegen Rassismus engagiert hat. Stefanie Zeidler, Generalkonsulin der Bundesrepublik, sagte in ihrer Gedenkrede: „Erinnerung darf kein Ritual werden, sondern muss eine Haltung bleiben!“ Diese Geschichte gehöre nicht nur in Archive und Geschichtsbücher, sondern in „unsere Köpfe, unsere Herzen – und in unser Handeln.“ Seit dem 7. Oktober 2023, dem Anschlag der Hamas auf Israel, gebe es wieder „die Angst jüdischer Menschen, offen als solche zu leben.“ Wo jüdisches Leben bedroht sei, sei unsere gesamte Demokratie bedroht. „Antisemitismus ist ein Angriff auf das Herz unserer Gesellschaft“.
Hanna Meyer-Moses im Mittelpunkt
Karlsruhes OB Frank Mentrup stellte Hanna Meyer-Moses, Überlebende des Holocaust, gestorben 2024, in den Mittelpunkt seiner Rede. Er bezeichnete es als Geschenk, dass in Karlsruhe wieder eine lebendige jüdische Gemeinde bestehe. Aber „dass Orte jüdischen Lebens von der Polizei vor alten und neuen Antisemiten und Hassern geschützt werden müssen, das beschämt uns.“
Lebensgeschichte präsentiert
Für die israelitische Religionsgemeinschaft Baden sprach der Vorsitzende Rami Suliman. Der Oberrat der israelitischen Religionsgemeinschaft ist seit Jahren Mitorganisator dieser Gedenkveranstaltung. Lucie Scherer und N’da Adjou Nina Kouamé, Schülerinnen der katholischen Fachschule für Sozialpädagogik Agneshaus Karlsruhe, präsentierten andernorts mit Rolf Meyer die Lebensgeschichte seiner Mutter Hanna Meyer-Moses.
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