Von Wolfgang Huber
Der Sommer befindet sich in sprichwörtlich in Hochform. Seit Wochen steigt die Hitze auf Temperaturen von um die 35 Grad. Am Dienstag und Mittwoch soll das Thermometer auf rund 40 Grad steigen. Das birgt Gefahren für Mensch und Natur. Es drohen Kreislaufprobleme, Dehydrierung und Hitzeschlag. Besonders für Kinder und Ältere. Und besonders in Offenburg. Denn bereits vor wenigen Wochen hat Baumretter Ralph Fröhlich auf den Hitze-Check 2.0 der Deutschen Umwelthilfe aufmerksam gemacht.
Offenburg ganz hinten im Ranking
Demnach ist Offenburg weit überdurchschnittlich von der Hitze betroffen. Soll heißen: Die Oberflächen heizen sich auf, die Stadtlandschaft ist zu zwei Dritteln versiegelt und es gibt zu wenig Stadtgrün. Weniger als ein halbes Prozent der Offenburger*innen leben in Gebieten mit niedriger Hitzebelastung – insbesondere dort, wo Menschen leben, wohnen und arbeiten – der zweitschlechteste Wert aller untersuchten Städte in Baden-Württemberg.
36,2 Grad Durchschnittstemperatur
Dies und der Umstand, dass laut dem Hitze-Check 2.0 die Oberflächentemperaturen in der Kreishauptstadt im Sommer durchschnittlich 36,2 Grad erreichen, sind für Fröhlich und seine Konferenz für Urban Transformation Design (KfUTD) Anlass genug, die Stadt freundlich, aber bestimmt zum Handeln aufzufordern. So wie man es von ihnen gewohnt ist. So sollen bis 2030 30 Prozent mehr Stadtbäume gepflanzt werden, Flächen von mindestens 10 Prozent entsiegelt, Hitze-Hotspots ausgewiesen werden und die Stadtgestaltung um helle Oberflächen, grüne Dächer und Solarpaneele statt Blechdächern erweitert werden.
Grundlage wurde geschaffen
Außerdem im Forderungskatalog ist der Hitzeschutz an den Schulen, Kitas und Pflegeeinrichtungen und der KfUTD-Klassiker Bürgerbeteiligung. In diesem Fall an einem „Hitzeaktionsplan Offenburg“. Doch Fröhlich und seine Mitstreiter werden noch konkreter. So habe die Stadt, heißt es in einer Pressemitteilung, zwar mit einem Rahmenplan Hitze und damit die Grundlage für die weitere Umsetzung von Verbesserungen geschaffen, es mangele jedoch an der Umsetzung. Zu vieles werde nur angekündigt. Dabei fehle es am politischen Willen, nicht an den Ideen.
Jährliches Maßnahmenbudget gefordert
Der Rahmenplan Hitze soll dem Wunsch der KfUTD zufolge konkrete Umsetzungsbeschlüsse mit einem jährlichen Maßnahmenbudget sowie einen kommunalen Hitzeschutz-Notfallplan enthalten. Letzterer außerdem kurzfristige Maßnahmen wie Trinkbrunnen, Baumpflanzungen oder Entsiegelungsprojekte. Denn, so Ralph Fröhlich, die Zahlen der Deutschen Umwelthilfe seien ein Weckruf und ein Armutszeugnis für die kommunale Klimaanpassungspolitik. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Handlungsvorlagen gebe es zu Hauf.
Stadt preist Klimaanpassungsmaßnahmen
Nun, kurz vor dem Erreichen des Hitzerekords Mitte der Woche, wollen wir uns die Antworten auf die Fragen des Ortenau Journals an die Stadt Offenburg etwas näher anschauen und mit den Forderungen der KfUTD abgleichen. So setze die Stadt vielfältige Klimaanpassungsmaßnahmen um. Als Beispiele werden städtebauliche Maßnahmen genannt, die den Hitzeinsel-Effekt reduzieren sollen, zu sehen sei dies am geplanten Klimahain auf dem Marktplatz. Außerdem seien Baumpflanzungen vorgesehen, um für Abkühlung zu sorgen.
Angepasste Verhaltensweisen
Ein weiterer Punkt ist beispielsweise der „Cool Orte“-Flyer. Dieser enthalte Informationen zu angepassten Verhaltensweisen, insbesondere für vulnerable Gruppen (Website: https://www.offenburg-klimaschutz.de/cooleorte.html). Zudem gebe es laut dem Sprecher der Stadt, Fabian Fallert, das Förderprogrammm bio.og, mit dessen Hilfe Bürger*innen Begrünungsmaßnahmen an ihren Gebäuden oder Entsiegelungsmaßnahmen umsetzen können. Außerdem sei im Rahmen des Klimaanpassungskonzepts (KLAK) der Notfallplan Hitze beschlossen worden.
40 Grad Hitze erwartet
Dieser soll besonders bei ausgeprägten Hitzewellen zum Tragen kommen. Das wäre also genau jetzt, wo das Thermometer auf 40 Grad steigen soll. Der Notfallplan Hitze werde von der Stabsstelle für außergewöhnliche Ereignisse erstellt (Stand: 24.06.25) und sehe auch ein effektives Starkregenrisikomanagement vor. Womöglich kommt das etwas spät. Auch stellt extreme Hitze längst kein außergewöhnliches Ereignis mehr dar, sondern gehören seit Jahren im Sommer zur Normalität.
„Bei allen Projekten berücksichtigt“
Den Vorwurf von Ralph Fröhlich, dass beim Rahmenplan Hitze zu wenig passiere, will Fabian Fallert nicht stehen lassen. Der Rahmenplan Hitze werde vielmehr bei allen Projekten der Stadt- und Grünraumplanung berücksichtigt. Aus ihm seien konkrete Projekte abgeleitet worden. Diese würden sich derzeit in der Umsetzung befinden. Neben dem Klimahain nennt Fallert die Baumpflanzungen am Stadtbuckel oder die Umgestaltung der Werderstraße.
Die Werderstraße als typische Wohnstraße, werde vor allem von Autos dominiert. Nun soll durch Entsiegelungsmaßnahmen und Baumpflanzungen die Aufenthaltsqualität erhöht werden. Auch der Straßenraum werde abgekühlt. Desweiteren sollen Verbindungswege zwischen der Kernstadt und den Ortschaften beschattet werden. Beispiel: Die Ortenberger Straße.
Mitmachaktion noch bis 31. Juli 2025
Derzeit laufe – noch bis zum 31. Juli 2025 – die Mitmachaktion „Coole Orte – Wo kühlen sie sich im Sommer ab?“ Die Ergebnisse sollen in einen Faltplan eingearbeitet werden. Hier sei die Beteiligung bislang etwas schleppend gewesen. Die Stadt hoffe aber, dass von den hochsommerlichen Temperaturen inspiriert, viele noch einen persönlichen Tipp auf der Seite www.mitmachen.offenburg.de hinterlassen. Künftig soll der „Coole Orte“-Flyer neben zentralen Orten wie Parks, Brunnen oder Kirchen auch auf Orte außerhalb der Innenstadt hinweisen. In der Innenstadt habe als hochfrequentiertes Gebiet der größte Handlungsbedarf bestanden.
Stadt pflanzt lediglich 200 Bäume
Ein weiterer Punkt war die Frage nach weiteren Baumpflanzungen auf Straßen und Plätzen Offenburg. Es ist seit jeher eine, wenn nicht die zentrale Forderung von Ralph Fröhlich´s KfUTD. Doch die Antwort von Fabian Fallert dürfte die Gruppierung nicht zufrieden stellen. Lediglich magere 200 Baumpflanzungen sind für 2025 vorgesehen. „Derzeit befindet sich ein Stadtbaumkonzept, das Potenzialflächen für mögliche Baumstandorte ausweist, in der finalen Erarbeitungsphase. Das Konzept zeigt dabei zunächst auf gesamtstädtischer Ebene Möglichkeitsräume auf, die nicht durch Leitungen im Untergrund belegt sind, sowie Straßenquerschnitte, die zugunsten von Baumstandorte optimiert werden können“, schreibt Fallert.
Konkrete Baumstandorte ausgewiesen
Konkrete Baumstandorte würden in einem weiteren Schritt erarbeitet. In den beiden vorliegenden Baumstudien für die Innenstadt und die Oststadt seien bereits konkrete Baumstandorte ausgewiesen. Nach dem 2024 238 Bäume gepflanzt worden seien, sollen es, wie erwähnt, 2025 200 Bäume sein. Damit liegt der Zuwachs an neuen Bäumen noch unter der Zahl vom vergangen Jahr. Doch das sei nicht alles, so die Stadt. Sie verweist auf prominente Baumpflanzprojekte in der Innenstadt – zusätzlich zu den regulären Nachpflanzungen.
Genannt werden 14 Pflanzungen im Zuge des Umbaus der Steinstraße, 15 Pflanzungen für den Klimahain am Marktplatz, 13 am Stadtbuckel und 14 im Zuge der Sanierung der Werderstraße. Zahlen und Erkenntnisse über ärztliche Behandlungen wegen Hitzeschlag oder Dehydrierung oder zu etwaigen Hitzetoten liegen der Stadt laut Fallert nicht vor.
Kommentar
Angesichts der eher gering anmutenden 200 neuen Bäumen, die die Stadt pflanzen will, wird deutlich, dass der fachliche Austausch mit kompetenten Bürger*innen und der KfUTD nicht schaden kann. Die KfUTD fordert eine sofortige Debatte im Gemeinderat zum Stand der Umsetzung des Rahmenplans Hitze und stehe für Gespräche, Kooperationen und gemeinsame Lösungsansätze bereit. Nötig wäre ein Baumpflanz-Offensive, die diese Bezeichnung auch verdient. Statt 200 pro Jahr müssten es eher die zehnfache Zahl sein. Die aktuellen Temperaturen können im August noch getoppt werden. 45 Grad sind denkbar. Die Erderhitzung nimmt wohl schneller zu als gedacht.
Städte wie Offenburg könnten sich ein Land am Horn von Afrika, Äthiopien, zum Vorbild nehmen. Dort wurden 2019 an einem einzigen Tag 350 Millionen Bäume gepflanzt, 2023 waren es ebenfalls an einem Tag 500 Millionen. Insgesamt hat das Land unter breiter Beteiligung der Bevölkerung im Rahmen der Initiative „Green Legacy“ laut der Website „Entwicklungspolitik Online“ in vier Jahren unglaubliche 25 Milliarden Setzlinge (!) gepflanzt. Eine reife Leistung. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es insgesamt rund 90 Milliarden Bäume.
Rechnet man die das auf die Einwohnerzahl um, kommen für Äthiopien (130 Millionen Einwohner) 192 Bäume pro Einwohner in vier Jahren heraus, ein Offenburger Einwohner (von 63.000) darf sich dagegen nur über 0,013 Bäume freuen. Da gibt es für die Stadt Offenburg noch viel zu tun. Denn wie schreibt die KfUTD: „Hitzeschutz ist keine Frage von Komfort, sondern von Gerechtigkeit und Überleben.“
Siehe auch hier:
Ralph Fröhlich fordert moderne Baumschutz-Offensive und lädt zum Bürgerfest am 10. Mai ein
Baumretter Ralph Fröhlich schlägt Alarm: „Alle Bäume in Offenburg sind geschädigt“
Stadt Offenburg kontert Ralph Fröhlich und sendet Entspannungssignale
Ödsbacher Straße 6
77704 Oberkirch
Telefon: +49 7802 916 99 43
E-Mail: info@brandmediaberlin.de
Ödsbacher Straße 6
77704 Oberkirch
Telefon: +49 7802 916 99 43
E-Mail: info@brandmediaberlin.de
2025 | Ortenau Journal – Das Nachrichtenportal für die Ortenau