Unlängst wurde nach kollegialen Berichten im Ortenau Journal ein Podcast über meinen im März erfolgten schweren Schlaganfall veröffentlicht. Unglaublich, aber wahr: kaum fünf Monate später hatte ich hier im Kreise der Kollegen mein Comeback mit einer Kulturkolumne, und darauf dann in Folge 10 von „Ortenau Inside“ berichtete ich quasi live aus dem Inneren des Hurrikans, der mich dem Tod zuerst näher gebracht hatte als dem Leben, über meine Rettung, über helfende Engel und meinen offensichtlich außergewöhnlichen und wohl eher seltenen Weg zur fast völligen Rehabilitation.
Individuelle Erfahrungen
Geholfen hatte das großartige Team der BDH-Klinik in Elzach sowie deren Kollegen im BDH-Therapiezentrum in Gengenbach – sowie die Musik mitsamt meiner musikalischen Mitstreiter. Von vielen Seiten war mir der offensive Weg in die Öffentlichkeit mit meinen individuellen Erfahrungen und eben auch zu diesem authentischen Podcast geraten worden, um anderen Betroffenen Mut zu machen, was ich nur allzu gerne tat. Gemäß meiner Devise „für irgendwas muss dieser Scheiß ja wenigstens gut gewesen sein.“ Fragte man mich nach einer zentralen Erkenntnis nach diesem abenteuerlichen Kampf gegen Tod und Teufel, hatte ich stets zwei Worte parat – diverse Therapeuten notierten diese stets gerne – im Podcast wird deren Entstehen und Kontext als Losung und anspornende Parole ausführlich erläutert: Wut und Wille.
Bedarf an Aufklärung und Ideen
Etliche Reaktionen auf diesen Podcast verdeutlichen einen Bedarf an Aufklärung und an Ideen für kreative Lösungen in Notlagen: Es geht also um Tipps für die Intensivstationen des Lebens – dieses unberechenbare Leben, welches wie ein rasender Zug manchmal entgleist oder einfach komplett die Richtung wechselt und wo man als Lebender so manches mal an der falschen Station aussteigt. Was hat das mit dem zentralen Thema „Hoffnung“ zu tun?

Hoffnung ist ein zartes Pflänzchen. Foto: freepik
Befreundete Kulturkreise
Zum Beispiel dies: Kollegen vom NDR in Hamburg fühlten sich hierdurch ermuntert den u.a. via Youtube frei verfügbaren Podcast in internen Foren der ARD-Redaktion im hohen Norden zu teilen und dieses entsprechend zu kommunizieren. Hintergrund: Auch unter Kollegen sowie deren Bekanntenkreisen dort oben, bis in befreundete Künstlerkreise hinein, wird eine erkennbar signifikante Zunahme von Schlaganfällen, eben auch im persönlichen Umfeld erschreckend häufiger registriert.
Hilfreicher Podcast
Laut einer Maskenbildnerin, die seit vielen Jahren beim NDR arbeitet, hält man diesen Podcast daher für sehr hilfreich, um Betroffenen nach dem ersten, unvermeidlichen Schock eines Schlaganfalls einen guten Weg zu weisen – das macht Hoffnung, denn es ist ein nicht nur kollegiales Signal gegen eine oftmals allzu larmoyant und gleichgültig wirkende Gesellschaft, in der Fatalismus und der Hinweis auf hoffnungslose Zeiten mit dekadentem Unsinn wie „Work-Life.Balance“ einfältig konkurrieren.
Elvis schoss auf den Fernseher
Okay, fünf Minuten Nachrichten am Morgen können derzeit ausreichend sein um suizidgefährdet zu werden. Elvis Presley, dem ewigen „King of Rock‘n‘ Roll“ wird nachgesagt, er habe mit einem Revolver auf einen Fernseher geschossen als, die News kamen. Verständlicher denn je, oder…?! Haben wir also Grund zur Hoffnungslosigkeit und für nur noch ganz wenig Hoffnung…?

Bietet der tägliche Nachrichtenkonsum zu wenig Anlass zur Hoffnung? Foto: Dragen Zigic/freepik
Anruf von einem Freund
Weitere Reaktionen aber verlassen in Kommentaren und Zuschriften inzwischen bereits den ursächlichen Zusammenhang der Äußerung von „Wut und Wille“ im rein medizinisch-neurologischen Kontext eines gesundheitlichen Dramas. So meldete sich jetzt der Kollege Mathias Grenda, freier Autor und Dozent, ehemals Produzent für ARD, ZDF, BBC und ARTE, der bis Ende der 1990er Jahre Teil des Europa Managements des berühmten französischen „Cirque du Soleil“ war und ebenso auch auch im Management berühmter Künstlerprojekte tätig, wie u.a.Leo Sayer, Scorpions, Edwin Moses.
Auf kritischer Distanz
Grenda ist dem Ortenau Journal schon länger kreativ freundschaftlich verbunden, ein umtriebiger Weltbürger, seit Jahren auf kritischer Distanz zur deutschen „Leidens- und Neid-Mentalität“, die es in der Tat in dieser Form permanenter Selbstbespiegelung weltweit nirgendwo sonst so gibt. „Immer gegen den Strom, der Authentizität auf der Spur“ lautet eine seiner Devisen. 2007 gründete er als Vorsitzender der Gesellschaft für biografische Kommunikation e.V. mit der jährlichen Veranstaltungsreihe „Nordwalder Biografietage“.
Mario Adorf verbunden
Ein Forum, welches ausgewählte Biografien inszeniert, um sie demonstrativ der medialen Verwurstung und einer alles und jeden nivellierenden Oberflächlichkeit auf der Nordwalder Bühne zu entziehen. Grenda favorisiert nicht nur großartige Künstlerpersönlichkeiten wie die deutsche Schauspiel-Ikone Mario Adorf, dem er ebenfalls jahrelang kreativ und in umfangreicher Zusammenarbeit verbunden war. Sondern auch die Helden des Alltags, den fast vergessenen „kleinen Mann“ oder die „kleine Frau“ – von Politik und Parteien inzwischen nicht einmal mehr als Floskel wahrgenommen.

Matthias Grenda (links) mit Schauspiel-Ikone Mario Adorf. Foto: Matthias Grenda
„Anleitung zum Austausch“
Das Credo seiner Veranstaltung lautet (durchaus hoffnungsvoll und humanistisch!) mit inzwischen großer, bundesweiter Resonanz: „biografische Kommunikation bedeutet die Anleitung zum Austausch von Lebenserfahrungen, Sehnsüchten und Ängsten, um sich und andere besser verstehen zu können. Dies soll dem Einzelnen den Zugang und die Teilhabe an der Gesellschaft in allen Lebensphasen erleichtern.
„Kulturpreis 2017“
Richtig vermittelt, verstanden und angewendet schafft biografische Kommunikation Verständnis, Erkenntnis und Identität ohne Vorurteile gegenüber anderen Kulturgruppen“ – für die erfolgreiche Praxis bzw, Umsetzung dieses Anspruchs gab es 2017 den „Kulturpreis“ vom Kreis Steinfurt. Seit 2020 präsentiert er in diesem Format auch als Moderator die TV-Talkshow „Lebensgeschichten“ (hier mit Dagmar Berghoff), produziert auf hoher See auf dem Traumschiff AIDA.
Einladung zu den Biografietagen
Zu eben diesen ,kommenden, nächsten Nordwalder Biografietagen wurde ich nun, quasi mit dem Podcast im Gepäck, von Mathias Grenda für das kommende Jahr 2026 als Präsentator und Erzähler des Slogans „Wut und Wille“ eingeladen. In einem Vorgespräch erläuterten wir den Kontext, eine Botschaft, die gegen düsteren Zeitgeist Mut macht und nebenher auch einen Scheinwerfer auf jene berufliche Welt richtet, der ich u. a. auch mit den musikalischen Werken „BEHINDERT“ und „Stroke UNIT- Strike back“ (Tanz der Synapsen), gemeinsam mit dem Hamburger Produzenten Dieter Debusmann, ein musikalisches Denkmal gesetzt habe. Es markiert tatsächlich auch den Willen zur Hoffnung, den wir in dieser dunklen Zeit übergreifend benötigen, denn schierer Pessimismus ist eine böse, gefährliche Kraft.

„Schierer Pessimismus ist eine böse, gefährliche Kraft.“ Foto: kues1/freepik
Epochales Meisterwerk von Ernst Bloch
Hier wären wir nun beim „Prinzip Hoffnung“, dem Hauptwerk des deutschen Philosophen Ernst Bloch angelangt, der dieses epochale Werk zwischen 1938 und 1947 im US-amerikanischen Exil schrieb, also in denkbar düsterster Zeit. Eigentlich sollte es „The dreams of a better life“ heißen – es ist jedenfalls gerade jetzt eine Erinnerung wert – denn der Begriff „Prinzip Hoffnung“ avancierte bekanntlich zum geflügelten Wort, nicht nur in den in den deutschen Feuilletons.
Blochs bilanzierende Warnung
In mehreren Bänden fragt Bloch zeitlos bis in die Jetztzeit: „Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wohin gehen wir? Was erwarten wir? Was erwartet uns? Blochs daraus bilanzierende Warnung vor Angst ist legendär und – leider, leider – wieder hochaktuell: „Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. (sei) ins Gelingen verliebt, statt ins Scheitern.“ (Aus dem Vorwort).
Hoffen auf eine bessere Welt
Mein Fazit geht über gesundheitliche Krisenbewältigung weit hinaus: Wut steht nicht für Aggression, sondern für den energischen Willen etwas zu verändern und entschlossen zu handeln. Das Hoffen auf eine bessere Welt sowie der Wille, frei zu sein und in Freiheit zu leben steckt in unseren Genen, alle rein destruktiven Kräfte sind Irrläufer der Evolution, bleiben Wut und Wille, bleibt auch die Hoffnung, die bekanntlich (immer zuletzt) bereits schon tausend Tode gestorben ist.

Auch zu Zeiten des Woodstock-Festivals 1969 war die Welt konfliktreich (Symbolbild). Foto: gp0intstudio/freepik
Gefahr Atomkrieg
P.S. und noch allen Pessimisten zum Trotz: gestern war leider wirklich wenig besser, auch wenn eine berühmte Floskel das „Früher“ gerne beschwörend verklärt. Auch zu Zeiten des legendär sinnstiftenden Woodstock-Festivals am Ende der 1960er Jahre herrschten nicht plötzlich weltweit „Love & Peace“ sondern tobte u.a. der scheußliche Vietnamkrieg, gab es noch einen „Eisernen Vorhang“ bei einem akut bedrückenden „Kalten Krieg“ und ein abgeteiltes Ost-Berlin. Die Welt stand während der Kuba-Krise kurz vor dem Ausbruch eines verheerenden Atomkrieges, gab es also auch hoffnungslose Zerrüttung und Gewalt, denn früher war eben mitnichten alles besser. Wir müssen leben, um Hoffnung zu finden. Es gibt keinen einfachen irdischen Weg zum Paradies, eben nur ein „No way Out“ – machen wir dennoch das Beste daraus. Frohe Weihnachten und a happy new year…!
Siehe auch hier: