„Es gibt keine blödsinnigere Behauptung, als die, welche man (…) täglich liest und hört: der Naturalismus ist tot. Denn alle Kunst beruht auf der Natur und alles Bleibende in ihr ist Natur!“ Max Liebermann, 1916
Eine Aussage, die mehr als 100 Jahre zurück liegt. Dass sie dunkle Zeiten überdauert und bis heute Bestand hat, das beweist ein Rundgang durch die neue Ausstellung im Frieder Burda Museum. Schon jetzt hat sie einen Besucherrekord erreicht und zählt mit zu der bedeutendsten Exposition, die das Haus Burda in Baden-Baden offeriert.
Farbintensive Reise
„Max Liebermann und seine Zeit“, ist eine berührende, spannende und sehr farbintensive Reise durch eine besondere Epoche. Als Besucher darf man eintauchen in bunte Gärten, blühende Landschaften, stilvolle Momentaufnahmen einer vergangenen Zeit, die eine gewisse Sehnsucht weckt. Die Sehnsucht nach friedvollen Begegnungen, nach Salz getränkter Seeluft und Sommer duftenden Gärten, nach dem Einssein mit der Kraft, die von der Natur ausgeht.
Mitfühlen und Miterleben
Es war neu, dieser Malstil, der Künstler ins Freie lockte, der sie mit ihrer Staffelei, mit Pinsel und Farbe bestückt jenseits jeder bislang bekannten Regeln mutig agieren ließ. Farbe über Farbe. Nass in Nass. Kurze Pinselstriche. Angedeutete Formen, die durch Licht und Farbe das wiedergeben, was auszusagen ist. Urbane Szenen, die mitfühlen und miterleben lassen. Hier Liebermanns „Schlittschuhläufer im Tiergarten (1921), dort „Strandleben“ (1916) oder der „Sommerabend an der Alster“. Bilder der Harmonie, Zeiten der Droschken, der ausladenden Damenroben und der steifen Etikette, die Liebermann durch seine Bilder aufzubrechen weiß.
Innere und äußere Sinne
Der Künstler stellt seine Protagonisten nicht in Pose. Er malt, was er sieht: „Wie der Künstler die Welt anschaut, mit seinen inneren und äußeren Sinnen – das nenne ich seine Phantasie – die Gestaltung dieser seiner Phantasie ist seine Kunst. Als Maler gehe ich von der Anschauung aus, daher interessiert mich ausschließlich die gestaltende Phantasie“. Max Liebermanns Worte, die den großartigen, reich bebilderten Katalog zur Ausstellung eröffnen.

Liebermanns „Judengasse in Amsterdam“ und „Blumenstauden am Gärtnerhäuschen nach Osten“. Bilder: Frieder Burda Museum
21 Impressionisten
„Die Schau, Impressionisten in Deutschland, „Max Liebermann und seine Zeit“ ist eine der umfangreichsten Ausstellungen, die diesem Thema bislang gewidmet worden sind“, so Kurator Dr. Daniel Zamani. Sie umfasst 108 Werke aus mehr als 60 internationalen Sammlungen“. Sortiert sind diese Werke von 21 Impressionisten, davon vier Frauen, unter anderem nach Themen wie „Bildwürdige Alltagsszenen, Genremalerei“ , Dynamik und Frische. Draußen im Freien“. „Irdisches Paradies. Liebermanns Künstlergarten“ und vielem mehr.
Intensive Vorbereitung
Diese lange und intensiv vorbereitete Ausstellung ist einfach sehens-, ja erlebenswert. Neben Max Liebermann gibt es künstlerische Höhepunkte wie Lovis Corinth „Dame am Goldfischbassin (1911 Belverde Wien), Max Slevogts Champagnerlied (1902, Staatsgalerie Stuttgart) oder Fritz von Uhdes Kinderstube (1889, Hamburger Kunsthalle).
Vier Frauen im Kaiserreich
Staunend bleibt man vor den Nachtszenen des Künstlers Lesser Uri (1861-1931) stehen, Nächtliche Straßenszenen, Berlin um 1915 – 1920 oder Kaffee König bei Nacht (Unter den Linden) 1925 – 1930 aus einer Privatsammlung. Die vier Künstlerinnen, die sich im deutschen Kaiserreich künstlerisch behaupten konnten sind Dora Hitz, Sabine Lepsius, Marina Slavona und Eva Stort.
Moderne Kunst in Paris
Sie runden diese Ausstellung ab, die nicht nur Liebermanns Rolle als Wegbereiter des deutschen Impressionismus definiert, sondern auch die tiefe Verbindung der beiden Länder Deutschland und Frankreich. Wurde in Deutschland Anfang der 1860er Jahre noch sehr traditionell gemalt, ging so mancher Künstler nach Frankreich um hier die modernere Kunst zu studieren.

Eva Storts „Blick aus dem Fenster“ und Max Liebermanns „Simson und Delila“. Bilder: Frieder Burda Museum
Großzügiger Garten ums Haus
Auch Max Liebermann weilte lange in Paris. Viele seiner Bilder entstanden jedoch später rund um sein Sommerhaus am Wannsee in Berlin. Hier kaufte er 1909 eine Villa, um die er einen großzügigen Garten anlegen ließ. Ab 1915 entstanden seine großartigen Gartenbilder, denen das Frieder Burda Museum eine ganze Wand widmet.
Wachsender Antisemitismus
Die Zusammenarbeit mit dem Museum Barberini in Potsdam sei eine große Freude gewesen, sagt Florian Trott, Kaufmännischer Direktor des Museums Frieder Burda. Am Wannsee verbrachte Liebermann seine Sommermonate. Für ihn, vom wachsenden Antisemitismus der Deutschnationalen zutiefst verbitterten Künstler, war sein Garten ein existenzielles Refugium, ein moderner „Hortus Conclusus“, ein geschlossener Garten.
Hohe Gefühlskunst
Diese Ausstellung ist eine Besondere. 108 Werke aus mehr als 60 internationalen Sammlungen zusammen zu tragen, bedeutete lange Kunstreisen, intensive Recherche und viel Wohlwollen privater Sammler. Kurator Daniel Zamani hat das mit Eifer betrieben und geschafft. Sein intensives Bemühen eröffnet den Besuchern die Welt des Impressionismus, die Kunst der 1860er Jahre rund um Liebermann, Monet und Renoir. Eine Kunstwelt, die es versteht Momente festzuhalten, die anrühren, Szenen mit hoher Gefühlskunst zu kreieren. Großartig!
Kulturelles Vermächtnis
Max Liebermann starb zwei Jahre nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Seine Witwe Martha wählte kurz vor ihrer Deportation den Freitod. Ihre gemeinsame Tochter Käthe und die Enkelin Maria waren bereits 1938 ins US-amerikanische Exil geflohen. Liebermanns Werke sind heute in alle Winde verstreut. Seine Villa am Wannsee ist zu einem bedeutenden kulturellen Vermächtnis geworden, vor allem aber ein wichtiges politisches Mahnmal.
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