Polit-Splitter Ortenau

Polit-Splitter Ortenau: Zwischen Schwarz-Grünem Umweltpreis, SPD-Nachwahlen und CDU-Funkstille

SPD Kreisversammlung
© Foto: SPD Ortenau – (v.l.n.r.) Der neue SPD-Vize im Kreis, Kai Schröder-Klings mit Johannes Fechner (MdB) und Richard Groß.
Parteien, Personalien und politische Pointen: Der neue Polit-Splitter liefert wieder spannende Einblicke in das Geschehen der Ortenauer Politik. Während Grüne und SPD aktiv über Umweltpreise, Bildungsreformen und Parteipositionen informieren, bleibt es von CDU-Seite auffällig ruhig. Zudem sorgt der drohende Stillstand beim Rheintalausbau für Unruhe. Zwischen Bürokratie, Energiepolitik und Parteirochaden zeigt sich: In der Ortenau ist Politik alles – nur nicht langweilig.
Von Wolfgang Huber

Aufgrund der Fülle an Presseinformationen, die uns im Laufe der Zeit erreichen auf der einen Seite, und der begrenzten zeitlichen und personellen Ressourcen beim Ortenau Journal auf der anderen Seite, haben wir im September ein neues Format gestartet, das kompakt und mit einem Augenzwinkern über politische Entwicklungen in der Region informiert und einen Überblick über die wichtigsten Personalien und Themen aus der politischen Szene des Kreises zusammen.

Keine Informationen von den CDU-MdLs

Erneut haben wir zwei mal die Grünen im Polit-Splitter, was dem Umstand geschuldet ist, dass die Ökopartei drei Landtagsabgeordnete in der Ortenau stellt. Das tut zwar auch die CDU, doch unsere Redaktion wird weder von dem scheidenden Willi Stächele im Wahlkreis Kehl, noch von Volker Schebesta im Wahlkreis Offenburg mit Informationen versorgt. Wer nicht will, der hat, sagt man.

Leistungen für die Umwelt

Als gesichert sinnvoll darf die Ausschreibung des Umweltpreises für Unternehmen betrachtet werden. Dabei zeichnet das Land Baden-Württemberg außergewöhnliche Leistungen im Bereich des betrieblichen Umwelt- und Klimaschutzes aus, wie MdL Thomas Marwein (Grüne) in einer Pressemitteilung schreibt.

Thomas Marwein Grüne

Thomas Marwein (MdL, Grüne): Anerkennung für Unternehmen. Foto: Thomas Marwein

22. Umweltpreis

Unternehmen können sich demnach ab sofort unter umweltpreis.baden-wuerttemberg.de  bewerben. Der Preis sei mit 10.000 Euro je Kategorie dotiert. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft lobt den Preis bereits zum 22. Mal aus. Der thematisch wechselnde Jurypreis werde 2026 für „Nachhaltige Beschaffung und Lieferketten“ vergeben.

Gesellschaftliche Verantwortung?

Ob die Unternehmen im Ländle in ihrem vorbildlichen Handeln dabei vor allem angesichts des verhassten Lieferkettengesetzes der EU geleitet werden, oder ob es sich um freiwillige Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung handelt, ging aus dem Text nicht hervor. Marwein brachte aber selbst mit folgender Erklärung Licht ins Dunkel, in der er sich über die Ausschreibung freute: „Immer mehr Unternehmen in Baden-Württemberg und im Ortenaukreis setzen auf betrieblichen Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften. Das verdient Anerkennung“.

Suboptimale Grünen-Reformen

Aktiv war auch wieder einmal Sandra Boser, ebenfalls von den Grünen. Beim Besuch der Gemeinde Mühlenbach und der Heinrich-König-Schule informierte die Staatssekretärin im Kultusministerium Bürgermeisterin Helga Wössner und den Schulleiter Stefan Benz über die seit diesem Schuljahr geltenden Bildungsreformen. Man durfte gespannt sein, waren doch manche Änderungen durch die Grünen im Schulbereich eher suboptimal. Man denke nur an „Schreiben nach Gehör.“

Sandra Boser (Grüne) in Mühlenbach

(v.l.n.r.) Sandra Boser, Helga Wössner, Thomas Becherer, Klaus Armbruster. Foto: Sandra Boser MdL

Gekonnt mit dem Laptop

„Wir starten mit den Sprachförderangeboten in der Kita, um schon frühzeitig die Kinder zu erreichen. Ab nächsten Jahr werden wir mit einem zusätzlichen Jahr vor der ersten Klasse starten, für Kinder deren Start in die Schule noch zu holprig wäre“, wird Boser in der entsprechenden Pressemitteilung zitiert. Doch noch scheint Hopfen und Malz in der Bildung noch nicht verloren zu sein. Denn anschließend zeigten ihr zwei Schülerinnen, wie gut sie mit dem Laptop umgehen können.

Neu im Lehrplan: Medienbildung

„Uns ist es wichtig, dass die Kinder einen guten und selbstständigen Umgang mit Medien und KI lernen. Medienkompetenz ist bei uns ein Kernthema. Bei uns hat jedes Kind ein eigens Endgerät.“ Daher habe die Landesregierung ab diesem Schuljahr ab Klasse fünf das neue Fach ‘Informatik und Medienbildung eingeführt. Das ist angesichts der Flut an tatsächlichen und vermeintlichen Informationen auch bitter nötig.

Gespaltenes Land

Neben „Sprachförderung“ und „Digitalisierung“ sprach Sandra Boser im Rathaus mit den Gemeinderäten Thomas Becherer (CDU), Klaus Armbruster (VWV) und Verwaltungsmitarbeiter:innen zu den Themen „ÖPNV“ sowie „Vorranggebiete für den Ausbau der Windkraft“. Wössner halte ein Mitspracherecht bei der Bestimmung der Voranggebiete für Windenergieanlagen für wichtig. Das wäre den Verantwortlichen in Stuttgart auch anzuraten, ist doch das Ländle angesichts der Flut neuer Windräder zu großen Teilen – nennen wir es – not amused.

Neuer Vize der Kreis-SPD

Bei der SPD Ortenau gab es unterdessen zwei Personalien zu klären. Aufgrund seines Freiwilligen Sozialen Jahres in Costa Rica hatte der bisherige stellvertretende Kreisvorsitzende Constantin Fedorez sein Amt niedergelegt. Für ihn wählten die 50 Delegierten den SPD-Landtagskandidaten im Wahlkreis 50 Lahr, Kai Schröder-Klings. Der hatte dabei ein Heimspiel, fand doch die Versammlung im Restaurant „Mamma Mia“ in Lahr.

Raphael Kupferer SPD

Raphael Kupferer kandidiert im Wahlkreis Kehl für den Landtag. Foto SPD Ortenau

Zwei Neue im Vorstand

Das löste, wie schon vor ein paar Wochen bei der AfD, eine Personalrochade aus. Da Schröder-Klings bisher bereits Beisitzer war und die ehemalige JUSO-Kreisvorsitzende Claire Eschemann weggezogen war, rückten Giulia Pompa und Merdan Seker in den Kreisvorstand nach. Zudem wählten die anwesenden Mitglieder die 11 Delegierten für den Landesparteitag im November in Ulm.

„Alternative zu Grün-Schwarz“

In der von dem Co-Kreisvorsitzenden Richard Groß geleiteten Versammlung kamen auch zwei der drei Ortenauer SPD-Landtagskandidaten zu Wort. Kai Schröder-Klings (Lahr) und Richard Groß (Offenburg) waren demnach persönlich anwesend. Ihr gemeinsames Ziel: die Ortenau wieder stärker für die Sozialdemokratie zu begeistern und eine klare Alternative zur derzeitigen grün-schwarzen Landesregierung zu bieten, die in vielen Punkten an den Menschen in Baden-Württemberg „vorbeischwätze“. Kandidat Raphael Kupferer aus Oberkirch war in Lahr nicht dabei.

Aus Rot wurde Schwarz-Blau

Das klingt schon deutlich bescheidener als die Rhetorik im Bundestagswahlkampf vor Jahresfrist, als man kühn verkündete: „Die Ortenau wird rot.“ Das Ergebnis ist bekannt. Sie wurde schwarz-blau. Dennoch schlossen die Genoss:innen die Veranstaltung mit einem optimistischen Blick und dem klaren Signal, die SPD in den kommenden Monaten weiter zu stärken.

Gerät Rheintalausbau ins Stocken?

Last but not least noch einmal etwas von Thomas Marwein, einem der wohl fleißigsten MdLs in Baden-Württemberg, wenn es um die Verkündung der Landespolitik geht. Marwein zeigte sich in seiner Pressemitteilung entsetzt über die Meldungen, wonach der Ausbau der Nord-Süd-Achse der Rheintalbahn zwischen Offenburg und Basel aufgrund einer Finanzierungslücke im Bundeshaushalt ins Stocken geraten könnte.

Zugstrecke ICE

Ist genug Geld für die Verkehrsinfrastruktur vorhanden? Hier ein ICE. Foto: pixabay

„Verkehrspolitische Fiasko“

Erst im April 2025 hatte die Bahn ähnliche Meldungen entkräftet, heißt es in der dazugehörigen Pressemitteilung. Marwein: „Wenn es tatsächlich zu einem Ausbaustopp kommt, wäre das ein verkehrspolitisches Fiasko ersten Ranges. Die Rheintalbahn ist eine der wichtigsten Verkehrsadern Europas – ihr Ausbau darf nicht ins Wanken geraten. Die Region braucht Verlässlichkeit.“ Besonders kritisch sehe Marwein die Situation auch deshalb, weil sich das Land Baden-Württemberg mit über 500 Millionen Euro am Ausbau beteiligt.

Schafft sich das Land ab?

Außerdem wird er zitiert: „Der Ausbau ist nicht verhandelbar – er muss kommen.“ Genauso, wie mit den Arbeitsplätzen, verhält es sich auch mit der Infrastruktur in der nach wie vor drittgrößten Industrienation (noch) der Welt. Sie lässt sich nicht einfach herbeireden. Wer über Jahrzehnte spart und Berge von Bürokratie auftürmt, wie die deutsche Politik es so zu tun pflegt, schafft tatsächlich irgendwann das Land ab. Ob Berlin & Co. mit einem entschlossenen Politikwechsel dagegen halten werden oder wollen, wird man sehen. Schicken wir ein gemeinsames Stoßgebet an die Spree und hoffen das Beste. Sonst ist der Zug bald abgefahren.

Siehe auch hier:

CDU, Grüne, SPD: Der Polit-Splitter Ortenau über Macht, Motivation und Menschlichkeit in der Kreispolitik

Von Spitzenkandidatin bis Spitzenreiter: Linke, FDP, AfD, Grüne, CDU und SPD im Fokus des neuen Polit-Splitters

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