Kreispolitik

Polit-Splitter Ortenau: Von Backpulver-Noteinsatz, Blaulicht-Notlage und kommunalpolitischer Finanznot

Thomas Marwein und Marco Steffens
© Thomas Marwein – Der Grünen-Landtagsabgeordnete besuchte Offenburgs OB Marco Steffens.
Politik in der Ortenau hat selten so viele Facetten wie in dieser Woche – von Fördermillionen für Hornberg über Streit um Einsatzfahrzeuge und einen Backpulver-Noteinsatz bis hin zu Personaldebatten in Lahr und Klimaplänen in Offenburg. Die sechste Ausgabe der Polit-Splitter blickt mit spitzer Feder auf die Themen, die den Kreis bewegen: finanzielle Engpässe, technische Hürden, bürokratische Absurditäten – und eine Region, die im Wahljahr politisch hörbar in Bewegung kommt.
Von Wolfgang Huber

Aufgrund der Fülle an Presseinformationen, die uns im Laufe der Zeit erreichen und der begrenzten zeitlichen und personellen Ressourcen beim Ortenau Journal, haben wir im September mit dem Polit-Splitter ein neues Format gestartet, das kompakt und mit einem Augenzwinkern über politische Entwicklungen in der Region informiert und einen Überblick über die wichtigsten Personalien und Themen aus der politischen Szene des Kreises zusammen.

Backpulver-Noteinsatz

In der heutigen Ausgabe 6 des Polit-Splitters machen wir einen kleinen Schwenk von langen Leitungen über die hausgemachten Probleme mit dem Umbau von Einsatzfahrzeugen, dem Backpulver-Einsatz von Johannes Rothenberger bis zu den Personaleinsparpotenzialen in einem AfD-Antrag und einem Grünen-Besuch bei der Stadt Offenburg.

Knapp sechs Millionen Euro für Hornberg

„Der Breitband-Booster wirkt“, frohlocken die Grünen-Abgeordnete Sandra Boser und Marion Gentges (CDU) in einer ihrer mittlerweile üblichen gemeinsamen Pressemitteilungen. Anlass: In der aktuellen Vergaberunde für den Breitbandausbau werden 17 neue Projekte mit insgesamt 16,6 Millionen Euro vom Land gefördert. Die Stadt Hornberg erhalte für den Ausbau der grauen Flecken 5.948.160,00 € vom Land.

Breitbandausbau

Die Stadt Hornberg profitiert von Landesmitteln zum Breitbandausbau. Foto: AnneVerschraagen/pixabay

„Rasch eine bessere Leitung“

Boser und Gentges zeigen sich demnach erfreut: „Mit der Landesförderung von 5.948.160,00 € kommt Hornberg beim Ausbau des schnellen Internets ein gutes Stück voran. Der Ausbau der grauen Flecken trägt dazu bei, dass die Stadt Hornberg rasch von einer besseren Leitung von mindestens 1.000 Megabit pro Sekunde profitiert.“ Genau so wie Bürger, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, wie es weiter heißt.

FDP mit Blaulichteinsatz

Die FDP-Ortenau besuchte die Mosolf Special Vehicles GmbH in Kippenheim, einen führenden Spezialisten für den Ausbau von Polizei-, Katastrophenschutz- und Kommunalfahrzeugen. Dabei fuhren die Freien Demokraten eine ganze Palette an ambitionierten Vertretern auf: Prof. Dr. Erik Schweickert (MdL), der örtliche FDP-Landtagskandidat Udo Zahn, die Landtagskandidatin für den Wahlkreis Kehl, Sanja Tömmes, sowie der FDP-Kreisvorsitzende Johannes Baier.

Fehlende Ausstattungsmerkmale

Carsten Busam, Bereichsleiter für Projektierung und Entwicklung/Konstruktion berichtete den Politikern demnach davon, wie fehlende Ausstattungsmerkmale neuer Fahrzeugmodelle großer Hersteller Sorgen bereiten und die Umbauten erschweren. Der örtliche Landtagskandidat Udo Zahn konnte hier auf unmittelbare Erfahrungen verweisen: „Aus der Fahrschulbranche weiß ich, wie sehr fehlende Ausstattungsmerkmale in neuen Fahrzeugmodellen den Alltag erschweren.“

FDP-Politiker Ortenau

Die FDP-Delegation beim Besuch der Mosolf Special Vehicles GmbH. Foto: FDP Ortenau

Hausgemachte Probleme

Auch hier lauert der FDP zufolge die gelbe Gefahr, denn chinesische Hersteller drängten bereits auf den deutschen Markt. Die FDP plädiert für eine engere Zusammenarbeit zwischen Politik, Herstellern und Mittelstand. „Das sind hausgemachte Problem der hier so wichtigen Branche, die wir uns im Autoland Baden-Württemberg nicht leisten können“, wird Udo Zahn zitiert. Wenn das nur das einzige hausgemachte Problem der deutschen Politik wäre

Noteinsatz von Johannes Rothenberger

Es ist ein weiteres Beispiel, wie die Brüsseler Regelungswut immer wieder zur Gefahr für ganze Branchen wird: Durch die Zulassung eines neuen Pflanzenschutzmittels konnten die Winzer:innen nicht mehr wie bisher Backpulver zum Schutz der Reben nutzen sondern mussten ein teureres Pflanzenschutzmittel verwenden. Das schreibt der CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Rothenberger in einer Pressemitteilung.

„Umgehend darum gekümmert“

Dem darauf folgenden Hilferuf der Winzer sei man nachgekommen: „Durch einen gemeinsamen Einsatz der Abgeordneten der CDU aus dem Bundestag und dem Europäischen Parlament konnte nun ein kleiner Erfolg erzielt werden“, so Rothenberger. Er habe sich umgehend darum gekümmert, dass Backpulver wieder genutzt werden kann. Die Europäische Kommission habe nun mit gestrigem Schreiben zugesagt, dass im nächsten Jahr das Backpulver wieder zugelassen werden werde. Der EU-Kommissar für Gesundheit und Tierschutz Olivér Várhelyi habe dies bestätigt. Winzer:innen sind eine klassische CDU-Klientel, somit sollte das Engagement von CDU-Mann nicht weiter verwundern.

Johannes Rothenberger

Johannes Rothenberger kämpft für Winzer und gegen Brüsseler Bürokratie.

„Vertrauen statt Bürokratie“

„Die EU-Regeln müssen einfacher werden und spürbare Entlastungen kommen. Diese Zusage ist ja nur die Rücknahme von Belastung. Die Leitlinie muss sein: Mehr Vertrauen statt immer mehr Bürokratie!“, wird Rothenberger zitiert. Dies habe die Europäische Kommission auch erkannt und gerade für kleinere Familienbetriebe in der Landwirtschaft auch Entlastungen bei der Bürokratie angekündigt. Was es mit Ankündigungen in Sachen Bürokratieabbau auf sich hat, kennen die Deutschen nur zu gut.

AfD will beim Personal sparen

Der Sparzwang in den Kommunen hat auch Lahr erreicht. So hat die AfD-Fraktion im Lahrer Gemeinderat neulich nach eigenem Bekunden einen Antrag für eine temporäre Nachbesetzungssperre für Personalstellen der Lahrer Stadtverwaltung eingereicht. Der Antrag sehe vor, dass freigewordene Stellen unterhalb der Ebene Amts- und Abteilungsleiter grundsätzlich sechs Monate lang unbesetzt bleiben und eine Führungskraft nach frühestens acht Wochen dem Gemeinderat berichtet, wie mit der Vakanz umgegangen wird.

Prekäre Finanzsituation der Stadt

Der Gemeinderat könne dann eine Änderung des Stellenplans beschließen, um etwa aus einer Ganztagesstelle eine Teilzeitstelle zu machen oder sie komplett zu streichen. Wird der Gemeinderat nicht tätig, werde die Stelle nach Ablauf der sechs Monate regulär neu besetzt. Die AfD-Fraktion reagiere damit auf die prekäre Finanzsituation der Stadt und die Tatsache, dass die Personalkosten mehr als 30 Prozent des städtischen Haushalts ausmachen.

Benjamin Rösch (AfD)

Benjamin Rösch (AfD) sieht Einsparpotenziale beim Personal der Stadt Lahr. Foto: AfD Ortenau

„Kreativität beim Finden effizienterer Prozesse“

„Alle wissen, dass es Potential für einen Stellenabbau bei der Stadt gibt. Wenn Vakanzen für einen gewissen Zeitraum ausgeglichen werden müssen, ist Kreativität beim Finden effizienterer Prozesse oder auch die Bereitschaft zu sinnvollen Umstrukturierungen gefragt“, wird Benjamin Rösch, haushaltspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, in einer Pressemitteilung zitiert. Das Ziel sei es, einen siebenstelligen Betrag einzusparen. Wenn die Brandmauer steht, wird der Antrag am 15. Dezember im Rat abgelehnt, unabhängig von seiner Qualität und Güte. Einfach aus Prinzip.

Besuch bei der Stadt Offenburg

Gemeinsam mit der Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen im Offenburger Gemeinderat, Maren Seifert, hat der Grüne Landtagsabgeordnete Thomas Marwein der Stadt Offenburg einen offiziellen Gemeindebesuch abgestattet. Wie zu erwarten, brennt OB Marco Steffens am meisten die finanzielle Situation der Kommunen. Offenburg könne zwar die geplanten großen Projekte durchführen, aber der Handlungsspielraum sei eng. Land und Kommunen müssten in Sachen Leistungen daher den Menschen reinen Wein einschenken so Steffens.

Solarboom in Offenburg

Klimaschutzmanagerin Bernadette Bernadett Kurte stellte unter anderem die Klimaschutzstrategie „Offenburg klimaneutral 2040“ und einige der bereits in der Umsetzung befindlichen Maßnahmen vor. „Die energetische Sanierung wird immer mitgedacht bei Baumaßnahmen“, wird Kurte zitiert. Insbesondere die Photovoltaik boome derzeit in Offenburg: Insgesamt gebe es 55 GW installierte Leistung, in den letzten drei Jahren hätten sie sich verdoppelt.

Stadtbus Offenburg

Offenburg strebt eine rein elektrische Stadtbusflotte an. Foto: Stadt Offenburg

Zahlreiche Themen

Die Umsetzung des Integrierten Klimaanpassungskonzepts und die Aufstellung des „Notfallplans Hitze“, dessen Zwischenstand 2026 vorgestellt wird, ferner das Stadtbaumkonzept zur Identifikation von Potenzialräumen und das Förderprogramm bio.og für Maßnahmen von Bürger:innen thematisierten die Kommunalvertreter ebenfalls. Auch eine rein elektrische Stadtbusflotte werde angestrebt.

Landtagswahl rückt näher

Während Maren Seifert die Umsetzung des Masterplans Verkehrs anmahnte, um die Klimaziele zu erreichen, sicherte Thomas Marwein hier seine Unterstützung zu: „Ich habe mich hierfür immer wieder auf Landesebene stark gemacht und werde dies bis Ende der Legislaturperiode noch weiter tun!“ Viel Zeit bleibt ihm dafür wohl nicht mehr. Die Landtagswahl steht in rund drei Monaten auf dem Programm.

Siehe auch hier:

Polit-Splitter Ortenau: FDP wählt neuen Kreisvorstand – und Kanzler Friedrich Merz besucht die Ortenau

Polit-Splitter Ortenau: Brücken, Bildung, Baumkritik – das sind die Themen in der Ortenauer Politikerszene

BA Immobilien

Weitere Beiträge