Kreispolitik

Kreissprecher Benjamin Rösch: „Ich sehe mich nicht als der neue starke Mann der AfD Ortenau“

Benjamin Rösch AfD Kreissprecher
© AfD Ortenau – Der neue Kreisvorsitzende Benjamin Rösch stellte sich den Fragen des Ortenau Journals.
Dem Führungswechsel bei der AfD Ortenau ist laut dem neuen Kreisvorsitzenden und Landtagskandidaten Benjamin Rösch eine „intensive Auseinandersetzung über den Kurs des Kreisverbands“ vorausgegangen: Im Interview mit dem Ortenau Journal spricht der ehemalige Bundeswehroffizier über den Richtungsstreit mit Vorgänger Taras Maygutiak, die strategische Neuausrichtung des Kreisverbands, seine Positionen zur geplanten Erstaufnahmeeinrichtung in Lahr sowie zu den Grenzkontrollen.
Von Wolfgang Huber

Bei der AfD Ortenau gab es vor Kurzem einen Führungswechsel. Für Außenstehende etwas überraschend forderte Benjamin Rösch aus Lahr den Amtsinhaber Taras Maygutiak heraus, und wurde knapp gewählt. Kurz darauf wurde Rösch, der einst in der DACH-Region Sportgeräte an Fitnessstudios verkauft hat und nun im Büro des Abgeordneten Michael Blos im Bundestag arbeitet, auch zum Landtagswahlkandidaten für den Wahlkreis Lahr gewählt.

Knapp 400 Mitglieder in der Ortenau

Rösch ist ein Mann der ersten Stunde bei der AfD. Seit 2013 war er Fördermitglied, ehe er diese 2019 in eine Vollmitgliedschaft umwandelte. Im Interview mit dem Ortenau Journal spricht der ehemalige Bundeswehroffizier und Kreisrat (Rösch gab das Mandat neulich zurück) über den Machtkampf mit Taras Maygutiak und die Gründe für den Richtungsstreit in der AfD Ortenau. Es habe eine intensive Auseinandersetzung über den richtigen Weg für den knapp 400 Mitglieder starken Kreisverband.

Ortenau Journal: Sie haben Taras Maygutiak als Kreissprecher abgelöst und wurden nun als Landtagskandidat für Lahr nominiert. Sie sind offensichtlich der neue starke Mann in der AfD Ortenau. Haben sie lange darauf hingearbeitet?

Benjamin Rösch: Ich hab mit dem Begriff „Starker Mann“ in dem Zusammenhang tatsächlich ein Problem. Als solcher sehe ich mich nicht. Ich sehe mich als Kreissprecher eher als primus inter pares. Mein Ansatz ist es ja, den Kreisverband personell breiter aufzustellen und die Arbeitslast auf viele Schultern und Köpfe zu verteilen, eben auch vor Ort in den Ortsverbänden in diesem großen Landkreis. Da ist die Bezeichnung „Starker Mann“ glaube ich nicht korrekt. Das ist nicht mein Selbstverständnis.

Ortenau Journal: Es sah lange so aus, als sei Taras Maygutiak unbestritten die Nr. 1 in der AfD Ortenau. Dann gab es schon bei der Nominierung für die Landtagswahl einen Gegenkandidaten. Hat es da schon etwas rumort in der Partei?

Benjamin Rösch: So viel ich weiß, hat die Kandidatur von Jürgen Pietraszyk in Offenburg nicht mit einer persönlichen Unzufriedenheit mit Taras Maygutiak als Kreissprecher zu tun gehabt. Da gab es wohl keinen Zusammenhang. Allerdings gab es schon eine intensive Auseinandersetzung über den richtigen Weg für den Kreisverband.

Ortenau Journal: Worin lagen oder liegen die unterschiedlichen Auffassungen über die Ausrichtung?

Benjamin Rösch: Wie schon gesagt: Wir gehen jetzt den Weg der personellen Breite. Und wir wollen den Fokus auf lokale und regionale Themen und Anliegen legen. Der Gegenentwurf wäre, dass der Kreisverband auf eine Person ausgerichtet ist und man sich vorrangig um Themen kümmert, die hier eher auf der falschen Ebene angesiedelt sind, wie zum Beispiel Außenpolitik.

Ortenau Journal: Gab es Frust darüber, dass Taras Maygutiak zum wiederholten mal nicht aussichtsreich auf einer Landesliste platziert worden ist?

Benjamin Rösch: Ja, das hatte natürlich auch eine gewisse Rolle gespielt, dass wir als sehr großer Kreisverband – wir haben bald 400 Mitglieder – nicht bedacht worden sind mit einem aussichtsreichen Listenplatz bzw. überhaupt einem Listenplatz. Und es gab schon Anhaltspunkte, dass das im Zusammenhang mit der Person Taras Maygutiak stand. Das hat dann auch zu Unzufriedenheit unter manchen Mitgliedern geführt.

Taras Maygutiak

Wurde von Benjamin Rösch abgelöst: Taras Maygutiak (Foto: AfD Ortenau)

Ortenau Journal: Maygutiak wurde gerade als Sprecher des Ortsverbands Offenburg bestätigt. Zumindest in Offenburg sitzt er nach wie vor fest im Sattel. Gibt es eine Spaltung in der AfD Ortenau?

Benjamin Rösch: Nein, eine Spaltung gibt es nicht. Ich habe damit gerechnet, dass die Mitglieder aus Offenburg und Umgebung Taras Maygutiak wieder zum Sprecher des Ortsverbands wählen werden, der er ja schon einmal war, bevor er Kreissprecher wurde, alleine schon mangels Alternativen. Der Ortsverband kann aber natürlich in Zukunft noch personell aufwachsen mit mehr Leuten, die bereit sind Verantwortung übernehmen. Der Ortsvorstand ist mit vier Personen sowieso etwas klein nach meinem Empfinden. Aber das ist alles eine Entscheidung der Mitglieder des Ortsverbands, auf die ich keinen Einfluss nehmen möchte.

Ortenau Journal: Wie läuft es mit der Gründung eines Ortsverbands im Kinzigtal?

Benjamin Rösch: Das sind wir auf einem sehr guten Weg. Die Absicht ist es, das noch in diesem Jahr durchzuziehen.

Ortenau Journal: Das heißt, sie sind da schon weit fortgeschritten und es gibt auch schon Interessenten?

Benjamin Rösch: Ja, wir sind als Kreisvorstand schon mit einigen Personen im Gespräch, die sich dort anbieten. Auch als Mitglieder im Vorstand.

Ortenau Journal: Ihre Schwerpunkte für den Landtagswahlkampf haben sie in einer Pressemitteilung bereits genannt. Welche Rolle spielt die geplante Erstaufnahmeeinrichtung in Lahr? Ist das Thema vom Tisch?

Benjamin Rösch: Das Thema ist natürlich weiter hoch aktuell. Ministerin Marion Gentges macht ja weiterhin Werbung für diese Erstaufnahmeeinrichtung. Und es verdichten sich die Hinweise, dass sie tatsächlich kommen soll. Und das ist natürlich für die Lahrer und das Umland eine richtig dicke Kröte, die man eigentlich nicht schlucken möchte. Im Kinzigtal spielt diese Sache allerdings keine große Rolle, denke ich.

Ortenau Journal: Die Flüchtlingszahlen sinken ja schon seit über einem Jahr drastisch. Das ist nur noch ein Bruchteil dessen, was es vor zwei oder drei Jahren an Zuwanderung gab. Würde es überhaupt noch Sinn machen, jetzt in Lahr so eine Erstaufnahmeeinrichtung zu errichten?

Benjamin Rösch: Es macht natürlich keinen Sinn. Aber man weiß ja nicht, was da in der Bundesregierung für Überlegungen angestellt werden, was die zukünftige Aufnahme von Flüchtlingen angeht. Wir haben zur Zeit weltweit viele Konflikte und Deutschland ist nun mal aufgrund seiner Politik das Ziel Nr. 1 für alle, die sich da aus ihrer Heimat auf den Weg machen. Grundsätzlich sollte es auch deshalb keinen Sinn macht, weil wir als Land im Grunde schon am Anschlag sind. Zu diesem Thema möchte ich auch nochmal ganz konkret etwas sagen: Ich war selbst über mehrere Jahre im Flüchtlingsmanagement in Berlin tätig und habe auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sieben Monate lang beraten. Daher weiß ich, dass man in diesen Erstaufnahmeeinrichtungen nochmal eine ganz andere Klientel findet, als in der Anschlussunterbringung. Da hat die Filterung von den ganz schwerwiegenden Problemfällen noch gar nicht stattgefunden. Da hat man es manchmal mit Leuten zu tun, die wirklich gefährlich sind, die noch nicht rausgefiltert wurden und dann später im Gefängnis oder in der Psychiatrie sitzen. Das ist ein Riesenproblem.

Ortenau Journal: Ist das die Praxis, dass man bestimmte Problemfälle dort herausnimmt?

Benjamin Rösch: Die müssen ja erst mal die Gelegenheit haben, Straftaten zu begehen. Man kann ja nicht in die Köpfe reinschauen. Und das ist eben das Problem in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Da hat man wirklich tickende Zeitbomben dabei.

Ortenau Journal: Wie sehen sie die Kontrollen an der Grenze bei Kehl?

Grenzkontrollen Bundespolizei Kehl

Grenzkontrollen in der Tram bei Kehl (Foto: Stadt Kehl)

Benjamin Rösch: Die Grenzkontrollen sind leider notwendig. Die Kriminalität in Kehl spricht eine ganz eindeutige Sprache. Und es sind eben oft Täter, die über die Grenze gekommen sind. Aber was heißt notwendig? Ich würde eher sagen, die Kontrollen gehen noch nicht weit genug. Auch wenn es für Besucher von Straßburg, die über Kehl dorthin kommen, zu gewissen Wartezeiten führt: natürlich ist es absolut notwendig.

Ortenau Journal: Welche Maßnahmen würden sie denn zusätzlich noch befürworten an der Stelle?

Benjamin Rösch: Das man sich zusätzlich noch die Ausweichrouten anschaut. Kriminelle lernen ja dazu, wenn sie merken, dass da zumindest stichprobenweise die Rheinbrücke in Kehl kontrolliert wird. Da fahren sie eben südlich bei dem E-Werk über den Rhein oder nutzen andere Möglichkeiten.

Ortenau Journal: Strebt die AfD im Land eine Koalition mit der CDU an nach der Landtagswahl?

Benjamin Rösch: Grundsätzlich wollen wir unsere politischen Inhalte umsetzen. Und realistischerweise kommt da aufgrund der politischen Ausrichtung kein anderer Koalitionspartner als die CDU in Frage. Man wünscht sich natürlich immer 51 Prozent der Sitze, aber das findet in der Realität nicht statt. Das heißt, man muss mit einem Koalitionspartner Kompromisse eingehen. Aber die CDU müsste sich auch bewegen und ihr Handeln an die Rhetorik anpassen. Momentan sieht man davon nichts.

Siehe auch hier:

Benjamin Rösch will nach seiner Wahl zum AfD-Kreissprecher nun sein Kreistagsmandat zurückgeben

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