Von Wolfgang Huber
Ein halbes Jahr ist nun ins Land gegangen, seit in Oberkirch eine neues Konzept in Gestalt der Mach!BAR etabliert wurde und die Innenstadt merklich belebt. Ok, die Mach!BAR ist nicht das einzige belebende Element. Da wäre das Vitalzentrum Quantensprung mit seiner neuartigen Recreation Lounge, das Pianohaus Fies – beide wie die Mach!BAR ebenfalls am Kirchplatz. Dann öffnete in der Hauptstraße das Phillys Burger seine Pforten, als Nachfolge des Traditionshauses Café Gmeiner. Ja, in den vergangenen Monaten gab es etliche Neueröffnungen.
Ungefilterter Musikgenuss
Doch bei der Mach!BAR hat das Ganze einen zusätzlichen Groove. Denn seit Januar finden dort regelmäßig Kneipenkonzerte statt. Diese Form der Sub-Kultur bringt aufgrund der Nähe zwischen Band und Publikum sowie der begrenzten Technik ungefilterten und authentischen Musikgenuss mit sich. In dieser persönlichen Atmosphäre zählt alleine das Handwerk und die Konzerte haben meist einen regionalen Bezug.
Auch in der Ortenau blüht die Kneipenkultur. Wenngleich sich seit Corona das Ausgehverhalten der Leute geändert hat, gibt es zahlreiche traditionsreiche Musik-Kneipen, die den besonderen Flair von Kneipenkonzerten pflegen. Genannt sei der Durbacher Hof in Offenburg, das Cafe-Bar Fantasy in Ortenberg oder das Au Journal in Kehl.
Erlesene Auswahl der Acts
Nun also die Mach!BAR in Oberkirch. Chef Sebastian Bayer legt größten Wert auf eine erlesene Auswahl der Bands. Nicht jeder, der drei Akkorde auf der Gitarre spielen kann, kommt bei ihm auf den Spielplan. Auf der anderen Seite gibt es unzählige Bands und Einzelkünstler die sich auf Kneipenkonzerte spezialisiert haben. Meist geht der Hut rum und wenn der Abend schlecht besucht ist, bleibt nicht viel bei den Musikern hängen.
Die Strategie von Sebastian lässt sich exemplarisch an drei Bandnamen ablesen: Cris Cosmo, Maxoom und Buddy & Doc. Trio. Bei diesen drei Kneipenkonzerten war das Ortenau Journal mit einer – nennen wir es Delegation – vertreten. Bereut haben wir es nicht. Wie ich aus eigener Erfahrung aus den 90er Jahren in meinem legendären Musik-Café „Jazz Inn“ weiß, geht nichts über unverstellten Live-Sound mit ehrlichen Musikern, denen ihr mühsamer Job nicht Last, sondern Lust bedeutet. Der erste Live-Act in der Mach!BAR war übrigens Daniel Berger im Januar.
Songwriter und Entertainer
Cris Cosmo, der bei kleinen Konzerten stets mit Paul Kalemba (Drums, Percussions) auftritt, ist in der Ortenau bestens bekannt. Durch seine räumliche Nähe – er wohnt in Bühl – können ihn seine Fans hier regelmäßig erleben. Cris Cosmo ist nicht nur Songwriter, Sänger und Coach, er ist auch Entertainer. Er interagiert mit dem Publikum, spricht sie direkt an. Und: „Cris Cosmo verdichtet den Moment“ steht auf seiner Website. Das kann man durchaus bestätigen. Beides. So auch in der Mach!BAR an diesem Freitag Abend im März.
Ortenauer Identität
Die Good Vibes von Cris Cosmo springen direkt von der kleinen Bühne im Untergeschoss des noch jungen Lokals auf das Publikum über. Und er hat zahlreiche Botschaften im Gepäck. Denn in seinen selbst komponierten Songs nimmt er Bezug zur Ortenauer Identität, der Corona-Krise oder der ungleichen Vermögensverteilung weltweit. Er tritt ein für Völkerverständigung und warnt vor der Gefahr von Social Media und dem Rechtsruck in der Gesellschaft. Oder er erzählt von seiner Zeit in Südamerika, wo er seinen Künstlernamen verpasst bekam.
An Träume glauben
Vor allem findet man sich in vielen seiner Songs wieder. Ich werde ermutigt, an meine Träume zu glauben oder wahlweise an mich selbst („Trau dich“). Mit den Zeilen „Ihr werdet euch noch wundern“, in denen es um sozialen Aufstieg geht, fühle ich mich erneut angesprochen, der ich doch im Leben schon genug Tuchfühlung mit dem harten, nassen Asphalt der Realität gemacht habe.
Nicht zuletzt daraus entspringt die Aufforderung von Cris Cosmo: „Lächle, der Sommer kommt zurück“. Wo er Recht hat, hat er Recht. Hatte ich doch in meinen jüngeren Jahren den Beinamen „Ernst“, weil ich so selten lachte. Fast scheint es, als hätte Cris Cosmo hier ein paar seiner „Blitz-Songs“ produziert – extra für meine Wenigkeit. Womöglich war es Freestyle. Dieser Künstler jedenfalls ist immer einen Besuch wert. Nicht umsonst waren seine Songs schon für den Echo und den German-Songwriting-Award nominiert, bekamen einen Radio-Regenbogen-Award und brachten ihn zum Bundesvision Songcontest.
60er-Jahre-Feeling
Einen Award hätte auch Maxoom verdient. „Germany‘s best freakish blues rock band“, wie sich das Quartett selbst bezeichnet, fesselt mit dem Soundtrack der Flower Power-Ära und des legendären Woodstock-Festivals 1969. Selbst, wenn man die 60er nicht erlebt hat, spätestens nach einem Maxoom-Konzert weiß man endgültig, was zu Zeiten des Vietnam-Kriegs und der 68er-Revolte in den USA und Europa für eine Atmosphäre geherrscht haben muss. Es waren Zeiten des gesellschaftlichen Protests, der politischen und kulturellen Erneuerung, von langen Haaren und Bärten, neuer Musik und freier Liebe. Aufbruchstimmung pur!
Psychedelic Rock
Nun, lange Bärte muss ich jetzt nicht haben, aber die anderen Merkmale haben schon was. Jimi Hendrix war seinerzeit eine Sensation, sein virtuoses und filigranes Bearbeiten der Gitarrensaiten, der psychedelisch anmutende Sound, seine einprägsame und gleichzeitig flüchtige Stimme. All das bringen Maxoom-Bandgründer Bernhard „Bernie“ Justus (Guitar, Vocals), Sven „Lucky“ Lück (Drums) und Bernhard Bonengel (Bass, Vocals) mit einer Selbstverständlichkeit auf die Bühne, die einen staunend zurücklässt.
Routine und Freude
Das Trio performt Songs von Cream, Mountain oder der Jimi Hendrix Experience wie „Little Wing“, „Red House“ oder die Klassiker „Voodoo Child“, „Purple Haze“ und „Crosstime Traffic“, wobei „Bernie“ Justus die größte Musikära der Geschichte mit einem Mix aus Routine und kindlicher Freude direkt in die Niederungen Schwarzwälder Kneipenkeller trägt. Das Publikum lässt sich von den originalgetreuen Klängen einfangen und tanzt wie in Trance. Es geht nichts über ein zünftiges Kneipen-Konzert.
Unbekanntes Gefühl
Last but not least widmen wir uns dem Buddy & Doc Trio. Die Formation um Buddy Hills hat sich der „Tennessippi Music“ verschrieben. Zusammen mit Claus-Dieter Ruf alias „Doc“ (Schlagzeug) und Rainer Stuerzel (Bass, Saxophon) sorgt er für ein Gefühl, wie es die meisten noch nicht kennen, es sich aber genau so vorstellen. Denn gesehen hat man es in unzähligen US-amerikanischen Roadmovies, irgendwo an einem State Highway in der Provinz entlang der Route 61 oder der Route 66: Die sogenannten „Bar Circuits“ oder einfach „Road Tour“ genannt.
Szene aus „Blues Brothers“
Es muss sich also genau so abspielen in Land der Country Music, des Blues und des Jazz. Apropos Blues: In der sogenannten „Rawhide“-Szene im Kultklassiker „Blues Brothers“ von 1980 werden die Brüder mit ihrer Band in einer Provinzbar an einem Highway hinter einem Gitter spielend mit Flaschen, Schuhen oder Gemüse beworfen werden. Im Publikum allerlei düstere Gestalten, Sauf- und Raufbolde, Trucker und sonstige Verlierer des US-amerikanischen Kapitalismus, die ziellos von Bundesstaat zu Bundesstaat ziehen, um ihr Glück zu finden. Doch in der Mach!BAR im beschaulichen Oberkirch gibt es natürlich keine Kapitalismusopfer. Oder doch?
„Road Tour“: Echte Tradition
Die „Road Tour“ gehört zu den echten Traditionen in der US-amerikanischen Musik- und Popkultur. Seit den frühen Tagen des Blues, Country und später Rock ’n’ Roll sind Musikerinnen und Musiker auf Tour durch die Bundesstaaten gefahren, meist entlang der U.S. Highways oder State Routes, um in Bars, Honky-Tonks, Roadhouses, kleinen Clubs oder Kneipen aufzutreten. Das Buddy & Doc Trio vermittelt genau dieses Feeling, verstärkt durch die Szenerie an jenem 2. Mai 2025 mit der kleinen Bühne.
Reich beschenkt am Geburtstag
So tragen die drei Routiniers Songs wie „Suzie Q.“ von Creedence Clearwater Revival, „That´s all right“ oder „Viva Las Vegas“ von Elvis Presley mit einem stoischen Selbstverständnis und dennoch mit Herzblut und Hingabe vor, dass man sich an seinem Geburtstag reich beschenkt fühlt, wieder um eine Impression reicher. Ein kleiner emotionaler Musik-Trip in ein unbekanntes Land. Für jemanden, der aus Prinzip nie verreist und das Land seit 23 Jahren nicht mehr verlassen hat, ist das von unschätzbarem Wert.
Echte Bereicherung
Die Kneipenkonzerte im Jahr 2025 in der Mach!BAR in Oberkirch, dass jetzt in Sachen Gastronomie in der Innenstadt nicht gerade an Überfluss leidet, sind eine echte Bereicherung für die vielfältige, virulente Kultur- und Kneipenszene der Ortenau. Und ein Zeichen gegen die Verödung der deutschen Innenstädte, wo sich nachts sonst kaum mehr jemand auf die Straße traut. Man muss Sebastian Bayer also danken für seinen unternehmerischen Mut, gleichzeitig neue und alte Wege zu gehen.
YouTube-Videos:
Cris Cosmo – Wer ist Cris Cosmo – ein kurzes Porträt
Maxoom Live im Schlachthof EssBar Lahr
YouTube-Profil Buddy & Doc Trio
Siehe auch hier:
Sebastian Bayer revolutioniert mit der Mach!BAR das Eventerlebnis
Vier neue Läden: Wie Offenburg und Oberkirch ihre Innenstädte beleben
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