Arbeitswelt

Homeoffice: Industrie in Südbaden bevorzugt laut einer wvib-Umfrage hybride Arbeitsmodelle

Frau im Homeoffice mit Kind
© Drazen Zigic/FREEPIX – Das Homeoffice bietet einige Vorteile wie eine bessere Work-Life-Balance.
Während viele Unternehmen weltweit ihre Beschäftigten zurück ins Büro holen, hält der industrielle Mittelstand in Südbaden überwiegend an hybriden Arbeitsmodellen fest. Eine aktuelle Umfrage des wvib zeigt: Die Mehrheit setzt auf eine Mischung aus Präsenz- und Remote-Arbeit – meist mit klaren Vorgaben. Eine flächendeckende Abkehr vom Homeoffice ist also nicht in Sicht. Die südbadische Wirtschaft folgt damit einem klaren Bundestrend: Flexibilität durch Hybrid-Arbeit.
Von Wolfgang Huber

In den vergangenen Monaten war viel darüber zu lesen, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter vom Homeoffice zurück ins Büro beordern. Amazon, Dell oder SAP taten sich dabei hervor. In den USA ist es ein Trend, Homeoffice zu beenden oder einzuschränken. Viele sehen schon das Ende von New Work gekommen. Führungskräfte verspüren oft den Drang, Kontrolle auszuüben. Stichwort: Command & Control.

Gefahr: „Quiet Quitting“

Doch derlei Ansätze und Anwandlungen von Unternehmenslenkern und Vorgesetzten schränken die Motivation der Belegschaft erheblich ein. Viele gehen über zu Quiet Quitting, der innerlichen Kündigung. Sie verrichten also nur noch Dienst nach Vorschrift. Eigeninitiative oder gar Innovationsfähigkeit leiden. Die Folge: Der Unternehmenserfolg ist gefährdet.

Misstrauen bei Chefs

Auch die erschwerte Kommunikation bei Belegschaften, von denen ein Großteil im Homeoffice arbeitet, wird immer wieder als Grund angeführt, die Möglichkeiten für Remote Work einzuschränken. Außerdem misstrauen etliche Chefs ihren Angestellten. Sie glauben, im Homeoffice werde nicht genug gearbeitet, die Produktivität sei niedrig. Die zahlreichen Studien hierzu geben kein einheitliches Bild ab.

GenZ schätzt Kollegenkontakt

Auffallend: Zwar schätzt die Generation Z die Vorteile des Homeoffice wie Flexibilität und das Wegfallen des Pendelns. Doch die Liebe zur Arbeit von Zuhause hält sich in Grenzen: 67 Prozent der jungen Arbeitnehmer bis 28 Jahre würde einer Umfrage von mute-lab zufolge, über die Business Punk berichtet, auch eine Stelle ohne Homeoffice-Möglichkeit annehmen. Denn der Kontakt und die soziale Interaktion mit den Kolleginnen und Kollegen werde ebenfalls geschätzt.

Hybrid-Modell ist etabliert

Doch wie sieht es bei den Unternehmen in Südbaden beim Thema Homeoffice aus? Der Wirtschaftsverband wvib Schwarzwald AG hat seine Mitgliedsunternehmen dazu befragt. Rund 200 Personalverantwortliche haben sich einer Pressemitteilung zufolge an der Kurzumfrage beteiligt. Demnach halten die meisten Industrieunternehmen an ihren etablierten hybriden Modellen fest. Die allermeisten Unternehmen würden auf eine Mischung aus Homeoffice und Präsenzarbeit, also Hybrid-Arbeit setzen: 63 Prozent der Arbeitgeber legen dabei eine maximale Homeoffice-Quote fest.

Büroangestellte Gespräch

Foto: FREEPIX – Der Austausch mit Kollegen fördert die Kreativität

40 Prozent Remote-Quote

Nur rund 12 Prozent der Arbeitgeber in der Region schließen die Möglichkeit für Homeoffice gänzlich aus und fordern vollständige Büropräsenz von ihren Angestellten. Nur 10 Prozent der befragten Unternehmen würden vollständig auf eine Vorgabe verzichten. Eine Remote-Quote von 40 Prozent sei dabei für 39 Prozent der Unternehmen ideal. Es ist die größte Gruppe. Das entspricht einem Pensum von zwei Arbeitstagen im Homeoffice.

Maximal einen Tag Telearbeit oder 20 Prozent Homeoffice pro Woche gestatten dagegen 33 Prozent der Befragten, heißt es weiter. 30 Prozent Homeoffice gibt es nur bei rund 8 Prozent der Unternehmen. Mehr als 50 Prozent Homeoffice gibt es nur bei 20 Prozent der Firmen. Die übrigen Unternehmen setzen auf individuelle Vereinbarungen.

Keine Trendwende in Sicht

Der industrielle Mittelstand forciert also nicht die Abkehr vom Homeoffice. Eine große Trendwende oder eine flächendeckende Abkehr von bisherigen Regelungen ist nicht erkennbar. Für die meisten habe sich gar nichts geändert. 79 Prozent haben ihre bisherigen Regelungen im vergangenen Jahr beibehalten. 8 Prozent hätten ihre Regeln verschärft, 3 Prozent dagegen gelockert. Einige hätten bestehende Modelle konkretisiert oder regeln sie erstmals per Betriebsvereinbarung.

„Drehmaschine passt nicht ins Homeoffice“

„Die Diskussion über das richtige Maß an Homeoffice spielt in den Medien oft eine größere Rolle als in den Unternehmen“, wird Christoph Münzer, wvib-Hauptgeschäftsführer, zitiert. „Viele Industrieunternehmen setzen weiterhin auf ein ausgewogenes Hybridmodell. Eine Drehmaschine passt nicht ins Homeoffice. Aus Rücksicht auf die Mitarbeitenden in der Fertigung gehen produzierende Unternehmen seit langem vorsichtiger vor. Deshalb müssen sie ihre Arbeitsmodelle jetzt auch nicht neu erfinden. Die Industrie weiß: Gute Unternehmen führen über Ergebnisse und eine passende Kultur – nicht über Vorgaben, wann und wo gearbeitet wird.“

Wirtschaft im Südwesten liegt im Trend

Alles in allem liegt die südbadische Wirtschaft voll im Trend. Der lautet: Hybrid-Arbeit. Die Arbeitgeber ermöglichen ihren Mitarbeitern mehrheitlich moderne Arbeitsmodelle. Das Hybrid-Modell hat sich insgesamt bewährt, vereint es doch die Vorteile von Homeoffice und Büro und lässt Flexibilität ebenso zu wie soziale Interaktion und den Austausch zwischen den Teams. Mittlerweile hat sich auch SAP mit dem Betriebsrat auf ein Hybrid-Modell geeinigt und den Streit beigelegt.

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