Es ist der Klassiker in der öffentlichen Diskussion um die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands: Die Forderung nach längeren Arbeitszeiten. Obwohl längst erwiesen ist, das die Produktivität beispielsweise bei einer Vier-Tag-Woche deutlich höher ist. Nun konnte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche der Versuchung nicht widerstehen, die Deutschen zu beschimpfen und ihnen Faulheit vorzuwerfen.
Differenziertes Bild
Mit ihrer Forderung, die Deutschen müssten „mehr und länger arbeiten“, hat die CDU-Politikerin erneut eine hitzige Debatte über die deutsche Arbeitsmoral angestoßen. Die Aussage bedient ein bekanntes Klischee vom vermeintlich arbeitsscheuen Deutschen – doch ein Blick auf die Fakten, den die Redaktion des Online-Magazins Business Punk vornahm, zeigt ein differenzierteres Bild.
Deutsche Spitze bei Produktivität
Demnach liegt zwar Deutschland mit durchschnittlich 1.349 Arbeitsstunden pro Jahr laut einer Statista-Auswertung, auf die sich Bild.de berief, deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 1.716 Stunden. Doch die reine Stundenzahl sagt wenig über die tatsächliche Leistung aus, schreibt Business Punk. Entscheidend sei vielmehr die Produktivität pro Arbeitsstunde – und hier gehört Deutschland zu den Spitzenreitern. Die Produktivität deutscher Arbeitnehmer liege rund 30 Prozent über dem EU-Durchschnitt. In vielen Fällen würde ein deutscher Beschäftigter in einer Stunde mehr erwirtschaften als ein Kollege anderswo in zwei Stunden. Qualität schlägt also Quantität.
Urlaub ist kein Luxus
Auch beim Urlaub liegt Deutschland dem Bericht zufolge mit durchschnittlich 30 Tagen im internationalen Vergleich weit vorne. In Ländern wie den USA oder Japan gebe es deutlich weniger oder gar keinen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Dennoch würden Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigen, dass regelmäßige Erholungszeiten kein Luxus sind, sondern die Leistungsfähigkeit langfristig stärken. Sie senken Fehlerquoten, beugen Burnout vor und tragen zur nachhaltigen Produktivität bei.
Krank zur Arbeit
Beim Krankenstand belege Deutschland mit durchschnittlich 18 Tagen im Jahr ebenfalls einen oberen Platz im internationalen Vergleich. Doch auch hier greife eine oberflächliche Betrachtung zu kurz: Die Werte schwanken je nach Branche und Altersstruktur. In Ländern mit niedrigeren Krankenständen erscheine oft ein hoher Anteil der Beschäftigten trotz Krankheit am Arbeitsplatz – mit negativen Folgen für die Gesundheit und die betriebliche Effizienz. Interessant: Während der Corona-Pandemie sank der Krankenstand hierzulande trotz vieler Erkrankungen – nicht zuletzt durch Homeoffice-Regelungen, die eine flexible Weiterarbeit ermöglichten, heißt es weiter.
Darauf kommt es an
Die wirkliche Herausforderung liege jedoch nicht in der individuellen Arbeitsleistung, sondern im demografischen Wandel: Bis 2035 werden dem deutschen Arbeitsmarkt rund sieben Millionen Fachkräfte fehlen. Die Lösung liege daher nicht in pauschalen Appellen zu mehr Arbeit, sondern in intelligenten Konzepten, die Produktivität, Lebensqualität und Innovationsfähigkeit vereinen. Digitalisierung, flexible Arbeitsmodelle und lebenslanges Lernen würden dabei eine entscheidendere Rolle spielen als bloße Stundenzahlen.
Statt auf althergebrachte Forderungen zu setzen, sollte die Politik zukunftsfähige Rahmenbedingungen schaffen. Denn wer im globalen Wettbewerb bestehen will, setzt besser auf Qualität – und nicht auf Quantität.
red/ChatGPT
Zum Ausgangsartikel: Mythos Faulheit – Wie Deutschland wirklich arbeitet
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