Wirtschaft / Arbeitswelt

25 Jahre „Das Marketing Büro“: PR-Profi Markus Gschwind über Fachmedien, KI und die Fehler der Autobranche

Markus Gschwind
© Markus Gschwind – Kommunikationsprofi Markus Gschwind hat sich auf eine anspruchsvolle Branche spezialisiert.
Seit 25 Jahren begleitet Markus Gschwind mittelständische Technologiefirmen durch die komplexe Welt der B2B-Kommunikation – von strategischer Beratung bis zur tiefen Fachberichterstattung. Im Gespräch mit dem Ortenau Journal erklärt er, wie KI die PR-Branche verändert, warum Fachmedien trotz digitaler Konkurrenz weiter wichtig bleiben und weshalb die Automobilindustrie erheblich zu ihrer aktuellen Krise beigetragen hat. Gschwind zieht eine positive Zwischenbilanz seiner Content Marketing Agentur.
Von Wolfgang Huber

Markus Gschwind betreibt seit 25 Jahren sein „Marketing Büro“ in Hohberg. Er bietet mittelständischen Unternehmen eine Rundumbetreuung in Sachen Pressearbeit, Konzeption und Kommunikation. Viele seiner Kunden kommen aus technisch dominierten Branchen wie der Maschinenbau, der IT oder der Lasertechnik.

Bedeutung der Fachzeitschriften

Das Ortenau Journal hat mit Markus Gschwind gesprochen. Er beschreibt seine Einschätzung zur Unternehmenskommunikation in Zeiten von Künstlicher Intelligenz, die Bedeutung der Fachzeitschriften und sein Business im Allgemeinen. Außerdem verrät er, wieso die Autoindustrie selbst einen großen Anteil an der Misere der Automotive-Branche hat.

Das Interview:

Ortenau Journal: Glückwunsch. 25 Jahre „Das Marketing Büro“ Markus Gschwind. Was du anbietest, ist nicht einfach PR. Welche Bandbreite deckst du mit deinem Business ab?

Markus Gschwind: Mir war es von Anfang an wichtig, auf der einen Seite meinen mittelständischen Kunden eine strategische Beratung zukommen zu lassen, wie eine Unternehmensberatung. Weil ich der Meinung bin, dass jegliche Aktivität auf einer fundierten Konzeption basieren muss, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Das ist der eine Punkt, die strategische Fundierung. Und da ich im Mittelstand unterwegs bin, hilft eine Strategie alleine nicht aus, sondern sie muss auch umgesetzt werden. Und das ist die zweite Säule: die Unterstützung bei der Umsetzung. Da bin ich breit aufgestellt. Ich war ja selber in der Situation als Marketingleiter in einem Technologieunternehmen. Ich kenne also auch diese Perspektive.

Ortenau Journal: Du machst 360° Kommunikation. Also Werbung in alle Richtungen sozusagen. Social Media, klassische Medien, Print, etc., also die komplette Bandbreite.

Markus Gschwind: Genau. Ich habe jetzt gerade, weil wir vorhin von Schütz Messtechnik gesprochen haben, einen großen Fachartikel zusammen mit dem Unternehmen erstellt, der in der Oktoberhausgabe des führenden Fachmagazins erschien ist. Das ist meine Kerntätigkeit, die recht tief in die fachliche Materie hineingeht. Oder ich habe jetzt für Querdenker Engineering, für die Fachzeitschrift Elektronikpraxis einen größeren Artikel gemacht. Da geht es dann schon stark in die technischen Details.

Ortenau Journal: Bist du insgesamt damit zufrieden, wie sich die Dinge in den letzten 25 Jahren entwickelt haben?

Markus Gschwind 

Markus Gschwind bietet 360°-Kommunikation für den Mittelstand. Foto: Markus Gschwind

Markus Gschwind: Was heißt zufrieden. Es kommt natürlich immer auch darauf an, was man selbst draus macht. Also man bewegt sich in einem Wettbewerbsumfeld und da gibt es sehr viele Verschiebungen und Veränderungen. Durch die Digitalisierung und durch künstliche Intelligenz in den letzten Jahren hat sich eine ganze Menge verändert. Sich anzupassen an Marktgegebenheiten, an technische Veränderungen, ist deshalb essentiell. Aber da bewege ich mich im gleichen Spektrum und in der gleichen Situation wie meine mittelständischen Kunden.

Ortenau Journal: Als Kommunikationsprofi hast du ja ständig mit Journalisten zu tun, also Fachpresse zum Beispiel. Welcher Kanal ist für deine Kunden wichtiger, die Fachmedien oder, sagen wir mal, der Wirtschaftsteil einer Tageszeitung?

Markus Gschwind: Also ich bin ausschließlich im technischen B2B-Mittelstandsbereich unterwegs. Und die allermeisten Kunden sind nicht nur lokal, sondern überregional aktiv. Manche sind national und einige sogar auch international unterwegs. Also von daher ist die Tagespresse nicht ganz so wichtig. Aber klar, für Firmenjubiläen beispielsweise oder unter dem Gesichtspunkt des Mitarbeiter-Recruitings sind dann auch Tagespresse oder regionale Wirtschaftspresse wichtig. Aber ansonsten, wie ich es gerade angedeutet habe, an erster Stelle Fachmedien, die bundesweit oder europaweit verbreitet werden.

Ortenau Journal: Die Auflage bei den gängigen Fachzeitschriften ist wahrscheinlich sehr gering. Ich denke, weil es in jedem einzelnen Segment, zum Beispiel der Laser-Technologie, vielleicht wenige Hundert Firmen gibt, die diese Zeitschriften abonniert haben. Das ist hochspeziell. Macht es das irgendwie einfacher?

Markus Gschwind: Ich bin ein Freund und Verfechter eines Mehrkanalkommunikationssystems. Gerade durch die Digitalisierung heute – die Fachverlage sind ja alle auch digital unterwegs. Es gibt ja nicht nur Print, sondern in aller Regel auch eine digitale Ausgabe. Von daher denke ich, dass man alle Medienkonstellationen durchspielen muss.

Ortenau Journal: Wie würdest du die Auflagensituation dieser Fachmedien einschätzen, wird die auch schlechter?

Markus Gschwind: Die ist natürlich rückläufig. Weil in den letzten 5, 8 oder 10 Jahren die digitalen Medien deutlich zugenommen haben. Die Fachmedien sind ja überwiegend werbefinanziert, also durch Abonnenten und Anzeigenkunden. Und da hat ein starker Verlust eingesetzt. Die Fachmedien haben es nicht einfach, weil viele Firmen ihre Budgets immer mehr in Richtung digital verschieben.

Ortenau Journal: In den vergangenen drei oder vier Jahren kam noch verstärkt das Thema KI hinzu. Das war vor ChatGPT noch nicht so geläufig oder noch nicht so verbreitet. Es war praktisch eine richtige Disruption. Wie verändert sich die strategische Kommunikation angesichts dieser Entwicklung, hat sich da schon ein bisschen was gewandelt?

KI

Die Kommunikation verändert sich im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz (KI). Foto: Alexandra_Koch/pixabay

Markus Gschwind: Ja, der Wandel ist natürlich schon im Gange und KI ist allgegenwärtig. Jeder kann auch diese Bots, ob ChatGPT oder viele andere nutzen und das wird auch gemacht. Gerade in Unternehmen, die über eigenes Personal im Marketing verfügen oder meinetwegen auch der Geschäftsführer, der daran interessiert ist, die versuchen das natürlich schon, testen aus und lassen sich mal Texte schreiben oder überarbeiten. Das merkt man schon und wird im Marketing noch vieles verändern in den nächsten Jahren.

Ortenau Journal: Im Journalismus verändern sich auch schon längst die Dinge. Aber ich denke mal, dass im Bereich PR die Veränderung noch größer ist, weil man da, sagen wir mal, unverblümt auf die LLM zugreifen kann. Währenddessen wir als Journalisten, wenn wir noch den Anspruch haben, einen originellen Text zu machen, uns eher zurückhalten. Wie sieht das aus in der PR?

Markus Gschwind: Ich glaube der Anspruch an journalistische Professionalität ist im Mittelstand vielleicht nicht ganz so stark ausgeprägt.

Ortenau Journal: Es sind auch Fachtexte, das ist nochmal mal was anderes.

Markus Gschwind: Genau, wobei man da natürlich auch die KI-Tools nutzen kann, etwa für Recherchen. Wie gesagt, es kommt immer auch auf das Level an. Im Social Media Bereich wird da schon wahnsinnig viel gemacht. Da kann jeder auf die Schnelle, auch ein wenig geübter Mitarbeiter, der sich sonst gar nicht getraut hätte, irgendwas Technisches schreiben. Mit ein paar Stichworten kann man einen Post generieren. Ich meine, das Niveau dort ist ja vielleicht nicht so hoch. Es ist heute gepostet, morgen vergessen.

Ortenau Journal: Es kommt natürlich auch darauf an, was für einen Prompt man da eingibt.

Markus Gschwind: Das ist richtig und es kommt ja auch aufs Thema an. Wenn ich beispielsweise einen neuen Mitarbeiter aus der Logistik vorstellen möchte, dann brauche ich nicht viele Informationen. Da muss ich keinen tiefschürfenden Prompt entwickeln, sondern sagen, wir schreiben jetzt ein paar Daten auf und dann wird ein Zehnzeiler erstellt. Das reicht den meisten dann auch aus und ich finde das ganz okay für solche Dinge. Bei fachlichen Themen sollte man auch bei Social Media darauf achten, dass das Niveau gehalten wird. Dort Low-Level-Kommunikation zu betreiben, halte ich für schwierig. Gerade wenn man sich produktseitig als Qualitätsanbieter positioniert.

Ortenau Journal: Wie unterscheidet sich B2B-Social Media-Kommunikation von privater Social Media-Kommunikation? Also spielt der Faktor eine Rolle beim Algorithmus oder geht es in andere Windungen des Internets rein?

Markus Gschwind: Ich unterscheide immer ziemlich stark, was die Zielgruppe anbetrifft. Es gibt Kommunikationskanäle, die sich überwiegend an Privatpersonen richten, sprich potenzielle Mitarbeiter. Die nutzt man als mittelständisches Unternehmen vor allen Dingen, um sich lokal bekannter Von daher sind dann auch die Themen entsprechend ausgerichtet auf diese Zielgruppe. Dann gibt es andere Medien, die eher Geschäftskundenkontakte adressieren, wo es dann eher um fachliche Themen geht.

Ortenau Journal: Wie bei LinkedIn zum Beispiel?

Markus Gschwind: Genau. Also wenn man das jetzt mal so ein bisschen differenzieren möchte, dann sind Facebook und Instagram eher für die Privatkunden, LinkedIn und andere Medien für das B2B, also für die Geschäftskundeninformationen. Wenn ich potenzielle Kunden anspreche, dann muss ich fachlich qualifiziert kommunizieren. Jedoch auch für das Personal-Recruiting sollte ein gewisses Niveau im Kommunikationsstil gepflegt werden. Da kann man auch per „Du“ kommunizieren. Man braucht nicht so viel Text. Das Ganze ist vielleicht eher bildlastig oder bewegtbildorientiert. Während ich in der Kundenkommunikation schon eher über fachliche Inhalte, Details, Referenzen und so weiter kommunizieren muss.

Ortenau Journal: Du hast sehr viele hochspezialisierte Mittelständler als Kunden, darunter Hidden Champions. Da sind Themen dabei wie das Laserschweißen von LILA. Doch es ist ein relativ trockenes Thema. Woher kommt bei dir die Freude an der Technik.

Markus Gschwind

Der PR-Profi hat einen Bezug zu technischen Themen. Foto: Markus Gschwind

Markus Gschwind: Zum einen habe ich einen technischen Hintergrund aus der Schule. Ich habe mal einen kleinen Ausflug in die Metallverarbeitung unternommen. Von daher habe ich eine gewisse Beziehung zu technischen Themen. Und dann hat sich die Spezialisierung in den letzten Jahren immer weiter herauskristallisiert. Als ich vor 25 Jahren gestartet bin, habe ich viele Existenzgründungsberatungen gemacht. Da war Einzelhandel, Handwerk und Kleingewerbe mit dabei. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt immer mehr in die technische Ebene verschoben. Und ich habe versucht, mich dort zu etablieren, auch um eine Nische oder eine Abgrenzung zu finden. Es drängen viele Anbieter auf den Markt. Werbeagenturen, Digitalagenturen, die ja in den letzten 10, 15 Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Wenn man da überleben und sich positionieren möchte, dann muss man seine Stärken darstellen, da muss man seine Nischen suchen. Und die habe ich für mich in diesem sehr technisch spezialisierten Bereich gefunden.

Ortenau Journal: Der Mittelstand in Deutschland ist stark unter Druck. Wir haben schon ein paar Jahre Wirtschaftskrise. Ist das mit der Wirtschaftskrise von 2008 vergleichbar oder ist das, was wir jetzt haben, nochmal eine andere Dimension?

Markus Gschwind: Ja, ich würde schon sagen, dass das nochmal eine andere Dimension hat. Einfach, weil es viel stärker in die Strukturen hineingeht, wie beispielsweise 2008. Da war es vielleicht stärker konjunkturell. Das zeigt sich, wenn man den Automotiv-Bereich nimmt, wie da die Verwerfungen, die Veränderungen sind. Es gibt jetzt glaube ich 200 chinesische Autohersteller. Und die drängen alle auf den europäischen und zuallererst auf den deutschen Markt. Das hat nichts mehr mit konjunktureller Schwäche zu tun. Das sind handfeste, strukturelle, disruptive Veränderungen, die sich da einstellen. Und das hat natürlich auch gravierende Auswirkungen auf die Mittelständler hier in Baden-Württemberg. Ich bin auch hauptsächlich in Baden-Württemberg im regionalen Rahmen tätig.

Ortenau Journal: Wobei man natürlich die Konkurrenz- Situation zu Fern-Ost und China und so weiter, schon seit Jahren kennt. Und trotzdem hat sich in den letzten 15 Jahren wenig getan in der Politik, gerade in der Wirtschaftspolitik, dass man da mal ein bisschen was angeht und beispielsweise die Kostenstrukturen neu aufstellt. Also bei Energie und Steuern.

Markus Gschwind: Ja gut, aber ich sehe es auch so, dass seitens der Automobil- Hersteller das Thema E-Mobilität viel zu lange an den Rand gedrängt wurde, so nach dem Motto: Wir kommen mit unserer bisherigen Technologie noch weiter und wir haben die Politik gut im Griff. Das ist die eine Geschichte. Viele haben aber inzwischen Joint Ventures gemacht, um auf den chinesischen Markt zu kommen. Die haben gelernt und dieses Wissen, dieses Know-how wenden sie jetzt in eigenen Systemen an. Mit eigenen Techniken, mit eigenen Marken und jetzt schwappt praktisch die große Welle zurück. In der Zulieferindustrie war es natürlich auch vor 20 Jahren schon so, dass Firmen in Polen oder in Tschechien produziert haben. Oder auch Schütz hat schon vor 15 Jahren in China gefertigt als Mittelständler. Also das gab es schon vor längerer Zeit, aber das waren dann eher noch Teilaspekte. Heute, durch die ganzen strukturellen Veränderungen, hat es einfach nochmal eine völlig neue Qualität. Auch wenn die Automobilhersteller jetzt so eine starke Konkurrenz aus Fernost bekommen, dass sich das eben massiv auf die Verkaufszahlen auswirkt. Dann sind es Situationen, die sich dauerhaft in der Wirtschaftsstruktur niederschlagen. Das heißt, die Mittelständler, die bisher Zulieferer sind, müssen sich einfach was Neues einfallen lassen.

Gundolf Vogel

Gundolf Vogel von LILA Lasertechnik ist Kunde von Markus Gschwind. Foto LILA Lasertechnik

Ortenau Journal: Wir reden gerade von der Krise. Musstest du in den letzten Jahren auch ein bisschen verstärkt etwas in Richtung Krisenkommunikation machen?

Markus Gschwind: Krisenkommunikation habe ich überhaupt nicht gehabt. Es gab dieses eine Thema bei LILA, mit der Übernahme der Adam Lasertechnik. Aber das hatte mit Krisenkommunikation nichts zu tun, es war reine Unternehmenskommunikation.

Ortenau Journal: Man kennt es von großen Unternehmen wie zur Zeit Bosch.

Markus Gschwind: In solchen Größenordnungen bin ich nicht tätig. Die Konzerne beauftragen in der Regel Großagenturen aus München, Düsseldorf oder Berlin. Die Kleineren machen so etwas wie Krisenkommunikation gar nicht. Wenn man sich die Tagespresse oder die regionale Wirtschaftspresse anguckt, da kommt ja der gemeine Mittelständler mit 20, 30 oder 50 Mitarbeitern praktisch nicht zu Wort in der Berichterstattung.

Ortenau Journal: Obwohl ja die meisten deutschen Arbeitnehmer im Mittelstand tätig sind.

Markus Gschwind: Es ist irgendwie ganz seltsam, aber die haben kein Forum. Das interessiert niemanden, weil die Firmen auch keiner kennt. Aber einen Herrenknecht oder einen Bosch oder einen Endress und Hauser kennt man eben. Wenn dort zwei oder fünf Prozent der Belegschaft entlassen wird, dann ist das ein Riesenthema. Aber nicht, wenn bei Müller, Maier oder Schulze um die Ecke fünf Leute gekündigt werden.

Siehe auch hier:

Gundolf Vogel: „Wir müssen im eigenen Laden anfangen und nicht nach ´Papa´ Staat rufen“

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