Anlässlich der Weihe des Langhauses vor 750 Jahren wurde die gewaltige Licht- und Musikshow „Luminiscence“ in das Straßburger Münster gebracht und wird noch bis zum 22. November dem Publikum geboten.
1.000 Jahre alte Kathedrale
Die Lichtershow mit Musik „Luminiscence“ feiert seit Ende August 2025 das ehrwürdige Architekturwunder im Herzen von Straßburg, die über 1.000 Jahre alte Kathedrale Notre-Dame – und schenkt schon Tausenden von Menschen unvergessliche Momente. Die gewaltige Inszenierung – sowohl optisch als auch klanglich – wurde vom Unternehmer Lotchi mit modernen technischen Mitteln erschaffen.
„Ikonische Stätten aufwerten“
Die Schöpfer der magischen Veranstaltungsreihe gehören zu den jüngsten Generationen von Kreativen. Sie selbst sehen in ihrem Projekt Luminiscence eine Art „Mission“. So steht auf ihrer Homepage: „Unsere Mission: die ikonischen Stätten des Welterbes durch digitale, immersive Erlebnisse aufzuwerten und zu bewahren. Wir glauben fest daran, dass Kunst und Technologie eine immense Kraft besitzen, fesselnde und bewegende Geschichten zu erzählen.“

Das Projekt Luminiscence bringt ein Meer aus Farben und Klang hervor. Fotos: Simona Ciubotaru
Pionierprojekt Luminiscence
Mit ihrem Pionierprojekt Luminiscence möchten sie zunächst die berühmtesten Kathedralen und Basiliken der Welt in den Mittelpunkt rücken und feiern – „Bauwerke, die seit über einem Jahrtausend als historische Säulen unseres gemeinsamen Erbes bestehen.“ Ihr Ziel sei, „ein künstlerisches, immersives Erlebnis zu bieten, das es jedem ermöglicht – unabhängig von Alter, Kultur, Nationalität oder Religion –, die Vielfalt und den Reichtum unseres Kulturerbes zu entdecken.“
Gefühl der direkten Präsenz
Immersive Shows sprechen mehrere Sinne an, um ein starkes Gefühl der direkten Präsenz zu erzeugen, indem sie hochauflösende Projektionen, Surround-Sound und manchmal sogar Gerüche kombinieren. Angewendet wird dabei eine fortschrittliche 3D-Modellierungs- und Projektionstechnologie. Dabei wird jedes architektonische Detail mit akkurater Präzision rekonstruiert.
Aufwertung unseres Kulturerbes
„Getrieben von der Leidenschaft, Herzen zu berühren und diese ikonischen Stätten unseres Erbes in immersive Juwelen zu verwandeln, tragen wir zur Aufwertung unseres Kulturerbes und zur Belebung unserer Regionen bei. Wir sind stolz darauf, Teil einer Bewegung zu sein, die Besucher verzaubern und unsere kollektive Identität stärken möchte“, so die Schöpfer und Organisatoren der Show-Reihe. Ihre Vision soll seit der Premiere im Oktober 2023 in Bordeaux (in der Kathedrale Saint-André) schon über eine Million Zuschauer angezogen haben.
In Farbe eingetaucht
Das Resultat kann als ein synkretistisches Werk betrachtet werden – und ist wahrlich atemberaubend. Denn das Kirchenschiff der Straßburger Kathedrale, die Wände, ihre schlanken Säulen – die den Himmel zu stützen scheinen – und die bunten Vitralien mit den vielen Geschichten und Gestalten darauf werden durch Lichtprojektionen zum Leben erweckt und in Farbe eingetaucht.
Es sind intensive Momente, in denen das Licht zum Erzähler wird, unzählige Formen und Nuancen annimmt, die Konturen des Steins in flüssiges Gold und Silber verwandelt, in Purpur und seidiges Blau kleidet.
Meer von Farbe und Klang
Die Musik verbindet sich mit der optischen Magie, verschmilzt damit und führt den Zuschauer bzw. Zuhörer in eine synästhetische Erfahrung hinein, wobei so etwas wie eine „Entkörperung“ stattfindet: Geist ohne Körper sein, in einem stürmischen Meer von Farbe und Klang. Eigentlich müsste man für solche Erlebnisse neue Worte erfinden, denn der altherkömmliche Wortschatz reicht dafür nicht mehr aus.
Drei Varianten der Show
Es gibt drei Varianten der Show: Erstens ein rein visuelles und akustisches Erlebnis – eine Essenz. Dann eine Aufführungsreihe mit dem Orchester LUMINISCENCE und dem Live-Chor unter der Leitung von Pierre-Alexis Touzeau. Und dazu noch die dritte Variante mit dem Chor „Nunc Dimittis“ – von Rémi Studer und Gustave Winkler (in Alternanz) dirigiert.

Luminiscence: „Die Leute stehen wie trunken auf, mit leuchtenden Augen und verklärten Gesichtern.“ Fotos: Simona Ciubotaru
1.000 Jahre Musikgeschichte
Das Repertoire entführt den Zuhörer auf eine Reise durch die Musikepochen, vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Denn die Musik erlebte in den 1.000 Jahren Geschichte der Kathedrale ihre eigenen großen Verwandlungen: jede Menge Innovation, formale Veränderungen, stilistische und kulturelle Sprünge – eng verbunden mit Revolutionen, mit dem Fall des Katholizismus und dem Aufschwung der Reformation, mit Veränderung der Mentalität, des Glaubens und der Rezeption der Kunst.
Geschliffene Stimmen der Sänger
Das Ensemble „Nunc Dimittis“, eines der besten Chöre der Region, hebt den Original-Soundtrack von LUMINISCENCE auf ein fürwahr himmlisches Niveau. Die geschliffenen Stimmen der Sänger klingen betörend – gar engelhaft in der Sopranlage, unfassbar hoch und kristallklar, bis zu den hohen Bögen des Kirchenschiffs wie eine Lerche emporsteigend. Und zugleich gibt der Livegesang dem von der Technik beherrschten Meisterwerk klare Konturen und füllt die Lichtformen mit Geist und menschlicher Beseeltheit.
Historisch wichtige Etappen
Das gesprochene Wort „erdet“ das Publikum. Eine Stimme, „der Schutzgeist“ der Kathedrale, erzählt ihre Geschichte mit den historisch wichtigen Etappen – von den uralten Bauten, die vorher an derselben Stelle existiert haben sollen, bis zum Aufbau des höchsten sakralen Monuments der Menschheit, das noch im Mittelalter vollendet wurde. Darauf wird das Auditorium bis in die Gegenwart geführt.
45 Minuten intensive Erlebnisse
Leider ist die Historie nur auf Französisch zu hören, was viele ausländische Besucher auch bemängelt hatten. Aber das war’s auch schon mit dem Bemängeln. Die Leute stehen nach den 45 Minuten intensiver Erlebnisse wie trunken auf, mit leuchtenden Augen und verklärten Gesichtern.
Ob manch von Menschenhand erschaffene Schönheit einen Kunstliebhaber erschlagen kann? Wohl schon – hier kann man Üppigkeit für alle Sinne erfahren: bunt, oft furchtbar laut – und dann aber wiederum leise und unendlich subtil, zumal facettenreich. Zukunftsweisend auf jeden Fall.
Das könnte dich auch interessieren:
ANZEIGE