Wie viel ist Kunst noch „echt“, wenn Maschinen sie erschaffen? Diese Frage treibt nach Jürgen Stark und Klaus-Ulrich Moeller auch die Oberkircher Verlegerin und Autorin Dr. Karin Jäckel um. In ihrem Beitrag setzt sie sich mit den Chancen und Grenzen von KI in Musik und Kunst auseinander. Sie sieht in der Technologie eine Realität, der sich Kreative stellen müssen.
Gleichzeitig betont sie die Einzigartigkeit menschlicher Kreativität und fragt: „Hätte Mozart KI-Tools genutzt?“ Ihre Botschaft: Nur wer die Tools beherrscht und Respekt sowie Vergütung einfordert, kann verhindern, dass die menschliche Schöpfungskraft entwertet wird.
Von Dr. Karin Jäckel
Jürgen Stark ist mir als Musiker und Musikrezensent ein Begriff. Seine Meinung über KI-Musik wundert mich nicht. Als bekennende Liebhaberin „menschenechter“ Musik teile ich diese Meinung. „KI-Musik“ ist – ebenso wie KI-Text und KI-Bild – nichts, was mich mit Bewunderung erfüllt; es sei denn, für die maschinentechnische Meisterleistung der Erfindung der Idee, der Technik und des Programmierprogramms.
Dr. Karin Jäckel (Oberkirch). Foto: Michael Bode
Hätte Mozart KI genutzt?
Dennoch hilft uns Kreativen KI-Schelte nicht. Taten sind nötig. Das Plädoyer Klaus-Ulrich Moellers für KI-Musik reicht zweifellos an die Zukunftsrealität heran. Menschen haben schon immer mit allem gespielt und experimentiert und als „Klone ihres Schöpfers“ schöpferische Ambitionen gehabt und werden sich nicht ändern. Mozart oder Beethoven hätten vielleicht auch mit KI-Tools herumgespielt, wenn sie diese erlebt hätten; und auch ihre Musik war damals nicht das, was jedem Publikum gefiel.
Pure Geschmackssache
Dass Experimente nicht immer gelingen und nur selten alle Welt begeistern, liegt in der Natur der Sache. Dennoch wird experimentiert und verändert und Neues erfunden. Sich dem entziehen zu wollen, heißt, sich dem Lebendigsein entziehen. Gleichwohl garantiert Neues kein Wohlgefallen.
KI-Kunst zu schätzen oder nicht, ist in meinen Augen pure Geschmackssache und zugleich eine Frage des Alltags. Ist KI-Gebrauch und KI-Kunst Alltag, wird der Mensch einen modus vivendi damit finden (müssen und können); nicht anders als mit PC und Smartphone oder sonstigem „Technikgedöns“ und mit z. B. der bisherigen Musik „von heute“, deren „Ungs-Ungs-Ungs“ jede Birne hohl rüttelt und dennoch Säle füllt.
Welche Berufe werden durch KI ersetzt? Foto: freepik
Berufe werden ersetzt
Doch egal, ob Menschen zu Cyborgs aufgerüstet werden und KI-Maschinen ihnen das Denken abnehmen oder Roboter demnächst künstliche Gebärmütter und Kinder bekommen – KI-Maschinen sind technisch hochraffinierte Reproduktionsgeräte, weiter nichts. Das gilt auch für die von ihnen produzierte KI-Maschinen-Kunst. KI-Kunst-Maschinen werden Berufe ersetzen, in denen Maschinen-Werkstücke genügen. Sie werden gewisse Grafiken fertigen und gewisse Texte und gewisse Bilder.
Kunsterstellungsbefehle erteilen
Und diejenigen, die schon immer konsumiert haben, was gerade „in“ ist oder in Massen gebraucht wird oder als Kopie genügt, werden mit KI-Maschinen-Kunst zufrieden sein und womöglich ihren Bedarf damit erfüllt sehen. Diejenigen, die KI-Maschinen bedienen, werden vielleicht hochbegeistert sein, sich selbst endlich als Künstler fühlen zu können, weil sie einer KI-Maschine einen Kunsterstellungsbefehl erteilt haben, der in ein Maschinen-Kunstwerk umgesetzt wurde.
„KI-Kunstwerke sind tote Materie“
Maschinen-Kunstwerke mögen hochkünstlerisch wirken, Ansprüche der Ästhetik erfüllen oder instrumental perfekt klingen oder als Human-Roboter Venus samt Adonis in den Schatten stellen. Dennoch ist und bleibt ein KI-Maschinen-Kunstwerk tote Materie, die aus sich selbst heraus nicht leben kann und keinen anderen Geist hat als den, den ein Mensch ihr mit technischen Mitteln eingepflegt hat.
Beispiel „Schüttelmärchen“
KI-Musik mag „toll“ klingen und so nie zuvor gespielt worden sein. Trotzdem ist sie keine urheberrechtliche Eigenleistung der KI-Maschine, sondern ein maschinell erstellter Mix aus Kopien menschengemachter Originalwerke. Nicht anders bei Text und Bild. Ich z. B. habe als Autorin manchmal Spaß daran, aus alten urheberrechtefreien Volksmärchen ein neues zu erzählen.
Dazu löse ich bestimmte Puzzleteile des jeweiligen Märchens heraus und vermische es mit anderen. Das nenne ich „Schüttelmärchen“, weil ich die in den Märchen enthaltenen Fabulierdetails zu einem neuen Mädchen zusammengeschüttelt habe.
Bis zur Nichtwiedererkennbarkeit
Eine KI-Kunst-Maschine erzeugt auf ähnliche, wenn auch hochkomplexe Weise „Schüttelmusik“ oder „Schüttelkunst“. Die Zuhörer meiner Schüttelmärchen lasse ich gern in einem kleinen Gewinnspiel erraten, welche Märchen ich verwendet habe. Je weniger Kleinstschnipsel es sind, desto einfacher die Lösung. Im Gegensatz zu mir zerhäckseln entsprechend programmierte KI-Kunst-Maschinen die Snipets bis zur Nichtwiedererkennbarkeit, um Originalität vorzutäuschen.
Karin Jäckel erstellt „Schüttelmärchen“. Bild: brgfx/freepik
KI-Tools zunutze machen
Wenn man mit Klaus-Ulrich Moeller der Auffassung ist, dass KI-Maschinen wahre Kunstwerke erschaffen und ihnen die kreative Zukunft gehört, sollten insbesondere wir Kreativen lernen, Maschinen-Kunst-Tools zu beherrschen und uns zunutze zu machen. Maschinen müssen gesteuert und bedient werden, um zu funktionieren. Noch befehligen Maschinen nicht Menschen. Es liegt an uns, ob sich dies umkehrt.
KI-Tools reproduzieren nur
Keinesfalls sollten speziell Kreative Angst haben. Ohne uns Kreative, unser bereits Erschaffenes und noch zu Erschaffendes, ohne unsere schöpferische Erneuerung, ohne unsere inneren „Quellen“, kurz, ohne uns bereiten KI-Kunst-Maschinen nur immer aufs Neue den Brei wieder auf, den sie bereits intus haben. Deshalb sollten wir Kreativen uns als das verstehen und würdigen, was wir sind: Diejenigen, die Kunst aus sich selbst heraus erschaffen können. Dieser Vorgang ist eine Gabe, etwas, das nicht gekauft und implantiert werden kann. Aus unseren „Quellen“ zapft jede KI-Maschinen-Kunst.
Die Rechte der Künstler
Auf unseren Säulen steht eine weltweite Verwertungsindustrie. Und dafür sollten wir Kreativen tatkräftig durchsetzen, was uns zusteht: Respekt und Geld. Und zwar angemessen viel, denn das Recht der Nutzung und Verwertung unserer Kunst liegt bei uns. Das wird zwar am Ende nichts daran ändern, dass KI-Musik und KI-Bücher und KI-Bilder auf den Markt kommen und gekauft werden. Aber ihr Erscheinen wird uns nicht mehr berauben.
Siehe auch hier:
Ralph Fröhlich´s neuester Coup: Das KI-Projekt „Stadtstaub“ als die urbane Proteststimme Offenburgs
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