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Koehler legt Öko-Bilanz vor und gründet KB Renewables für 1 Gigawatt Windkraft bis 2030

Unternehmensvertreter KB Renewables
© Koehler-Gruppe – Nicolas Christoph, Dr. Claus M. Brodersen und Stefan Karrer (v.l.)
Nach der Niederlage beim Bürgerentscheid um den Windpark Schwend reagierte die Koehler-Gruppe zunächst verschnupft – setzt ihre Nachhaltigkeitsstrategie aber unbeirrt fort. Der aktuelle Bericht und die Gründung des Joint Ventures KB Renewables zeigen: Die strategischen Ziele rücken näher, auch ohne Schwend. Mit der neuen Gesellschaft soll vor allem die Windkraft forciert und die Unabhängigkeit der Papierproduktion von Energieimporten möglichst rasch erreicht werden.
Von Wolfgang Huber

Mit einer relativ deutlich wahrnehmbaren Drohung reagierte die Koehler-Gruppe auf die Niederlage beim Bürgerentscheid um den Windpark Schwend vor zwei Wochen: „Ob und welche genauen Konsequenzen das für unseren Standort in Oberkirch in 20, 30 oder 40 Jahren hat, kann an dieser Stelle noch nicht prognostiziert werden.“ Koehler und die Stadt Oberkirch hatten wohl nicht mit einer Ablehnung ihrer Windkraftpläne durch die Bevölkerung gerechnet. Die Reaktion war die eines verschmähten Liebhabers.

Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt

Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet und der Papierhersteller geht nun zur Tagesordnung über. Denn unbeachtet des Ausgangs des Bürgerentscheids bastelt Koehler bereits weiter an seiner Nachhaltigkeitsstrategie. So legte das Unternehmen zum einen seinen Nachhaltigkeitsbericht vor und gab fast gleichzeitig die Gründung eines Joint Ventures mit Schwerpunkt Windkraft bekannt. Die KB Renewables wurde einer Pressemitteilung zufolge bereits im April gegründet.

Ein Detail lässt aufhorchen

Der eingeschlagene Weg wird also unbeirrt weiterverfolgt, die Nachhaltigkeitsstrategie konsequent voran getrieben. Bei einem Detail des Berichts wird jedoch deutlich, dass es nicht alleine um den Klimaschutz geht. Doch der Reihe nach: Koehler hat laut der Mitteilung zahlreiche Projekte in Bereichen wie Klimaschutz, Ressourceneffizienz und gesellschaftliche Verantwortung erfolgreich gestartet, fortgeschritten oder umgesetzt. Verfolgt werden demnach 38 Nachhaltigkeitsziele, die bis 2030 erreicht werden sollen.

„Für mehr Transparenz“

„Wir verfügen über eine klare Roadmap, regelmäßige Status-Checks und eine umfassende Übersicht all unserer Nachhaltigkeitsmaßnahmen – für noch mehr Transparenz und Messbarkeit“, lässt sich der Vorstandsvorsitzende der Koehler-Gruppe, Kai Furler, zitieren. Und weiter: „Für uns ist Nachhaltigkeit kein Modewort und schon gar kein notwendiges Übel. Sie ist fest in unserer Identität verankert – und das seit Generationen.“

Koehler CEO Kai Furler

Koehler-Vorstandsvorsitzender Kai Furler 

150.000 Tonnen CO2-Einsparung

Wichtig sei im Berichtsjahr die Umstellung des Heizkraftwerks am Firmenstammsitz in Oberkirch von Steinkohle auf Biomasse gewesen. Dadurch spare das Familienunternehmen jährlich 150.000 Tonnen des fossilen CO₂-Ausstoßes. Das ist ein wirksamer Beitrag zum Klimaschutz. Oder um es mit den Worten der Koehler-Pressestelle zu sagen: „Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Koehler-Versprechen, bis 2030 bilanziell mehr Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen als für die Papierproduktion benötigt wird.“

85 Prozent des Strombedarfs gedeckt

Doch dann lässt eine Zahl aufhorchen. Laut Mitteilung konnten im Jahr 2024 bilanziell bereits rund 75 Prozent des Wärmebedarfs und 85 Prozent des Strombedarfs der Papierproduktion mit erneuerbarer Energie gedeckt werden. Der Windpark Schwend sollte alleine für die Deckung von 30 Prozent des Strombedarfs in der Papierproduktion am Standort Oberkirch sorgen. Bei einer Realisierung des Vorhabens wären also die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie bereits 2027 mehr oder weniger erreicht worden.

Reines Geschäftsmodell

Die Gründung des Joint Ventures KB Renewables macht deutlich, dass es Koehler nicht nur um Klimaschutz geht, sondern dass Erneuerbare Energien als reines Geschäftsmodell betrachtet wird. Der Windpark Schwend wäre nur einer von vielen Bausteinen dieses Geschäftsfelds gewesen. Dass ein Unternehmen in erster Linie Geld verdienen will, ist grundsätzlich nicht verwerflich.

Arbeitsplatzsicherheit vorgeschoben?

Mit den Argumenten der Standortsicherung in Oberkirch und der damit verbundenen Arbeitsplatzsicherheit sowie der Unabhängigkeit von etwa russischen Gasimporten (oder dem teureren und weitaus schmutzigeren Fracking-Gas aus den USA) sollte aber eine Drohkulisse aufgebaut werden, um die Oberkircher in ihrer Entscheidung unter Druck zu setzen. Doch diese Strategie scheiterte, es kam bekanntlich anders.

Koehler Standort Oberkirch

Der Stammsitz von Koehler in Oberkirch 

Binnenschiffe statt LKW

Fortschritte gibt es laut dem Nachhaltigkeitsbericht hingegen bei der „Ressourceneffizienz“. So werde in der Produktion künftig bis zu 15 Prozent Dampf in der Trocknungsphase und damit wertvolle Energie gespart. Auch die Logistik zahlt auf die Ziele ein: So werde Zellstoff bevorzugt per Binnenschiff transportiert, die eine deutlich bessere Klimabilanz aufweist als der LKW-Verkehr.

Bei Frischfasern werde zudem konsequent auf nachhaltige Forstwirtschaft und kontrollierte Quellen gesetzt. Auch die immer raffinierteren Produkte wie die Verpackungspapiere mit ihrer Rezyklierbarkeit sparen Rohstoffe und sind damit umweltfreundlich.

Bau des Kindergartens

Die Ausbildungsquote von 4,8 Prozent in 2024 sei Ausdruck gesellschaftlichen Engagements und liege bereits über dem für 2030 angestrebten Zielwert. Mit dem Bau der betriebseigenen Gretel-Furler-Kita in Oberkirch verbessere das Unternehmen zudem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Manifestiert würden all diese Fortschritte in der Platin-Medaille der Nachhaltigkeitsrating-Plattform EcoVadis (wir berichteten). Dies bedeute, dass Koehler zu den „besten ein Prozent“ der weltweiten Unternehmen in der Papierbranche gehört.

Massiver Ausbau der Windkraft

Die nun bekanntgegeben KB Renewables ist ein Joint Venture der Koehler Renewable Energy und der CMB Energy. Die Koehler-Gruppe hält daran 80 Prozent, wie es weiter heißt. Das Ziel: Die Entwicklung von 1 Gigawatt Windenergie bis 2030. Das läuft auf einen weiteren massiven Ausbau der mittlerweile hoch umstrittenen Energieerzeugung hinaus. Auch Photovoltaik oder Batteriespeicherprojekte seien angedacht, bestehende oder bereits projektierten Windparks zugekauft werden.

Ausbau Windkraft

Mit KB Renewable soll weitere Windräder kommen 

„Koehler passt ideal zu uns“

„Mit Koehler Renewable Energy haben wir einen finanzstarken Partner an unserer Seite, der als strategisch denkendes Familienunternehmen ideal zu uns passt“, wird Dr. Claus M. Brodersen, Geschäftsführer der neuen Gesellschaft, zitiert. Brodersen ist Gründer mehrerer erfolgreicher Energieunternehmen, darunter CMB Energy, iTerra Energy, Nordgröön sowie Naxxar Renewables Srl (Rumänien).

Nicolas Christoph wird Geschäftsführer

Seitens Koehler Renewable Energy wurde demnach Nicolas Christoph, Bereichsleiter Windkraft, Solar, Hydro & Business Development, als weiterer Geschäftsführer von KB Renewables bestellt. Die neue Gesellschaft setze auf langjährige, bewährte Partnerschaften in der Windenergiebranche. Die Wertschöpfung soll im Unternehmen bleiben – nach der Realisierung soll der Betrieb der jeweiligen Windkraftprojekte übernommen werden.

Dekarbonisierung angestrebt

Die Gründung von KB Renewables untermauert das Ziel von Koehler, die eigene Papierproduktion bis 2030 mit Erneuerbaren Energieformen zu decken. Geplant seien unter anderem Power Purchase Agreements (PPAs) sowie Direktliefermodelle. „Unser Ziel ist es, gemeinsam solide und nachhaltige Windprojekte zu realisieren, die nicht nur wirtschaftlich überzeugen, sondern auch einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung unserer eigenen Standorte innerhalb der Koehler-Gruppe leisten“, wird Nicolas Christoph abschließend zitiert.

Fotos: Koehler-Gruppe. Von links: Nicolas Christoph, Geschäftsführer bei KB Renewables, Dr. Claus M. Brodersen, Geschäftsführer bei KB Renewables, Dr. Stefan Karrer, Vorstand Technik der Koehler-Gruppe.

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