Mit Spannung war die Wahlkreismitgliederversammlung der CDU am Abend in der Schwarzwaldhalle in Appenweier erwartet worden. Es galt, einen adäquaten Nachfolger für den im Dezember verstorbenen Wolfgang Schäuble zu wählen, der den Wahlkreis Offenburg ab der kommenden Wahlperiode bestmöglich im Deutschen Bundestag vertreten soll. Am Ende war es doch eine äußerst klare Angelegenheit.
Klares Ergebnis
Gleich im ersten Wahlgang sicherte sich der Oberkircher Johannes Rothenberger mit einer klarern Mehrheit von 284 der 447 abgegebenen Stimmen bzw. 63,5 Prozent die Bundestagskandidatur. Der Rechtsanwalt und Berater des drittgrößten deutschen Energiekonzerns EnBW war im Vorfeld der Veranstaltung als klarer Favorit gehandelt worden, wie ein CDU-Insider dem Ortenau Journal schon Wochen zuvor verriet. Zu zahlreich waren die Kontakte in die CDU-Ortsverbände und zu intensiv die Vorarbeit an der Basis, um ihn noch gefährden zu können.
Nimmt man die Vorstellungsreden der fünf Bewerber als Maßstab, hätte man als objektiver Beobachter mit einem deutlich knapperen Rennen rechnen können. Letztlich konnte lediglich die Offenburger Rechtsanwältin und Wirtschaftsexpertin Anne Nickert nach Rothenberger mit 71 Stuimmen oder 15,9 Prozent ein überaus respektables Ergebnis einfahren. Nickert hatte auch den authentischsten Auftritt hingelegt.
Zuversicht erzeugen
Der Unternehmer und ehemalige Kickbox-Weltmeister Adrian Gegg kam auf 37 Stimmen bzw. 8,3 Prozent. Der Kreisvorsitzender der Jungen Union Ortenau, Julius Geier, landete mit 26 Stimmen und 5,8 Prozent auf dem letzten Platz. Der fünfte Bewerber Andreas Weimer, der kurzfristig angetreten war und den niemand auf der Rechnung hatte, konnte immerhin 29 Stimmen auf sich vereinen, was einem Stimmenanteil von 6,5 Prozent entsprach.
Johannes Rothenberger nannte in seiner Vorstellungsrede noch einmal seine politischen Schwerpunkte. Seinen eher mäßig gelungenen Auftritt, dem etwas der Schwung fehlte, begann er mit einem Mutmacher: „Wir müssen den Menschen wieder Zuversicht in die Zukunft geben.“ Es gelte, innovative Technologien in den Bereichen Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und dem Eintritt in das Wasserstoff-Zeitalter, massiv zu fördern. Auch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sei für ihn essentiell. Mit einem durchschnittlichen Einkommen komme man in den meisten Städten nicht mehr über die Runden, da die Mieten zu hoch seien. Das Leistungsversprechen gelte nicht mehr.
Innere Sicherheit als Kernthema
Den größten Raum nahm bei Rothenberger, der lange Jahre im Wahlkreisbüro von Wolfgang Schäuble arbeitete, das Thema innere Sicherheit ein. Es müsse das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder hergestellt werden. Dazu gehören die Beendigung der illegalen Migration, die zeitnahe Verurteilung von Schwerstkriminellen, die Sicherung der EU-Außengrenzen sowie das Absenken der Strafmündigkeit auf 12 Jahre. „Die Gewalt nimmt zu und die Täter werden immer brutaler und jünger. Die Leute müssen sich abends noch auf die Straße trauen können. Die Menschen wollen in Sicherheit und Freiheit leben.“
Während die meisten CDU-Mitglieder sich also wohl schon Wochen vor dem Termin in ihrer Wahlentscheidung festgelegt hatten, überraschte der CDU-Kreisvorsitzende und Versammlungsleiter Volker Schebesta zu Beginn den prall gefüllten Saal, als er einen sehr kurzfristig angetretenen fünften Bewerber ankündigte. Andreas Weimer, der ursprünglich aus Offenburg kommt aber berufsbedingt in Garbsen bei Hannover wohnt, hatte sich erst am Vortag dazu entschlossen, anzutreten. „Ich habe lange mit mir gerungen. Aber wo sonst habe ich die Gelegenheit, so viele CDU-Mitglieder zu erreichen. Schließlich wollte ich ihnen etwas mitteilen, den ein oder anderen aufwecken“, sagte Weimer während der Stimmenauszählung gegenüber dem Ortenau Journal.
Großer Vertrauensverlust
Weimer, der sich als konservativer Christdemokrat bezeichnete, zog in seiner Rede eine verheerende Bilanz über den Zustand Deutschlands. Der Vertrauensverlust sei so groß, dass die Demokratie in Gefahr gerate. Das werde in seinen Gesprächen mit den einfachen Bürgern mehr als deutlich. Es werde mehr Geld mit der Gießkanne verteilt ohne Gegenleistung anstatt die immensen Summen in Zukunftstechnologien zu investieren. Deutschland verliere auch als Wirtschaftsstandort längst den Anschluss an die Weltspitze.
Für Weimer ist das träge politische System und eine „geradezu groteske Bürokratie“ dafür verantwortlich. „Ich mache mir Sorgen um den Zustand unserer Partei“, so der für den Süßwarenkonzern Ferrero tätige Vertriebsprofi. Die CDU sei genauso wie die Ampel-Parteien daran schuld, dass die Menschen sich immer mehr von den etablierten Parteien abwendeten. Als Beispiel nannte er die aufgeblähten Parlamente, wo es auch der CDU nur noch darum gehe, möglichst viele Mandate zu bekommen, um Karrieren zu ebnen. Schließlich räumte er ein, dass er keine Chance haben würde, das Rennen für sich zu entscheiden, aber wolle ein unbequemer Kandiat sein.
Viele Übereinstimmungen
Die anderen Bewerber glichen sich in ihren Hauptthemen in vielen Punkte. So nannten fast alle die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, die Förderung von Innovationen, die Beendigung der illegalen Migration, Anreize für mehr Leistungsbereitschaft, Abschaffung des Bürgergelds in seiner jetzigen Form sowie eine höhere Attraktivität Deutschlands für internationale Fachkräfte. Anne Nickert brachte es auf den Punkt: „Jährlich verlassen 210.000 junge Arbeitskräfte das Land, weil sie woanders bessere Rahmenbedingungen vorfinden. Das können wir uns nicht mehr leisten.“ Wie auch Johannes Rothenberger mahnte sie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum an.
Die wichtigsten Problemfelder hatten die fünf Kandidaten also auf dem Schirm. Doch Initiativen, um Dinge zu beschleunigen und zu verbessern dürfen nicht im komplizierten Geflecht von Gesetzen und Bürokratie hängen bleiben. Es muss sich tatsächlich etwas ändern, oder wie Andreas Weimer es ausdrückte: „Wandel erzeugt Kreativität, erzeugt Schnelligkeit.“ Johannes Rothenberger hat nun die Chance als designierter Bundestagsabgeordneter, mit frischem Elan dabei mitzuhelfen. Die Anspannung vor seiner ersten und vorentscheidenden Hürde nach Berlin dürfte nun nach der Nominierung einer gewissen Vorfreude und Zuversicht weichen.
Wolfgang Huber
Siehe auch:
Neue Kandidation der Grünen für den Wahlkreis Offenburg
FDP Ortenau: Martin Gassner-Herz kandidiert erneut für den Bundestag
Neuer Kreisvorstand der SPD: „Große Chance für die Bundestagswahl“
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