Von Martin Ullrich
In seiner Freizeit gibt er in traditioneller Ritterkleidung mittelalterliche Führungen, so u. a. auch auf der Burgruine Lichteneck in Hecklingen, einem Stadtteil von Kenzingen. Als ehrenamtlicher Denkmalpfleger und Experte für die Geschichte der Region nimmt er die Besucher auf eine faszinierende Zeitreise mit und erweckt die bewegte Vergangenheit der im 13. Jahrhundert von den Grafen von Freiburg errichteten Burg zum Leben. So unterschiedlich seine zwei Leidenschaften, IT und Geschichte, auf den ersten Blick auch scheinen, sind sie es gar nicht.
Denn auch hinter dem Europa-Park verbergen sich viele Geheimnisse aus alten Zeiten. Dazu gehört u. a. das Vogts-Haus (Baujahr 1474), ältestes Fachwerkhaus Deutschlands, welches die Familie Mack gerettet und im Park neu aufgebaut hat. Tolle Original-Exponate sind auch im Schloss Balthasar (erbaut im 15. Jahrhundert) zu sehen. 1910 wurde bei Bauarbeiten ein Staufer-Schwert gefunden, es stammt aus dem Ende des 12. Jahrhunderts. Es ist ein großer Kontrast zwischen der modernen Technik am Arbeitsplatz und dem, was van Akkeren im Hobby macht. Es gehörte seiner Meinung nach aber irgendwie auch zusammen, denn wem die Gegenwart wichtig ist, der berichtet auch aus der Vergangenheit.
Aufträge und Störungsmeldungen
Zu den Arbeitsaufgaben im Freizeitpark gehören administrative Dinge, die mit dem Gast zu tun haben, z.B. Kassensysteme, im Einkauf/Verkauf oder für die Gastronomie. Des Weiteren kommen von den Mitarbeiten verschiedene Service-Aufträge oder Störungsmeldungen über das Ticketsystem. Vieles kann direkt am Platz des IT-Service-Büros erledigt werden. Mittels Remote-System kann auf unterschiedliche Systeme zugegriffen werden. Es gibt allerdings auch Dinge, die nicht direkt am Rechner gelöst werden können, sondern nur vor Ort.
Der Wahl-Kenzinger fühlt sich mit seinem Spitznamen als „IT-Opi“ geschmeichelt, wenn seine jungen Kollegen kommen, um den Abteilungs-Opa um Rat zu fragen, denn er weiß alles, hat er ja vor Jahren die Systeme mit aufgebaut, als die Abteilung nur mit zwei Mann besetzt war. Mittlerweile ist der IT-Service in mehrere Teams aufgeteilt. IT bedeutet nicht nur vor dem Bildschirm zu sitzen, auch die eingekaufte Hardware muss vorbereitet und eingesetzt werden.
Stolz auf das Hobby
Geduld ist nicht nur beim Löten von Platinen gefragt, beim Faksimilieren (täuschend echte Abbildung eines Dokumentes, einer Unterschrift oder Schrift) kann van Akkeren abschalten und sich entspannen. Dabei kommt ein Gefühl wie bei der Meditation auf. Geschrieben wird von Hand mit Gänsefeder und Antik-Tusche.
Bereits als Kind hat der Breisgauer gerne gezeichnet und gemalt, zunächst nur für sich alleine. Bei einer Ausstellung stellte er die Stadt Kenzingen als aquarellierte Bilder dar, wie sie im Mittelalter aussah. Zu den Kunden gehören Gemeinden, die ein Museum betreiben, oder auch der Europa-Park. Seine Fähigkeiten zeigte van Akkeren beispielsweise in Form einer Gründungs-Urkunde für den ACE (Adventure Club of Europe), die im Ausgangsbereich der Piraten-Attraktion von Batavia hängt. Es mache ihn stolz, mit dem eigenen Hobby auf diese Weise etwas für seinen Arbeitgeber machen zu können.
Interview mit Hans-Jürgen van Akkeren:
Ortenau Journal: Wie sind Sie beruflich beim EP gelandet?
Hans-Jürgen van Akkeren: Ein Freund und guter Bekannter hatte mir damals den Tipp gegeben, dass im Europa-Park im IT-Service eine Stelle ausgeschrieben war. Er war damals selbst dort tätig und leitete die Personalabteilung Shopping. Ihm war damals bekannt, dass ich mich im Bereich IT weiterentwickeln wollte und eine Anstellung mit großen Herausforderungen suchte. Seit dem 6. September 2001 bin ich nun im IT-Services des Europa-Park tätig. Meine Aufgaben machen mir großartigen Spaß, gerade deshalb, weil es hier im Park eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit ist. In der Industrie hätte man sicherlich nicht diese Vielfalt an unterschiedlichen Systemen und Aufgaben, die eingesetzt werden.
Ortenau Journal: Woher kommt das Interesse am Mittelalter?
Hans-Jürgen van Akkeren: Das wurde mir schon in die Wiege gelegt. Meine Mutter stammt aus den Niederlanden und somit kann ich auf eine interessante Familiengeschichte zurückblicken. Groß-mütterlicherseits stammt die Familie mit dem Nachnamen van Mulucom aus Nijmegen. Die Linie gehörte zum Stadtadel, auf die wir bis ins ins Jahr 1290 zurückblicken können. Im Kirchenchor der St. Stevenskirche von Nijmegen gibt es noch ein altes Familiengrab mit einer Grabplatte mit Wappen und Helmzier, so wie es für den Stadtadel üblich war. Willem van Muylickom, geboren 1468, war Sekretär des Herzogs Karel van Gelre (Herzog von Geldern). Von ihm sind bis heute alte Urkunden erhalten, die er mit eigenem Siegel bestätigte. Daher faszinierte mich das Mittelalter schon sehr früh und entwickelte sich zu meinem heutigen Interesse an der mittelalterlichen Geschichte, den Burgen und auch der Archäologie. Seit 1999 betreibe ich meine Homepage www.breisgau-burgen.de mit zahlreichen Beiträgen und sehr ausführlichen Informationen zu unserer Region.
Ortenau Journal: Warum die Führungen im Gewand?
Hans-Jürgen van Akkeren: Wenn ich eine Führung in zivil machen würde, dann fehlt der Funke. Im entsprechenden Gewand möchte ich den Menschen zeigen, wie man im Mittelalter gekleidet war. Doch es geht um weit mehr als nur das äußere Erscheinungsbild. Durch meine Kleidung und mein Auftreten als Ritter oder Hochadeliger des 13. Jahrhunderts erschaffe ich eine authentische Atmosphäre, die meine Gäste unmittelbar in die Vergangenheit versetzt. Ich erzähle nicht nur von der Geschichte des Mittelalters oder der Entstehung von Burgen – ich lasse diese Zeit lebendig werden. Das Gewand ist ein wichtiger Schlüssel, um die Vorstellungskraft der Besucher anzuregen und ihnen eine klare Vorstellung davon zu geben, wie das Leben damals ausgesehen haben könnte. Jedes Accessoire meiner Gewandung ist sorgfältig recherchiert und auf Authentizität geprüft, um den Menschen ein echtes Stück Geschichte näherzubringen und sie auf eine unvergessliche Reise in die Vergangenheit mitzunehmen.
Ortenau Journal: Wie viele verschiedene Outfits haben Sie?
Hans-Jürgen van Akkeren: Derzeit sind es acht verschiedene Gewänder. Wenn ich verschiedene Gewandteile miteinander kombiniere oder austausche, kann ich auch mehr als acht unterschiedliche Figuren darstellen. Zum Beispiel die Gewandung eines Ritters mit Wappenrock oder einem Gambeson. Mit den drei unterschiedlichen Röcken könnte ich in die Rolle der Herren von Üsenberg oder derer von Rötteln, sowie die Grafen von Freiburg schlüpfen. Dazu trage ich darunter ein Kettenhemd (18kg) und wahlweise einen Nasal-Helm oder einen Topfhelm. Einige Gewänder habe ich selbst angefertigt, z.B. ein Gewand des Hochadels des 13. Jahrhunderts. So etwa könnte König Friedrich II. von Hohenstaufen hier durchs Land gezogen sein, der 1218 in Mahlberg auf der Burg urkundete.
Für die Fertigstellung des roten Gewands mit rotem Doppelkopfadler benötigte ich ca. drei Monate. Die Kopfbedeckung und der Gürtel mit Gürteltasche sind von mir ebenfalls selbst gefertigt worden. Die Innenseite des Gewands ist aus gelbem Leinenstoff, der an den Borten nach außen umgelegt wurde. Der rote Brokat ist aus reiner Seide. Die Nähte habe ich mit dem sogenannten verdeckten Stich von Hand genäht. Das Muster des Doppelkopfadlers, der sich als Rapport wiederholt, entspricht einem Original aus der Zeit um 1220.
Das Originalgewebe wurde in Siegburg bei einer archäologischen Ausgrabung entdeckt und stammt vermutlich aus Mesopotamien, genauer gesagt aus Bagdad. Obwohl der Stoff aus Mesopotamien stammt, handelt es sich um ein Muster der europäischen Heraldik, das durch die mittelalterlichen Handelswege und im Zusammenhang mit den Kreuzzügen dorthin gelangte, dort hergestellt wurde und über Handelswege nach Europa wieder zurück gelangte. Den Brokatstoff hatte ich per Zufall im Internet gefunden, bei einer tschechischen Weberei, die historische Stoffe herstellt.
Ortenau Journal: Warum die Burg Lichteneck?
Hans-Jürgen van Akkeren: Die Burg Lichteneck steht an der Breisgauer Pforte oberhalb von Hecklingen, das zu meinem Heimatort Kenzingen gehört. In meiner Kindheit spielten wir oft oben in der Ruine und erkundeten die Anlage. Ich kenne die Burgruine noch vor Beginn der Erhaltungsmaßnamen. Später lernte ich den Eigentümer Gerhard Flemming kennen, der gemeinsam mit dem Förderverein zur Erhaltung der Burgruine seit 1985 mit viel Aufwand und Mühe für die Erhaltung und Pflege der Burg sorgt. Ich erstellte 2003 für den Förderverein die Homepage www.burg-lichteneck.de und pflege sie. Gleichzeitig weckte sich in mir das Interesse, mich dem Kreis der Burgführer anzuschließen. Für mich bietet sich die Burg Lichteneck für Führungen an, man sieht sie ja im Vorbeifahren auf der Bundesstraße 3 zwischen Kenzingen und Malterdingen und jeder kennt sie. Es ist etwas ganz Besonderes, dort oben Führungen zu machen, da sie für unsere Breisgauer Geschichte ein wichtiger Bestandteil ist. Denn der Bau der Lichteneck durch den Grafen Konrad von Freiburg geht auf einen Erbstreit zurück, der durch den Nachlass des letzten Herzogs Bertold von Zähringen zustande kam. Darüber gibt es eine Menge Breisgauer Ereignisse zu berichten, worin auch die Geroldecker verwickelt waren.
Ortenau Journal: Wann finden die nächsten Burg-Führungen statt?
Hans-Jürgen van Akkeren: Die Saison auf der Burg Lichteneck findet ab April statt. Die erste Wanderexkursion zur Burg Kürnberg steht am Sonntag, 18. Mai auf dem Programm. Besucher können nicht nur die beeindruckende Anlage mit ihrer Wehrgrabentechnik bewundern, sondern mit dem Burgführer Hans-Jürgen van Akkeren in die reiche Geschichte eintauchen, die die Mauern der Kirnburg umgibt. Treffpunkt ist die Kirnburghalle in Bleichheim. Start ist um 13.45 Uhr, Dauer ca. 2,5 Stunden. Die Wanderexkursionen und Burgführungen auf der Kirnburg biete ich seit 2007 an.
Ortenau Journal: Lichteneck oder Kürnberg – Was sind die Unterschiede?
Hans-Jürgen van Akkeren: Die Lichteneck und die Kürnburg sind beides Höhenburgen, die in Spornlage liegen. Der Unterschied liegt darin, dass Lichteneck von einem Burggraben völlig umgeben ist, worin hingegen die Kürnburg zur Absicherung einen geraden Halsgraben besitzt, der den abfallenden Bergkamm durchtrennt. Die Kürnburg wurde als repräsentative Anlage und Verwaltungszentrum der Herren von Üsenberg um 1200 erbaut und besaß einen quadratischen Wehrturm mit Seitenlängen von je 10 Metern und mit davorstehender gerader Schildmauer. Der Palas und der Wehrturm der Kürnburg wurden aus behauenen Buckel-Quadersteinen errichtet, typisch für die Stauferzeit.
Die Lichteneck wurde nicht für repräsentative Zwecke errichtet und besaß keinen Turm. Hier wurden keine Buckel-Quadersteine verbaut. Die Bauform aus grob behauenen Kalksteinen lässt vermuten, dass man für den Bau der Lichteneck nicht sehr viel Zeit aufwenden wollte. Sie ist eine Rondell-Burg in ovaler Form mit einem durchlaufenden Wehrgang. Sie wurde um 1265 von Graf Konrad von Freiburg aus rein militärischem Zweck erbaut und diente in den Fehden und Kriegen bezüglich des Erbstreits um die ehemaligen Zähringer Güter als Sicherung für die Freiburger Grafschaft. Der Hauptfeind des Grafen Konrad von Freiburg waren die Herren von Geroldseck, die in der Ortenau bei Seelbach ihren Sitz hatten.
Ortenau Journal: Gehen Sie oft privat in den Park?
Hans-Jürgen van Akkeren: Mit meiner Frau und hin und wieder zusammen mit Freunden oder Familienmitgliedern gehen wir gerne in den Park. Als erstes besuchen wir immer das Kino im Voletarium, bevor wir uns unsere Lieblingsattraktionen, die verschiedenen Shows ansehen. Dazu gehören die Eisshow und das Globe-Theater. Zum Schluss ist Piraten von Batavia eine Pflicht.
Ortenau Journal: Haben sie Zeit für andere Hobbys?
Hans-Jürgen van Akkeren: Zeit für andere Hobby gibt es dazwischen auch. Meine Frau und ich gehen gerne Wandern oder Fahrrad fahren. Das Wandern nutze ich gerne für mein Hobby Fotografieren oder für einen Ausflug zu historisch-geschichtlichen Orten. Meine Frau ist ebenfalls ehrenamtlich Beauftragte der Archäologischen Denkmalpflege. Unsere Aufgaben für die Denkmalpflege führen wir oft gemeinsam durch. Hierzu zählen z. B. die Sicherung und Dokumentation von Befunden bei Rettungsgrabungen auf Baustellen oder Zufallsfunde im Gelände oder die Wahrung von Denkmälern. Dazu gehört auch die Burg Kürnberg bei Bleichheim. Für den Geschichtsverein Kenzingen schreibe ich immer wieder Aufsätze für die Herausgabe „Die Pforte“ über die Geschichte oder meinen archäologischen Funden aus unserer Region. Vor fünf Jahren habe ich mit dem Freizeitreiten begonnen und besitze seit einem Jahr ein eigenes Pferd.
Vita
Hans-Jürgen van Akkeren, geboren 1966 im Kreis Neuwied, ist freischaffender Künstler und ehrenamtlich Beauftragter der archäologischen Denkmalpflege Baden-Württemberg, 2020 war er Preisträger des Archäologie-Preises des Landes. Im Januar 2024 wurde er von der Stadt Kenzingen, wo er seit 1972 lebt, in Anerkennung besonderer Leistungen auf kulturellem Gebiet ausgezeichnet. Van Akkeren fertigt Faksimiles mittelalterlicher Urkunden mit Siegel, illuminierten Handschriften und Buchmalereien des Mittelalters und erstellt zudem archäologisch-historische 3D-Rekonstruktionen. Außerdem setzt er sich für die Belange der archäologischen Denkmalpflege in Kenzingen ein.
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